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Dr. Reinhard Geissbauer
Global Digital Operations Partner bei PwC Deutschland
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Industrieunternehmen befinden sich in einer beispiellosen Krise: Die COVID-19-Pandemie hat die etablierten Lieferketten weltweit unterbrochen. Der Krieg in Osteuropa hat die Lage zusätzlich verschärft. Die daraus resultierende Verknappung wichtiger Materialien – von Mikrochips bis Stahl – führt zu deutlich höheren Kosten und einer geringeren Zahl an Produkten. Die Zukunft ist ungewiss.
Diese Herausforderungen zwingen die Hersteller dazu, ihre Betriebsmodelle zu überdenken. Unsere neue Studie "Digital Factory Transformation Survey 2022" basiert auf den Angaben von mehr als 700 Fertigungsunternehmen aus aller Welt, darunter 100 mit Sitz in Deutschland. Das Ergebnis: Industrieunternehmen investieren weltweit jährlich über eine Billion Euro in digitale Transformationslösungen auf dem Weg zur Industrie 4.0.
Die Umfrage zeigt auch, dass die effektivsten Unternehmen – die Digital Champions – eine ganze Reihe digitaler Technologien auf Werksebene implementieren, um die Flexibilität und Resilienz der Fertigung zu erhöhen und die Betriebskosten durch digitale Fertigung und Fabrikautomatisierung zu senken. Mit der Kombination aus Kosteneffizienz und größerer Flexibilität erzielen sie so oft zweistellige Renditen. Die Umfrage zeigt jedoch auch, dass der Fortschritt Zeit braucht: Zwei Drittel der Unternehmen stehen in puncto digitale Produktion noch ganz am Anfang ihrer Reise.
64 Prozent der Unternehmen stehen immer noch am Anfang ihrer Digital Factory Transformation.
Der Antrieb zur Transformation hat sich von Effizienzgewinnen hin zu Flexibilität und Resilienz verlagert.
Digitale Nachhaltigkeitslösungen haben an Bedeutung gewonnen.
Mehr als 1,1 Billionen Euro investieren Industrieunternehmen in die Transformation zur digitalen Fabrik. Der Fokus liegt dabei auf Asien und Europa.
Nur wer viel investiert, profitiert auch viel. Ein solides Fundament ermöglicht es, die Digitalisierung zu skalieren.
Ein standardisierter digitaler Backbone ist der wichtigste Bestandteil für eine erfolgreiche Transformation der Produktion.
Qualitätsanalysen, Wartungslösungen und die automatisierte Überwachung von KPIs sind die häufigsten implementierten Anwendungsfälle.
Drohnen und 5G-Anwendungen zählen zu den neuen Technologien mit relativ kurzer Amortisationszeit.
Ein agiles Betriebsmodell ist für die Umsetzung der digitalen Transformation essenziell.
Digitale Champions entwickeln sich von einer zentralisierten zu einer eingebetteten Organisationsstruktur.
Die meisten Unternehmen (64 Prozent) stehen noch am Anfang ihrer digitalen Transformation und konnten ihre digitalen Initiativen bisher nicht skalieren – nur zehn Prozent der weltweit befragten Hersteller haben ihr digitales Transformationsprogramm abgeschlossen oder befinden sich in der Endphase.
Trotz des häufig langsamen Fortschritts steht die Digitalisierung nach wie vor ganz oben auf der Agenda, und zwar mit neuen Anforderungen neben Kosten und Effizienz. Das Ausmaß der Krisen in den letzten Jahren macht Resilienz und Transparenz zu den wichtigsten Treibern für die digitale Transformation. Nachhaltigkeit ist ein weiterer Aspekt, der an Bedeutung gewonnen hat und weiter gewinnen wird. Die Unternehmen haben erkannt, dass die Digitalisierung ein wichtiges Instrument zur Bewältigung ihrer Herausforderungen rund um nachhaltige Produktivität ist.
Wir schätzen, dass Unternehmen jährlich mehr als eine Billion Euro in die digitale Transformation ihrer Produktion investieren. Das könnte immer noch zu wenig sein. Unsere Studie zeigt, dass Investitionsraten von mindestens drei Prozent des Nettoumsatzes (also etwa 50 Prozent mehr als die gegenwärtigen durchschnittlichen Unternehmensinvestitionen) erforderlich sind, um hohe Erträge und eine kurze Amortisationszeit digitaler Investitionen zu erreichen.
Technologien und digitale Infrastruktur sind Rückgrat und Motor der Transformation. Doch für die zugrunde liegenden IT-Architekturen gibt es viele verschiedene Ansätze. Die geschäftlichen Anwendungsfälle können sich auf Qualität, Wartung, Überwachung oder die Erstellung digitaler Zwillinge erstrecken, während konkrete Anwendungen häufig tragbare Geräte, „Cobots“ und KI-Anwendungen umfassen.
Jeder Transformationspfad ist anders, aber allen gemein ist die erwartete und tatsächliche Amortisationszeit für digitale Investitionen als kritischer Faktor der Innovation: Obwohl die Studie zeigt, dass es nicht die eine Strategie für die digitale Transformation gibt, verspricht der Einsatz bestimmter Systeme, Use Cases und Technologien eine schnellere Amortisierung – einschließlich Qualitätsanalysen, Drohnen und 5G-Anwendungen. Bei einigen Unternehmen zahlte sich der Invest sogar in weniger als einem Jahr aus.
Ohne die richtige organisatorische Unterstützung lässt sich ein Wandel nur selten schnell und effektiv durchführen. Starre, von oben nach unten ausgerichtete Arbeitsweisen sind für die Anforderungen der digitalen Transformation nicht geeignet. Die Studienergebnisse zeigen, dass auch in der Produktion die effektivsten Transformationen im Rahmen eines agilen Betriebsmodells stattfinden. Industrieunternehmen können sich zu „eingebetteten digitalen Organisationen" entwickeln. Das Ziel: ein Gleichgewicht zwischen der zentralen Verwaltung von Systemen, Technologien und Standards und der flexiblen lokalen Umsetzung auf der Grundlage der Bedürfnisse und Präferenzen der Nutzer in verschiedenen Fabriken.
Die „Digital Factory Transformation Survey 2022“ von PwC wurde in der zweiten Jahreshälfte 2021 durchgeführt und umfasst Antworten von 700 globalen Unternehmen aus mindestens 23 verschiedenen Ländern. Das Ziel der Erhebung war den Status quo der Digital-Factory-Transformation, die Prioritäten bei Technologien und Anwendungsfällen sowie den allgemeinen Transformationsansatz zu ermitteln.
Die Umfrageteilnehmer waren dabei zu gleichen Teilen produzierende Unternehmen aus sechs Branchen: Einzelhandel und Konsumgüter, Hochtechnologie und Elektronik, Chemie und Prozessindustrie, Pharmazie und Medizintechnik, Automobil und Transport sowie industrielle Fertigung. Bei den Befragten handelte es sich um Führungskräfte aus der C-Suite oder aus dem operativen Geschäft. 70 Prozent der vertretenen Unternehmen erzielten einen Umsatz von mehr als drei Milliarden Euro.