
PwC-Studie 2025 zur deutschen Bauindustrie
Die Bauindustrie steckt im Digital- und ESG-Dilemma – Bürokratie und Fachkräftemangel sind Wachstumsbremsen. Jetzt lesen.
Ein Blick auf die aktuellen und zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklungen zeigt, dass die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft eng an die Instandhaltung und den Ausbau unserer Infrastruktur gekoppelt ist. Der Handlungsbedarf erstreckt sich dabei über alle Bereiche der Infrastruktur und wird mit bis zu 600 Mrd. Euro an Investitionsbedarf in den nächsten zehn Jahren beziffert. Diese Investitionen sind notwendig, um die die Verkehrsinfrastruktur zu modernisieren, digitale Netze auszubauen, die Bildungsinfrastruktur zu sanieren und auszubauen, dem Wohnungsmangel entgegenzutreten und die Energiewende erfolgreich zu gestalten. Ohne diese Investitionen drohen nicht nur wirtschaftliche Nachteile des Standortes Deutschland, sondern auch eine Beeinträchtigung der Lebensqualität. Ein strategisches Vorgehen und eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen sind entscheidend, um die notwendige Transformation zu erreichen.
Die effiziente Realisierung der enormen Anzahl komplexer Infrastrukturprojekte ist somit Schlüssel zum langfristigen Erhalt eines starken Wirtschaftsstandortes Deutschland. Um den vielschichtigen Herausforderungen und der Komplexität von Infrastrukturprojekten gerecht zu werden und diese effizient sowie nachhaltig umzusetzen, sind innovative Impulse erforderlich, die sowohl bestehende Maßnahmen ergänzen als auch neue Lösungsansätze und Synergien fördern. Basierend auf unserer Erfahrung aus komplexen Infrastrukturprojekten, stellen wir nachfolgend fünf beispielhafte Impulse dar, wie wir diese enormen Herausforderungen gemeinsam erfolgreich gestalten können:
Aktuell sind Genehmigungsverfahren einer der großen Treiber von Verzögerungen und stellen ein enormes für die Projekte teilweise unkalkulierbares Risiko dar. Grund dafür sind komplexe und teilweise unklare Anforderungen, hohe bürokratische Hürden, lange Wartezeiten und ineffiziente Prozesse.
Deswegen kann die Optimierung von Genehmigungsverfahren einen enormen Hebel für die Beschleunigung von Infrastrukturprojekten darstellen. Hierbei sehen wir sowohl kurz- als auch langfristige Maßnahmen für die Beschleunigung der Verfahren.
Public Sponsorship meint die Etablierung hochrangiger Beamter oder gewählter Vertreter als Sponsoren kritischer Infrastrukturprojekte. Dies ist ein Ansatz, den wir in großen Infrastrukturprojekten als sehr erfolgreich gesehen haben, um die Effizienz und Effektivität bei der Umsetzung solcher Vorhaben zu steigern. Die Sponsoren verleihen den Projekten nicht nur eine stärkere politische Rückendeckung, sondern fungieren auch als Fürsprecher, die sicherstellen, dass die Vorhaben eine hohe Priorität auf der politischen Agenda erhalten.
Durch den Sponsor können Projekte also beschleunigt werden, da es einen zentralen, mit ausreichender Kompetenz und Entscheidungsfähigkeit ausgestatteten Ansprechpartner gibt, der effiziente Kommunikation und Koordination ermöglicht und dabei Transparenz auf notwendige (politische) Entscheidungen erhält. Deswegen kann die strukturelle Einführung dieser Rolle in Infrastrukturprojekten einer gewissen Kritikalität aus unserer Sicht ein entscheidender Erfolgsfaktor sein.
Die anhaltende Unterfinanzierung der öffentlichen Infrastruktur, der Transformationsdruck hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft sowie sicherheitspolitische Herausforderungen erfordern in den kommenden Jahren massive Investitionen in Deutschland. Gleichzeitig stehen diese Investitionen in direkter Konkurrenz zu anderen staatlichen Ausgaben, während ineffiziente Planungsprozesse, mangelnde Koordination und fehlende Transparenz zu Kostenüberschreitungen und Verzögerungen führen.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, sollte eine zentrale, funktionsübergreifende Organisationseinheit auf Bundesebene eingerichtet werden, welche zur Kernaufgabe hat, die erfolgreiche Abwicklung der öffentlichen Infrastrukturprojekte in Deutschland sicherzustellen.
Dieser Ansatz führt zu einer nachhaltigen Professionalisierung in der Abwicklung öffentlicher Infrastrukturprojekte durch die Etablierung einheitlicher Governance und Projektstandards. Strukturelle Herausforderungen werden so transparent und Infrastrukturprojekte können effizienter gesteuert, Engpässe reduziert, und Investitionen effektiver eingesetzt werden. Insgesamt fördert dieser Ansatz eine transparente, zielgerichtete und nachhaltige Umsetzung von Infrastrukturvorhaben, stärkt langfristig das Vertrauen in die öffentliche Investitionspolitik und kann die Grundlage für eine zukunftsfähige, leistungsstarke und klimafreundliche Infrastruktur schaffen.
Angesichts der steigenden Komplexität von Infrastrukturprojekten stoßen konventionelle Projektabwicklungsmodelle, bei denen der Bauherr mit den einzelnen Auftragnehmern jeweils in einem bilateralen Vertragsverhältnis steht, zunehmend an ihre Grenzen. Insbesondere erschweren der aus der Vielzahl von Einzelverträgen resultierende hohe Koordinationsaufwand sowie die individuellen, oftmals divergierenden Interessen der einzelnen Vertragspartner eine schnelle und kosteneffiziente Umsetzung anspruchsvoller Bauvorhaben.
Eine mögliche Lösung für diese Herausforderung stellen partnerschaftliche Projektabwicklungsmodelle wie die sogenannte Integrierte Projektabwicklung (IPA) dar. Hierbei handelt es sich um eine in Deutschland noch neue Form der Projektabwicklung, die maßgeblich auf einer kollaborativen Zusammenarbeit aller Projektpartner basiert. Kernelement von IPA-Projekten ist dabei ein Mehrparteienvertrag mit gemeinsam definierten Projektzielen, Regeln der Zusammenarbeit und finanziellen Anreizmechanismen, der zu Projektbeginn zwischen allen Projektpartnern geschlossen wird und an die Stelle der Vielzahl von bilateralen Einzelverträgen tritt.
Die frühzeitige Einbindung aller Projektpartner und die daraus resultierende enge Verzahnung von Planung und Bau führen dazu, dass die Anforderungen und das Know-how sämtlicher Beteiligten von Anfang an berücksichtigt und potenzielle Projektrisiken bereits während der Planungsphase identifiziert und bewertet werden können. Dies ermöglicht verlässliche Kosten- und Terminprognosen bereits in einem frühen Projektstadium. Gleichzeitig setzt IPA durch die Ausgestaltung des Vergütungsmodells, durch die alle Projektpartner gemeinsam am Projekterfolg partizipieren, Anreize für eine partnerschaftliche und effiziente Projektabwicklung.
Eine zentrale Rolle in der grünen Transformation und damit auch in einer zukunftsfähigen deutschen Industrie spielt ein erfolgreicher Hochlauf von Wasserstofftechnologie und -versorgung. Wasserstoff ist einer der Schlüssel für die Dekarbonisierung energieintensiver Sektoren. Durch den Einsatz von grünem Wasserstoff können Industrieprozesse nachhaltiger gestaltet und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringert werden. Eine starke Wasserstoffwirtschaft bietet zudem die Chance, technologische Innovationen voranzutreiben und neue Märkte zu erschließen. Für den Wasserstoffhochlauf ist die Entstehung von vollständig neuen Wertschöpfungsketten notwendig. Dafür wurden in den letzten Jahren viele wichtige Rahmenbedingungen geschaffen. Trotzdem ist ein Großteil der dafür notwendigen Projekte aktuell noch in der Planungsphase, und zahlreiche Beteiligte zögern, die endgültige Investitionsentscheidung (FID) zu treffen. Eine Kernherausforderung, die sich über alle dieser potenziellen Wertschöpfungsketten hinweg zeigt sind die signifikanten Price-Gaps zwischen fossilen und grünen Energieträgern, grüner Wasserstoff ist 2–3mal so teuer im Vergleich zu fossilen Energieträgern. Das Überwinden dieses Price-Gaps ist dementsprechend essenziell, um die Beteiligten in die Lage zu versetzen, langfristige Abnahmeverträge für grüne Energieträger abzuschließen. Die langfristigen Abnahmeverträge der Nachfrageseite sind das relevante Signal, um entlang der gesamten Wertschöpfungskette finale Investitionsentscheidungen zu ermöglichen, denn der Einfluss von grünem Wasserstoff auf viele Endproduktpreise ist gering, z. B. Fahrzeuge oder Konsumgüter. Der noch stärkere Fokus auf eine nachfrageorientierte Politik, die strukturell Nachfrager in die Lage versetzt, langfristige Abnahmeverträge zu schließen, ist deshalb aus unserer Sicht ein großer Hebel für die gesamte Wertschöpfung. Dabei können zum Beispiel existierende Instrumente wie H2Global oder die Klimaschutzverträge erweitert werden, weitere grüne Leitmärkte geschaffen werden und auf Regulatorik (bspw. Renewable Energy Directive) eingewirkt werden.