Interview: „Mit dem Scale Programm wachsen wir über Süddeutschland hinaus“

Ein Interview mit Dr. Hannes Junginger. Das Freiburger Startup Carbonfuture hat Anfang des Jahres am PwC Scale Programm zum Schwerpunkt Sustainability teilgenommen – und konnte im Anschluss daran in einer Seed-Runde über zwei Millionen Euro einsammeln.

Im Gespräch teilt Dr. Hannes Junginger von Carbonfuture seine Erfahrungen zum Scale Programm und den Herausforderungen der Wachstumsphase von Startups.

Für wen ist das Scale Programm gedacht?

Dr. Hannes Junginger: Es richtet sich an Startups, Corporates und Investoren gleichermaßen. Unser Ziel ist es, die Teilnehmenden des Innovationsökosystems zusammenzubringen, um gemeinsam zu wachsen. Das meist zwölfwöchige Programm hat dabei immer einen regionalen oder industriespezifischen Fokus. In dem Durchlauf, in dem auch Carbonfuture dabei war, drehte sich alles um Sustainability. Die teilnehmenden Startups befinden sich typischerweise zwischen dem Seed-Stadium und der Series A.

In welcher Situation befandet Ihr Euch mit Carbonfuture zum Start des Programms?

Junginger: Wir hatten etwa ein halbes Jahr in Vollzeit operativ für unser Startup gearbeitet. Der erste Mitarbeiter war eingestellt. Auf unserem Marktplatz für Kohlenstoffsenken-Credits liefen die ersten Transaktionen. Wir waren in einer Phase, in der wir größere Kunden und Kapital benötigten, um weiter wachsen zu können.

Ein wesentlicher Grund für die Teilnahme war die Zielsetzung, mit Großunternehmen in Kontakt zu treten und dadurch Carbonfutures Marktplatz und Plattform bekannter zu machen.

Was genau sind diese Credits und an wen richtet sich der Marktplatz?

Junginger: Ein C-Senken-Credit entspricht den ausgeglichenen Emissionen von einer Tonne CO2, das durch die Senke für Jahrhunderte der Atmosphäre entzogen wird. Wir bringen mit unserem Marktplatz die Produzenten von Kohlenstoffsenken mit Unternehmen zusammen. Für die meisten Unternehmen ist es sehr schwierig, ihre Neutralitätsziele nur durch die Reduktion von Emissionen zu erreichen. Unsere Credits sind eine Möglichkeit, verbleibende Rest-Emisssionen auszugleichen und wirklich klimaneutral zu werden. Wir sorgen mit einem Blockchain-basierten Dokumentationsverfahren und wissenschaftlich fundierten Berechnungen dafür, dass dieser Ausgleich transparent, sicher und nachvollziehbar ist.

Wie funktioniert dieses Ausgleichsverfahren mit Kohlenstoffsenken im Detail?

Junginger: Besonders vielversprechend sind aktuell Kohlenstoffsenken auf Basis von Pflanzenkohle, da es sich um ein gut skalierbares Verfahren handelt.

Bei der Produktion von Pflanzenkohle durch Pyrolose wird CO2 langfristig aus der Atmosphäre gebunden. Die Pflanzenkohle kann dann in den Boden eingebracht werden, zum Beispiel bei Neubauprojekten. Den größten Nutzen bringt sie aber bei Anwendungen in der Landwirtschaft. Hier wird sie nicht nur in Feldern eingelagert, sondern verbessert dadurch gleichzeitig den Boden.

Wie hilft das Scale Programm dabei, so eine Idee zu fördern und das Unternehmen auf das nächste Level zu bringen?

Junginger: Wir setzen uns sehr intensiv mit den teilnehmenden Startups zusammen. Es gibt eine Reihe von Formaten für das Mentoring und Networking – zum Beispiel Master Classes, die typische Herausforderungen in der Wachstumsphase behandeln und Insight Sessions, in denen die Startups Einblicke in Großunternehmen bekommen und mit ihnen in den Dialog treten. Dabei schauen wir immer, was den Teilnehmenden in ihrer individuellen Situation weiterhilft und stellen entsprechende PwC Expert:innen bereit. Darüber hinaus haben wir auch immer einen Blick darauf, welche Lösungen möglicherweise für PwC selbst interessant sind.

Wie lief das Programm aus der Teilnehmer-Perspektive ab, Hannes?

Junginger: Im ersten Teil haben wir zum Beispiel den Business Case geschärft, ein Pitch Deck gebaut, Finanzierungsstrukturen durchdekliniert und die Value Proposition erarbeitet. Da hat uns PwC schon gut auf den Zahn gefühlt, in allen Schritten aber auch super unterstützt. Dann trat das Networking stärker in den Vordergrund. Hier haben wir sehr wertvolle Kontakte geknüpft, die wir auch heute noch pflegen. Insgesamt hat das Programm – gerade für unsere damalige Situation – sehr gut gepasst. Wir sind sehr dankbar für die großartige Unterstützung!

Wie hat Euch das Programm konkret weitergebracht?

Junginger: Im Rahmen einer Insight Session haben wir Kontakte zu den Venture Capital Gesellschaften Übermorgen Ventures und Wi Venture geknüpft. Im August 2021 fand schließlich eine von Übermorgen Ventures geleitete Finanzierungsrunde ihren Abschluss mit über zwei Millionen Euro. Neben Wi Venture hat sich auch Frühphaseninvestor Seed+Speed beteiligt – der Fond von Carsten Maschmayer.

Der intensive Austausch während des Scale Programms war sicher ein wesentlicher Faktor für diesen Erfolg. Unser erstes Pilotportfolio hatten wir für landwirtschaftliche Anwendungen in Baden-Württemberg entwickelt. Mit dem Scale Programm wachsen wir jetzt deutlich über Süddeutschland hinaus. Unser Ziel ist es, den Ausgleich von Emissionen im Gigatonnen-Bereich voranzubringen.

Dann wurde das Ziel des Scale Programms erreicht?

Junginger: Ja, absolut. Wir freuen uns immer sehr, wenn bei uns die richtigen Partner zusammenfinden. In den vergangenen Jahren haben wir den Fokus des Programms stärker darauf ausgerichtet, solche Verbindungen zu schaffen. Dafür haben wir Formate wie die Insight Sessions entwickelt, die einen stärkeren Austausch fördern.

Grundsätzlich legen wir großen Wert darauf, dass sich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ergibt und nachhaltige Verknüpfungen entstehen. Auch nach Abschluss des Programms bleiben wir über ein Alumni-Netzwerk mit den Teilnehmenden in Kontakt.

Welche Herausforderungen stehen für Carbonfuture nun als nächstes an? Wie sieht der weitere Wachstumspfad aus?

Junginger: Wesentliche Herausforderungen bestehen darin, sukzessive mehr Produzenten von Pflanzenkohle und Senken an Bord zu holen sowie die Möglichkeit des Handels damit zum Ausgleich von Rest-Emissionen bekannter zu machen. Je mehr Senken verfügbar sind, desto gezielter können unsere Kunden sowohl regionale als auch internationale Vorhaben fördern. Klimaschutz und CO2 sind globale Themen, deren Bewältigung auch nur mit Skalierung im Gigatonnen Bereich erzielt werden kann. Dennoch muss die alltägliche, jährliche Arbeit zur Wiederherstellung des Kohlenstoffgleichgewichts auch auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene geleistet werden. Weil wir uns der lokal begrenzten Ressourcen und Flächen bewusst sind, legen wir unsere Projekte auf Regionalität aus – aber eben auch auf einem globalen Maßstab.

Über Dr. Hannes Junginger. Als CEO von Carbonfuture widmet sich der an der Universität Freiburg promovierte Mathematiker Hannes Junginger leidenschaftlich dem Klimaschutz. Zuvor hatte er als Financial Engineer und Risk Manager für verschiedene Finanzinstitute gearbeitet.

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Marian Finkbeiner

Marian Finkbeiner

Venture Deals and Corporate Innovation, PwC Germany

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