21 Juni, 2023
Am 2. Juni 2023 wurde das Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen (“HinSchG”) veröffentlicht, welches am 12. Mai 2023 durch den Bundesrat verabschiedet wurde. Das HinSchG tritt am 2. Juli 2023 in Kraft.
Unternehmen mit 50 oder mehr Beschäftigten sind demnach dazu verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten. Diese Verpflichtung gilt für Unternehmen mit mehr als 249 Beschäftigten unmittelbar; für Unternehmen von 50 bis 249 Beschäftigten gilt eine Übergangsfrist bis zum 17. Dezember 2023. Nachstehend möchten wir Sie über die wesentlichen Aspekte des Gesetzes informieren und aufzeigen, was nun wichtig ist.
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Arndt Engelmann
Partner, Forensic Services bei PwC Deutschland
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Das Ziel des HinSchG ist es, dass sich hinweisgebende Personen in Zukunft zu erkennen geben. So besteht gemäß dem HinSchG keine Pflicht, die Abgabe anonymer Meldungen zu ermöglichen. Jedoch sieht das Gesetz vor, dass Meldestellen auch anonym eingehende Hinweise bearbeiten sollen. Grundsätzlich sind Unternehmen verpflichtet, den internen Meldekanal ihren Beschäftigten zur Verfügung zu stellen. Es steht den Unternehmen jedoch frei, die Stelle auch für Dritte zu öffnen. Eine solche Öffnung ist insbesondere dann angezeigt, wenn Unternehmen aufgrund anderweitiger Regelungen (z. B. aufgrund der Verpflichtung zur Einrichtung einer Beschwerdestelle nach dem LKSG) oder aufgrund einer Selbstverpflichtung (z. B. durch einen Nachhaltigkeits- oder Governance-Kodex) verpflichtet sind, auch Dritten eine entsprechende Möglichkeit zur Meldung zu bieten.
Die Aufgaben einer internen Meldestelle können durch Mitarbeitende des Unternehmens wahrgenommen werden. Dabei ist sicherzustellen, dass die Tätigkeiten unabhängig durchgeführt werden und kein Interessenkonflikt mit etwaigen weiteren Tätigkeiten der Person(en) besteht. Zudem ist die notwendige Fachkunde sicherzustellen. Unternehmen können die Aufgaben auch an Dritte auslagern.
Zusätzlich werden auch behördliche Meldestellen (sog. „externe Meldestelle“) zur Entgegennahme von Hinweisen geschaffen. Die zentrale externe Meldestelle wird beim Bundesministerium der Justiz eingerichtet. Dazu werden weitere externe Meldestellen bei zuständigen Behörden geschaffen.
Hinweisgebende Personen haben ein Wahlrecht, ob sie sich an die unternehmenseigene, also interne Meldestelle, oder an die externe Meldestelle wenden. Dabei sollen die Unternehmen Anreize dafür schaffen, dass sich hinweisgebende Personen vor einer Meldung an eine externe Meldestelle an die interne Meldestelle wenden. Auch können hinweisgebende Personen unter bestimmten Voraussetzungen Informationen über Verstöße offenlegen. Unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist, ist in §§ 32 ff. HinSchG geregelt. Die Offenlegung unrichtiger Informationen ist untersagt.
Auch kann die Einrichtung des Hinweisgebersystems Beteiligungsrechte des Betriebsrats auslösen. Die allgemein geltenden datenschutzrechtlichen Anforderungen, insbesondere die datenschutzrechtlichen Bestimmungen der DSGVO, sind ebenfalls zu beachten.
Eine hinweisgebende Person muss innerhalb von sieben Tagen eine Bestätigung über den Eingang der abgegebenen Meldung erhalten. Anschließend müssen gemäß § 18 HinSchG geeignete Folgemaßnahmen ergriffen werden. So kann das Verfahren auch an eine für interne Ermittlungen zuständige Arbeitseinheit des Unternehmens zum Zwecke weiterer Ermittlungen weitergeleitet werden (§ 18 Nr. 4 HinSchG). Darüber hinaus besagen die Erläuterungen, dass Informationen auch an Arbeitseinheiten des Unternehmens zur Durchführung interner Ermittlungen unter Wahrung der Vertraulichkeit weitergegeben werden können.
Die interne Meldestelle muss der meldenden Person zudem innerhalb von drei Monaten nach Bestätigung des Eingangs des Hinweises eine Rückmeldung geben. Die Rückmeldung muss die Mitteilung geplanter und bereits ergriffener Folgemaßnahmen sowie die Gründe dafür enthalten.
Aufgrund der Anforderung der Vertraulichkeit ist die interne Meldestelle so auszugestalten, dass ausschließlich die beauftragten Personen Zugriff auf die eingehenden Meldungen haben. Alle eingehenden Meldungen sind zudem in dauerhaft abrufbarer Weise unter Beachtung des Vertraulichkeitsgebots zu dokumentieren. Die Dokumentation ist nach drei Jahre nach Abschluss des Verfahrens zu löschen.
Grundsätzlich ist die interne Meldestelle bei jedem Unternehmen einzurichten. Nach dem in Deutschland geltenden Grundsatz der Trennung von Konzerngesellschaften durch eigene Rechtspersönlichkeiten kann auch bei einer anderen Konzerngesellschaft eine unabhängige und vertrauliche Stelle als „Dritte“ im Sinne der Hinweisgeberrichtlinie eingerichtet werden, die auch für mehrere unabhängige Gesellschaften innerhalb des Konzerns tätig werden kann.
Die Verantwortung für die Behebung und Weiterverfolgung eines festgestellten Verstoßes muss stets bei der jeweiligen auftraggebenden Stelle verbleiben.
Hinweise müssen dabei auch in der im jeweiligen beauftragten Tochterunternehmen vorherrschenden Arbeitssprache möglich sein. Durch die Beauftragung einer zentralen Meldestelle dürfen keine zusätzlichen Hürden für hinweisgebende Personen aufgebaut werden.
Die Expertise für die Bearbeitung von Meldungen liegt dann konzentriert bei der internen Meldestelle, die beispielsweise über technische Meldekanäle und Personal verfügt und auch interne Ermittlungen in den jeweils betroffenen Konzernteilen durchführen kann. Soweit eine Berichterstattung an die Konzernleitung erforderlich erscheint, hat dies unter Wahrung der Vertraulichkeit der hinweisgebenden Person durch oder im Auftrag des jeweiligen Konzernunternehmens zu erfolgen.
Das HinSchG sieht für Verstöße gegen die gesetzliche Regulierung Bußgelder vor. Soweit eine interne Meldestelle nicht eingerichtet oder betrieben wird, sieht das Gesetz ein Bußgeld von bis zu EUR 20.000 vor.
Auch stellt es eine Ordnungswidrigkeit dar, wenn eine Meldung oder die Kommunikation verhindert oder eine Repressalie ergriffen wird oder eine dieser Handlungen versucht wird oder wenn das Vertraulichkeitsgebot vorsätzlich oder fahrlässig missachtet wird. Diese Fälle werden mit einem Bußgeld von bis zu EUR 50.000 geahndet.
Für Unternehmen und juristische Personen und Personenvereinigungen droht eine Verzehnfachung für bestimmte Verstöße z. B. bei vorsätzlicher Verhinderung einer Meldung (§ 40 Abs. 6 S. 2 HinSchG).
Sollten Sie Fragen zu den Anforderungen des Gesetzes und deren Umsetzung haben, sprechen Sie uns jederzeit gerne an.
Seit Dezember 2021 gilt die EU-Hinweisgeberrichtlinie für Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden sowie für alle Unternehmen aus dem Finanzdienstleistungsbereich. Wie steht es jedoch mit der Umsetzung aus? Unsere Befragung hat gezeigt: Die Anforderungen der EU-Hinweisgeberrichtlinie sind deutschen Unternehmen bekannt, die Umsetzung steckt jedoch noch in den Kinderschuhen. Mehr dazu wie es um die Implementierung interner Meldestellen und Kommunikationsplattformen steht und warum in digitalen Lösungen noch deutliches Potenzial steckt, lesen sie in unserer Benchmarking-Studie.
Bei PwC bieten wir Ihnen mit dem Whistleblower and Ethics Reporting Channel sowohl die Einrichtung des Hinweisgebersystems als auch den Betrieb der internen Meldestelle als Managed Service an. Mit der standardisierten und digitalen Lösung erfüllen Sie die Anforderungen des Hinweisgeberschutzgesetzes sowie alle gesetzlichen Fristen und stellen Compliance-Anforderungen sicher. Zudem bieten wir Hinweisgeber:innen die Möglichkeit, Meldungen sowohl anonym als auch mit Angabe persönlicher Daten zur Kontaktaufnahme abzugeben.
Arnulf Strack
Partner Tax, PricewaterhouseCoopers Legal AG Rechtsanwaltsgesellschaft, Germany
Tel.: +49 511 5357-5745