Von Rechtsanwalt Dr. Tobias von Tucher, LL.M. Eur, Rechtsanwältin Charlotte Schaber und Rechtsanwalt Phillip Limbek. Wie überall in der Wirtschaft steigen auch in der Medienbranche die rechtlichen Anforderungen
kontinuierlich. Wir möchten daher einige wichtige Gesetzesnovellen und wegweisende Entscheidungen der obersten Gerichte Deutschlands seit 2018 beleuchten, die für Medienunternehmen von Belang sein könnten.
Wenn es um die Veröffentlichung ungenehmigter Filmaufnahmen geht, die im Rahmen journalistischer Tätigkeit gemacht wurden, stehen sich öffentliches Informationsinteresse und Persönlichkeitsrechte oft gegenüber: Die Öffentlichkeit hat ein Interesse daran, informiert zu werden, während Privatpersonen oder Unternehmen hingegen Interesse am Schutz ihrer Privatsphäre haben – und somit das Interesse, dass die Verbreitung der sie betreffenden Filmaufnahmen untersagt werden kann. Wann welches Interesse überwiegt, war Gegenstand zahlreicher aktueller Entscheidungen. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Fall entschieden, dass bei heimlichen Aufnahmen in einem Biohühnerstall das öffentliche Informationsinteresse gegenüber den Interessen des Unternehmens überwiegt. Insbesondere sah der BGH trotz rechtswidriger Erlangung der Aufnahmen keine rechtswidrige Beeinträchtigung des unternehmerischen Persönlichkeitsrechts, weil die Filmaufnahmen den Zuschauer zutreffend über die im Stall herrschenden Zustände informieren und dadurch keine unwahren Tatsachenbehauptungen verbreitet werden. In einem vergleichbaren Fall hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln heimliche Aufnahmen einer Journalistin in einer psychiatrischen Klinik hingegen als unzulässig angesehen, weil hier die Grenze journalistischer Tätigkeit überschritten und die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen verletzt worden seien. In einem weiteren ähnlich gelagerten Fall erklärte das OLG Dresden heimliche Aufnahmen über zwei Pflegerinnen einer psychiatrischen Einrichtung, anhand derer die Missstände in der Einrichtung anschaulich dargestellt werden, als zulässig, weil das öffentliche Interesse an diesen Missständen höher zu gewichten sei als die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Pflegerinnen.
Die Frage, ob ungenehmigte Aufnahmen veröffentlicht oder untersagt werden können, lässt sich demnach nicht pauschal beantworten. Es bedarf stets einer konkreten Prüfung des Einzelfalls, bei der zwischen dem Informationsinteresse und dem Persönlichkeitsrecht abzuwägen ist.
Sendungen über TV-Pannen sind aus dem Fernsehprogramm bekannt. Hier werden kurze Ausschnitte aus urheberrechtlich geschützten TV-Momenten verwendet, um in meist humoristischer Art TV-Pannen zu präsentieren. Rechtlich erheblich ist im Hinblick auf das Aneinanderreihen derartiger „TV-Schnipsel“ die Frage, ob dem Urheber des jeweiligen „TV-Schnipsels“ eine Lizenzgebühr bei Veröffentlichung des Bildmaterials geschuldet wird oder ob es sich bei der Veröffentlichung dieser Ausschnitte um Zitate oder Parodien des urheberrechtlich geschützten Bildmaterials handelt, das ohne Zustimmung des Urhebers im Sinne der §§ 24 beziehungsweise 51 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) veröffentlicht und verwertet werden darf.
Bislang haben sich die Sender und Produzenten darauf berufen, dass die „TV-Schnipsel“ im Rahmen einer Parodie gesendet worden seien und daher frei zur Benutzung gestanden hätten. Zudem seien sie kostenfrei. Dieser Argumentation hat das OLG Köln nunmehr einen Riegel vorgeschoben. Nach Ansicht des Gerichts zeichne sich eine Parodie grundsätzlich dadurch aus, dass sie an ein bestehendes Werk erinnere, gleichzeitig aber wahrnehmbare Unterschiede im Vergleich zu diesem schon bestehenden Werk aufweise. Eine solche Parodie liege bei der Darstellung einfacher „TV-Schnipsel“ aus TV-Pannen nicht vor, vielmehr würden die Moderatoren die einzelnen Beiträge lediglich ankündigen, ohne sich mit diesen inhaltlich weitgehender auseinanderzusetzen. Auch sprach sich das OLG Köln dagegen aus, dass die Sequenzen als kostenfreies Zitat eingestuft werden könnten. Die Zitierfreiheit gemäß § 51 UrhG gestatte die geistige Auseinandersetzung mit fremden Werken, jedoch nicht die Darstellung eines fremden Werkes ohne weitere eigene Gedanken.
Folglich ist im Einzelfall zu prüfen, ob bei der Verwendung urheberrechtlich geschützten Bildmaterials eine Parodie oder ein Zitat vorliegt oder ob für die Nutzung des Bildmaterials eine entsprechende Zustimmung notwendig ist und ob Lizenzgebühren fällig werden. Diese Herangehensweise ist deshalb wichtig, weil das Urhebergesetz als Rechtsfolge einer unrechtmäßigen Nutzung des Bildmaterials neben Schadenersatz auch die Unterlassung oder gar strafrechtliche Konsequenzen vorsieht.
An der Entstehung von Filmen, die als urheberrechtlich geschützte Werke gelten, sind viele Personen, zum Beispiel Darsteller, Regisseur und Kameraleute, beteiligt. Sie sind durch ihren Beitrag Miturheber und haben in dieser Eigenschaft grundsätzlich einen Anspruch auf eine angemessene Lizenzvergütung. In der Regel wird die Lizenzvergütung im Voraus mit dem Produzenten pauschal vereinbart und somit vertraglich festgelegt. In einigen Fällen erfährt ein Film jedoch einen Erfolg, der nicht vorhergesehen war und daher auch bei der Vereinbarung der Lizenzvergütung nicht berücksichtigt wurde. Dies kann bedeuten, dass die mit einem Miturheber vereinbarte Vergütung im Vergleich zum wirtschaftlichen Erfolg des Films viel zu gering ist. Der Miturheber würde in einem solchen Fall im Sinne des Gesetzes benachteiligt, weil es sich gerade nicht um eine angemessene Lizenzvergütung im Sinne des § 32 UrhG handelt. Ist das der Fall, normiert das Gesetz in § 32a Absatz 2 Satz 1 UrhG, dass eine angemessene Beteiligung am Erfolg des Werks zu gewähren ist, wenn zwischen der vereinbarten Vergütung und dem Erfolg von jenem ein auffälliges Missverhältnis besteht – es kommt also zu einer Nachvergütung, obwohl bereits eine Lizenzgebühr an den Miturheber gezahlt wurde.
Problematisch war hierbei lange Zeit die Frage, wann ein solches auffälliges Missverhältnis vorliegt. Dies hat der BGH in einer neuen Entscheidung über den Vergütungsanspruch eines Kameramanns des 1980/1981 produzierten Films Das Boot präzisiert. In seinem Urteil hat der BGH dargelegt, dass ein solches Missverhältnis bestehe, wenn die vereinbarte Vergütung so berechnet sei, dass es sich dabei nur um die Hälfte der Vergütung handelt, die einer angemessenen Vergütung entsprechen würde, wenn man den Erfolg des Films vorhergesehen hätte. (BGH, Urteil vom 20.02.2020 – I ZR 176/18 – Das Boot II)
Im Rahmen investigativ-journalistischer Tätigkeit werden im Namen der Pressefreiheit nicht selten vertrauliche Informationen über Unternehmen herausgegeben und veröffentlicht. Rechtlich interessant ist die Frage, ob die Verwendung der vertraulichen Informationen zulässig ist, da es sich dabei auch um Geschäftsgeheimnisse handeln könnte, die vom Gesetz besonderen Schutz erfahren.
Whistleblower und Journalisten bewegten sich hier bisher in einer rechtlichen Grauzone, da zwar die Veröffentlichung von Geschäftsgeheimnissen durch § 17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb
(UWG) in der alten Fassung verboten war, darin aber nicht allgemeingültig definiert war, welche Informationen als „Geschäftsgeheimnis“ zu verstehen sind. Um hier Klarheit zu schaffen, wurde am 26. April 2019 das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) verabschiedet. Es hat die Anforderungen an einen gesetzlichen Schutz von Geschäftsgeheimnissen insgesamt angehoben und auch klarer definiert, was Geschäftsgeheimnisse sind. Hiernach handelt es sich bei einem Geschäftsgeheimnis um eine „Information, die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist …“ (§ 2 Nr. 1 GeschGehG). Unter diese Definition fallen somit genau die „brisanten“ Informationen, die im Rahmen journalistischer Recherche häufig zutage gefördert werden.
Das GeschGehG schiebt der Verwendung und Veröffentlichung dieser Geschäftsgeheimnisse auf den ersten Blick einen einen Riegel vor, indem es deren Erlangung, Nutzung oder Offenlegung verbietet (§ 4 GeschGehG). Dies betrifft insbesondere Whistleblower, die das Geschäftsgeheimnis auf unzulässige Weise erlangt haben, aber auch Journalisten, die ihre Informationen von einem Informanten erlangten und dabei wissen oder wissen müssten, dass die Erlangung unzulässig erfolgte. Unzulässig ist eine Erlangung, wenn das Geschäftsgeheimnis durch unbefugten Zugang erlangt wurde. Das GeschGehG ermöglicht dem Inhaber des Geschäftsgeheimnisses zudem, vom Rechtsverletzer, Unterlassung, Beseitigung und Schadensersatz zu verlangen (§§ 6, 8 und 10 GeschGehG). Unter Umständen droht dem Rechtsverletzer sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren (§ 23 GeschGehG). Ansprüche auf Unterlassung und Auskunft können sich auch gegen Unternehmen richten (§ 12 GeschGehG). Danach wären Journalisten, Informanten und Whistleblower, aber auch die Verlags- und Pressehäuser direkt in ihrer Arbeit betroffen und gegebenenfalls sogar strafrechtlichen Sanktionen ausgesetzt.
Jedoch gibt es zum Schutz der Pressearbeit und des Informationsinteresses der Öffentlichkeit Ausnahmen zum Verbot der Offenlegung, etwa wenn die Ausübung dem Recht der freien Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit und somit der Pluralität der Medien dient (§ 5 Nr. 1 GeschGehG). Diese sind insbesondere bei der Aufdeckung rechtswidriger Handlungen sowie beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens denkbar. Sie setzen aber voraus, dass die Erlangung, Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses dazu geeignet ist, das allgemeine öffentliche Interesse an Information zu schützen und zu erfüllen. Diese Ausnahmeregelung dient gerade auch, aber nicht abschließend dem Schutz von Whistleblowern und Investigativjournalisten. Ob die erlangten, genutzten oder offengelegten Informationen tatsächlich geeignet sind, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen, ist stets im Einzelfall rechtlich zu prüfen. Ohne eine solche Prüfung der Ausnahmevorschrift besteht für Journalisten und Whistleblower, die Geschäftsgeheimnisse verwenden, ein hohes Haftungsrisiko.
Scheidungen von Prominenten erregen in der Öffentlichkeit viel Aufsehen und werden daher in den Medien oft ausführlich dargestellt. Dabei entsteht ein Konflikt zwischen dem Persönlichkeitsrecht der betroffenen Person an der Nichtveröffentlichung dieses privaten Ereignisses und dem Interesse der Öffentlichkeit an Informationen und Berichterstattung, da das Privatleben der prominenten Person in der Öffentlichkeit auf ein erhebliches Interesse stößt. Ob eine Berichterstattung durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt ist oder ob diese im Rahmen einer Abwägung gegen das Persönlichkeitsrecht der prominenten Person unterliegt, ist stets einzelfallbezogen zu prüfen.
Der BGH hatte hierzu einen Fall zu entscheiden, in dem die Berichterstattung über das Scheidungsverfahren einer prominenten Person anhand eines Bildes des Ehepartners und der prominenten Person auf dem Weg zum Gericht erfolgte. Die betroffene prominente Person wandte sich auf ihr Persönlichkeitsrecht berufend sowohl gegen die Berichterstattung als auch gegen die Veröffentlichung des dargestellten Bildes. Das Bundesverfassungsgericht hat für die Klärung der Frage, ob eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die sogenannte Sphärentheorie entwickelt, die zwischen Intim-, Privat- und Sozialsphäre unterscheidet und ein abgestuftes Schutzniveau statuiert: Je näher die Berichterstattung der Intimsphäre zuzuordnen ist, desto gewichtiger muss das öffentliche Interesse zur Rechtfertigung der Veröffentlichung sein.
In obigem Scheidungsfall entschied der BGH, dass die Berichterstattung selbst zulässig sei, da nach Auffassung des Gerichts lediglich die Sozialsphäre betroffen gewesen sei und daher schon ein öffentliches Informationsinteresse den Eingriff rechtfertige.
Die Bildveröffentlichung bedürfe dagegen einer eigenen Prüfung. Ein Bild darf gemäß § 23 Abs. 1 des Kunst- und Urheberrechtsgesetz (KUG) ohne Einwilligung unter anderem nur veröffentlicht werden, wenn es einen Moment der Zeitgeschichte abbildet. Im vorliegenden Fall entschied der BGH, dass die Bildveröffentlichung unzulässig sei, da es sich weder um ein Bildnis der Zeitgeschichte handle, noch die prominente Person ein überwiegendes berechtigtes Interesse an der Nichtveröffentlichung habe, da das Bild einen persönlich belastenden Moment erfasse und somit der strenger geschützten Privatsphäre zuzuordnen sei. Im konkreten Fall sprach sich der BGH in einer Abwägung zudem gegen ein öffentliches Informationsinteresse an der Bildveröffentlichung aus, da das Bild für sich betrachtet wenig bis gar keinen Aussagegehalt habe.
Für Presseunternehmen sind derartige Situationen einzelfallbezogen und somit oft mit rechtlicher Unsicherheit verbunden. Es bedarf daher vor einer Veröffentlichung persönlicher Momentaufnahmen prominenter Personen stets der rechtlichen Überprüfung, welche der Sphären betroffen ist, sowie einer Abwägung der konfligierenden Interessen.
Von Nial Moore und Bennet von Skarczinski. Bereits im Jahr 2018 warnte das Bundesamt für Verfassungsschutz vor „besonders hochwertigen Angriffen“ auf deutsche Medienhäuser, vermutlich auch mit Beteiligung staatlicher Akteure. Die Intentionen solcher Angriffe sind so gefährlich wie divers. Sie reichen von der Erlangung von Informationsvorsprüngen und Wettbewerbsvorteilen über das gezielte Offenlegen von Informationsquellen bis hin zur Machtdemonstration und Störung bestimmter Dienste. Bedenklich ist zudem der damit einhergehende Versuch, das Vertrauen der Bevölkerung in die Medienbranche zu untergraben.
Von Rechtsanwalt Dr. Jan-Peter Ohrtmann und Rechtsanwalt Dr. Alexander Golland. Im vergangenen Jahrzehnt wurden Daten vielfach als das „neue Öl“ proklamiert. 2018 folgte die Datenschutz Grundverordnung (DSGVO) und mit ihr europaweite Konsequenzen für Prozesse und Geschäftsmodelle. Und während Unternehmen fortlaufend DSGVO-Anforderungen implementieren, gedeiht zusätzlich eine vielfältige Rechtsprechung bis hin zum Europäischen Gerichtshof (EuGH). Zugleich arbeiten die Gesetzgeber im Bereich ePrivacy an einer stärkeren Regulierung des Datenumgangs.