25 Oktober, 2018
Von Tobias Steffens. Der Buchmarkt setzt sich aus den drei Segmenten Consumer, Educational und Professional zusammen. Der Bereich Consumer umfasst Buchkäufe von Privatpersonen zum persönlichen Gebrauch. Zu Educational zählen wir Bücher, die von Schulen, Universitäten oder Privatpersonen für Schule, Ausbildung oder Studium gekauft werden. Die im Bereich Educational angegebenen Umsätze für Bücher in elektronischer Form umfassen auch Lizenzen an Bibliotheken und wissenschaftliche Einrichtungen für die Nutzung von Datenbanken. In dem Segment Professional wird Literatur aufgeführt, die vorrangig auf eine berufliche Nutzung zielt (z.B. wissenschaftliche Fachbücher). Die Umsätze werden mit dem Verkauf von gedruckten Büchern, digitalen Büchern (E-Books) und Hörbüchern erwirtschaftet. Der Umsatz mit Hörbüchern wird nicht separat aufgeführt und ist in der Kategorie Print enthalten. Die Umsatzanteile elektronischer Produkte enthielten in den Vorjahren geschätzte Zuschläge für den Absatz aus Self Publishing. Nach unserer Einschätzung ist dieser Vertriebsweg in Deutschland nicht so stark wie in anderen Märkten, sodass wir auch für die historischen Zahlen von der Aufteilung der Segmentumsätze in elektronisch und Print abweichen.
Im Jahr 2017 war der Umsatz im deutschen Buchmarkt rückläufig: Er sank von 9.276 Millionen Euro um 1,6 Prozent auf 9.131 Millionen Euro. Zu diesem Rückgang um 145 Millionen Euro trugen mit 62 Millionen Euro der Bereich Consumer (1,4 Prozent), mit 29 Millionen Euro das Segment Professional (1 Prozent) und mit 55 Millionen Euro der Bereich Educational (3 Prozent) bei. Nach mehreren vorausgegangenen Jahren mit Umsatzrückgängen bleibt der einmalige Umsatzanstieg im Jahr 2016, erwirtschaftet im Segment Consumer, vorerst eine Ausnahme.
Im Vergleich zu dem Umsatzrückgang von 1,6 Prozent im deutschen Markt wuchs der weltweite Buchmarkt im Jahr 2017 gegenüber dem Vorjahr um 1,9 Prozent (siehe Global Entertainment and Media Outlook 2018–2022). Der deutsche Buchmarkt befand sich 2017 im weltweiten Vergleich auf Platz 4 (hinter den USA, China und Japan).
Dabei hat sich 2017 der Anteil der Umsatzerlöse aus dem Verkauf von elektronischen Büchern in Deutschland weiter erhöht.
Die E-Book-Umsätze stiegen um 9 Prozent und erreichten einen Wert von 961 Millionen Euro. Der Markt verzeichnete einen Rückgang des Printgeschäfts um 2,7 Prozent auf 8.170 Millionen Euro. Der Umsatzanteil der E-Books im deutschen Buchmarkt stieg von 9,5 Prozent auf 10,5 Prozent. Damit liegt Deutschland auch im Jahr 2017 im internationalen Vergleich weiterhin hinter den weltweiten E-Book-Anteil von 19,1 Prozent zurück.
Während der Umsatzanteil der E-Books im Segment Professional in Deutschland mit 22,9 Prozent im Jahr 2017 am höchsten war, erreichte der E-Book-Anteil 2017 in der aktuellen Consumer-Entwicklung 4,6 Prozent. Somit rangiert vor allem der E-Book-Anteil im Bereich Consumer in Deutschland deutlich hinter dem weltweit erreichten Anteil, der 2017 bei 18,6 Prozent lag.
In der nach Vertriebsformen aufgeschlüsselten Marktbetrachtung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels ist der stationäre Verkauf (Sortimentsbuchhandel, sonstige Verkaufsstellen und Warenhäuser) 2017 mit einem Umsatzanteil von 58,3 Prozent (2016: 58,8 Prozent) leicht zurückgegangen und folgt damit dem Trend der Vorjahre. Der Umsatzanteil der Internet- und Versandbuchhändler stieg im selben Zeitraum von 19,9 Prozent auf 20,2 Prozent und erreichte damit weiterhin knapp nicht den direkten Absatzanteil der Verlage (2016: 20,9 Prozent; 2017: 21,3 Prozent).
Wichtige Trends zeichnen sich insbesondere im Schulbuchmarkt ab: Jüngere Nutzer und Eltern von Schulkindern stehen E-Books an Schulen aufgeschlossen gegenüber. Das liegt nicht zuletzt an der Platzersparnis und dem geringeren Gewicht dieses Mediums. Auch die Möglichkeit zur Integration von Ton- und Filmdateien macht das E-Book zu einem attraktiven Lernmittel. Zudem will die Bundesregierung den digitalen Ausbau der Schulen weiter vorantreiben.
Im Dezember 2017 hat PwC eine Onlinepanelbefragung zur Nutzung von E-Books durchführen lassen. Dies waren die wesentlichen Ergebnisse:
53 Prozent der Deutschen begrüßen einen verstärkten Einsatz von E-Books in Schulen. Dabei stehen jüngere Nutzer unter 40 Jahren sowie Eltern von Schulkindern den E-Books in Schulen deutlich aufgeschlossener gegenüber als andere Personen.
Für den Einsatz von E-Books im Unterricht spricht vor allem, dass sie für die Schüler gegenüber gedruckten Büchern praktische Vorteile aufweisen, zum Beispiel die Platzersparnis oder das geringere Gewicht. Zudem bieten E-Books Aktualität und eine schnelle Verfügbarkeit des Lehrmaterials. Dass Kinder durch die Nutzung von E-Books im Unterricht einen besseren Umgang mit digitalen Medien erlernen, wird in der Bevölkerung allerdings seltener gesehen. Die Mehrheit der Bürger (56 Prozent) befürchtet eher die Gefahr eines weiter steigenden Medienkonsums. Zudem wiegt die Angst vor einer Abhängigkeit von der Technik (54 Prozent) schwerer als die technischen Vorteile (Möglichkeit des vernetzten Lernens, Textsuche) der E-Reader.
Unter der Bezeichnung „DigitalPakt Schule“ erarbeiten Bund und Länder derzeit ein Vertragswerk, das die Ausstattung der Schulen mit digitaler Technik fördern soll. Ziel ist die Vermittlung von Kompetenzen für die Digitalisierung der Arbeitswelt und die Mediennutzung. Infrage kommende Mittel sind ein schnelles Internet an Schulen, Smartboards, geeignete Qualifikation der Lehrerinnen und Lehrer sowie pädagogische Konzepte. Der Bund will sich über fünf Jahre hinweg mit 5 Milliarden Euro an dem Vorhaben beteiligen; über den finanziellen Eigenanteil der Länder wird noch verhandelt.
Für die Umsetzung strebt die Bundesregierung eine Grundgesetzänderung beim Kooperationsverbot von Bund und Ländern in der Bildung an. Jede Schule ist aufgefordert, für den Einsatz der digitalen Lerninfrastruktur ihr pädagogisches Konzept anhand eines Medienentwicklungsplans darzulegen.
Bund und Länder diskutieren darüber, für welche Geräte die Schulen Fördermittel erhalten sollen. Aus Sicht des Bundes sind standortgebundene Anzeigegeräte wie etwa Smartboards förderfähig, Klassensätze von mobilen Endgeräten hingegen nicht.
Wie schnell und wirksam der DigitalPakt die digitale Qualifikation der Lehrkräfte und die digitale Infrastruktur an den Schulen fördern kann, wird kontrovers diskutiert.
Aus einer erfolgreichen Umsetzung des DigitalPakts erwarten wir für das Segment Educational folgende Auswirkungen: Die Schulbuchverlage werden zunehmend auch solche digitalen Lernmedien anbieten, die sich nicht mehr nur mit dem traditionellen Buchbegriff fassen lassen. Ein E-Book wird nicht nur ein elektronisches Textdokument mit Bildern sein, sondern auch Ton- und Filmdateien, Animationen, interaktive Aufgabenformate usw. beinhalten. Darin liegt ein erhebliches Potenzial für Umsatzsteigerungen des Marktsegments.
Der Preis für ein Schulbuch auf Papier beinhaltet Druck- und Transportkosten. Dafür ermöglicht es eine mehrmalige Verwendung – bei mehr oder weniger schnellem physischem Verschleiß.
Die Vertriebsmodelle für die elektronischen Formate werden den technischen Möglichkeiten angepasst. Wir erwarten deshalb für die Zukunft auch Verträge über Datenbanken und Lizenzen, wie sie zwischen wissenschaftlichen Verlagen und Hochschulen üblich sind, sowie entsprechende Vergütungsmodelle.
Das Umsatzvolumen und die Zusammensetzung des deutschen Buchmarktes werden nach unserer Prognose für den Zeitraum bis 2022 weiterhin vorrangig durch die in den einzelnen Segmenten unterschiedlichen Kundenpräferenzen für Print- oder Digitalprodukte bestimmt – und die unterschiedlich ausgeprägte Bereitschaft, hierfür zu bezahlen. Wir erwarten, dass die steigenden E-Book-Umsätze die voraussichtlich in allen Segmenten rückläufigen Printumsätze in Deutschland kompensieren werden. Für die Entwicklung des E-Book-Anteils im deutschen Buchmarkt erwarten wir auch künftig einen Vorsprung des Segments Professional von mindestens fünf Jahren vor dem Consumer- und dem Educational- Bereich.
Die Nachfrage nach Büchern in Deutschland wird sehr stark bleiben und sich auch gegen die Konkurrenz anderer Unterhaltungsmedien wie Fernsehen und Internet behaupten können. Zu diesem Trend trägt nicht zuletzt die demografische Entwicklung in Deutschland bei: Eine große Zahl kaufkräftiger älterer Menschen wird tendenziell mehr Zeit zum Einkaufen und Lesen haben und bereit sein, in physischen Buchläden hohe Preise für Bücher zu bezahlen.
Ausgehend von einem Printumsatz von 8.170 Millionen Euro im Jahr 2017 (über alle Sparten hinweg) prognostizieren wir bis 2022 einen durchschnittlichen jährlichen Rückgang von 1,5 Prozent bis auf ein Niveau von 7.582 Millionen Euro im Jahr 2022. Für die E-Books hingegen erwarten wir ausgehend von 961 Millionen Euro im Jahr 2017 bei einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 12,8 Prozent eine Steigerung bis zu 1.755 Millionen Euro im Jahr 2022. Insgesamt rechnen wir bis 2022 mit einem Wachstum des deutschen Buchmarktes um durchschnittlich 0,4 Prozent pro Jahr.
Umsätze im Buchmarkt
Ausgehend von Printumsätzen von 4.227 Millionen Euro im Jahr 2017 erwarten wir für den Bereich Consumer einen Rückgang auf 4.094 Millionen Euro im Jahr 2022. Dies entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Verringerung von 0,6 Prozent.
Der digitale Absatz im Bereich Consumer wird sich in Deutschland nach unserer Erwartung im Prognosezeitraum bis 2022 robust entwickeln. Im Durchschnitt erwarten wir hier über die nächsten fünf Jahre ein jährliches Wachstum von 10 Prozent, was einer Steigerung von 204 Millionen Euro (2017) auf 329 Millionen Euro (2022) entspricht. Der deutsche Consumer-Markt zeigt gegenüber den weltweiten Umsätzen in diesem Segment weiterhin die traditionelle Präferenz für das gedruckte Buch. Der Umsatzanteil digitaler Nutzungsformen wird im deutschen Consumer-Markt voraussichtlich langfristig weit hinter dem weltweiten Anteil zurückbleiben.
Umsätze im Segment Consumer
Das Segment Educational ist in Deutschland traditionell geprägt durch die Jahrgangszahlen der Schüler und Auszubildenden sowie durch die Anpassungen der Lehrpläne für die Fächer, Jahrgänge und Schulformen der einzelnen Bundesländer in mehrjährigen Zyklen.
Eine Umstellung des deutschen Educational-Bereichs von gedruckten Büchern auf E-Books hat andere institutionelle Voraussetzungen, als dies bei privaten Konsumenten oder professionellen Nutzern der Fall ist. Hier wird der Übergang zu E-Books nicht durch eine Vielzahl an freien Einzelnutzerentscheidungen bestimmt, die in den anderen Segmenten zum Wachstum der E-Book-Anteile führen. Vielmehr wird sich der Wechsel im deutschen Schul- und Lehrbuchmarkt aufgrund schulpolitischer Entscheidungen zur breiten Einführung digitaler Schulbücher in einem deutlich kürzeren Zeitraum vollziehen. In der Zeit vor diesem Schritt resultieren die E-Book-Marktanteile für Schul- und Lehrbücher hauptsächlich aus Hybridprodukten, also gedruckten Büchern mit Freischaltungscode für den Onlinezugriff.
Für den Prognosezeitraum 2018 bis 2022 erwarten wir den Übergang auf digitale Schulbücher im deutschen Schulsystem. Der Anteil des digitalen Absatzes im Schul- und Lehrbuchbereich wird sich nach unserer Erwartung ab etwa 2019 später und stärker als in den anderen Marktsegmenten erhöhen und bis 2022 bei rund 31 Prozent liegen. Andere digitale Lernmedien werden das Format Buch ergänzen. Neben die bisher für den Schul- und Lehrbuchmarkt typischen Beschaffungszyklen im Rhythmus der Lehrpläne je nach Bundesland, Fach, Jahrgang und Schulform werden Lizenzmodelle der Verlage, aber auch anderer Anbieter von digitalen Bildungsmedien treten.
Im Schul- und Lehrbuchmarkt rechnen wir ausgehend von einem Marktvolumen von 1.796 Millionen Euro im Jahr 2017 bei einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 0,7 Prozent pro Jahr mit einem Umsatz von 1.856 Millionen Euro im Jahr 2022. Diese Prognose basiert auf der Erwartung ungefähr gleichbleibender Schülerzahlen (Vorausberechnung der Schülerzahlen, Statistisches Bundesamt, KMK).
Umsätze im Segment Educational
Der E-Book Anteil im Bereich Professional wird sich in Deutschland bis 2022 weiter erhöhen. Wir rechnen jedoch nicht mit steigenden Zuwachsraten.
Nach unserer Prognose ergibt sich im deutschen Markt für gedruckte Bücher im Segment Professional bis 2022 bei einem durchschnittlichen jährlichen Rückgang von 0,2 Prozent eine Umsatzverringerung von 2.240 Millionen Euro im Jahr 2017 auf 2.213 Millionen Euro im Jahr 2022. Wir erwarten eine fortgesetzte Ausweitung des E-Book-Geschäfts mit einem durchschnittlichen Zuwachs von 4,9 Prozent pro Jahr und rechnen hier beim Umsatz mit einer Steigerung von 665 Millionen Euro (2017) auf 846 Millionen Euro (2022).
Insgesamt könnte das Segment Professional damit durch Zuwächse beim E-Book weiterhin das rückläufige Printgeschäft kompensieren. In der Folge dieser Entwicklung sehen wir den E-Book-Anteil im Segment Professional in Deutschland bis 2022 bei 27,7 Prozent.
Umsätze im Segment Professional
Die detaillierten Zahlen des German Entertainment & Media Outlook 2018 - 2022 finden Sie hier.
Werner Ballhaus
Global Entertainment & Media Sector Leader und Leiter Technologie, Medien, Telekommunikation, PwC Germany
Tel.: +49 211 981-5848