Ihr Experte für Fragen
Dr. Holger Kern
Leiter des Sports Business Advisory Teams von PwC Deutschland
E-Mail
Für die deutsche Sportbranche war 2022 ein bewegtes Jahr, das vor allem durch positive Entwicklungen wie die bundesweite Lockerung der Corona-Maßnahmen geprägt war. Wichtige Sportevents konnten endlich wieder vor großem Publikum stattfinden und verbreiteten so eine spürbare Aufbruchsstimmung. Diese spiegelt sich auch in den Umfrageergebnissen unserer neuen Global Sports Survey wider, mit der wir seit 2016 ein regelmäßiges Stimmungsbild der Branche zeichnen.
Im Fokus: wichtige Rückschlüsse auf das vergangene Sportjahr, aber auch die relevanten Trends und Entwicklungen für die Zukunft. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass Befragte aus nahezu allen Teilbereichen der Branche mit Wachstum rechnen.
Mit unserer Studie vertiefen wir, welche Entwicklungen das größte Potenzial bieten – und an welchen Stellen es noch Nachbesserungsbedarf gibt.
In Anbetracht des dynamischen Regulierungsumfeldes sowie wachsender Erwartungen unter Fans und Stakeholdern sind Sportorganisationen mit einem hohen ESG-Reifegrad klar im Vorteil. Insgesamt befindet sich die Branche in dieser Hinsicht auf einem guten Weg. Eine Herausforderung bleibt, alle Dimensionen mit der gleichen Dringlichkeit zu adressieren.
„Während soziale Aspekte in der Sportbranche traditionell tief verankert sind, braucht es auch für die ökologischen und organisatorischen ESG-Facetten eine belastbare Strategie.“
Das größte Hindernis für die Umsetzung einer umfassenden ESG-Strategie stellt derzeit die Veränderung der Organisationskultur dar. Sportorganisationen können diesem Problem begegnen, indem sie Nachhaltigkeit verstärkt auf die Agenda der Vorstandsebene heben – beispielsweise mit einer eigenen Führungsposition. Nur so lassen sich zentrale Probleme wie der CO2-Fußabdruck großer Sportveranstaltungen mitigieren und die Auswirkungen auf Umwelt und Klima reduzieren.
Der Aufbau digitaler Ökosysteme und Geschäftsmodelle hat für Sportorganisationen nach wie vor eine hohe Priorität. Die Kosten für entsprechende Hard- und Software bremst die Ambitionen aber oft noch aus. So gaben beispielsweise 65 % der Befragten an, dass der hohe Investitionsbedarf für IT-Infrastrukturen das größte Hindernis für den Aufbau smarter Stadien darstelle. Diese sind aber wiederum ein elementarer Baustein langfristig gedachter Digitalisierungsstrategien. Denn smarte Stadien eröffnen wertvolle Chancen wie ein erhöhtes Fan-Engagement, bessere Datenerfassung, mehr operative Effizienz und eine gezieltere Vermarktung. Blockchain-basierte Geschäftsmodelle im Web3-Kontext werden zwar mit großer Aufmerksamkeit beobachtet, haben sich allerdings noch nicht in der Breite durchgesetzt. Das größte Potenzial sehen die Befragten für Collectibles wie digitale Sammelkarten (40,8 %) und Blockchain-Gaming inklusive der Nutzung von In-Game-Token (36,2 %).
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass viele Führungskräfte die größten Wachstumschancen im Frauensport sehen. Das deckt sich mit der wachsenden Popularität von Großveranstaltungen wie der letztjährigen UEFA-Fußball-Europameisterschaft der Frauen. Viele Vereine und Sponsoren wissen, welches Potenzial das Segment bereithält. Dementsprechend optimistisch fallen die Prognosen aus – über 70 % der Stakeholder gehen in den nächsten 3 bis 5 Jahren von einem zweistelligen Wachstum aus. Den Einschätzungen der Befragten zufolge spielen vor allem die Medien eine wichtige Rolle für die zukünftige Entwicklung des Frauensports. So gab die Hälfte an, dass die öffentliche Berichterstattung der wirkungsvollste Beitrag zum Wachstum des Sektors sei. Als wichtigsten Treiber sehen die Befragten demnach Sportsender und Medienunternehmen.
Esports wird in diesem Jahr von einer Phase des Lernens und Experimentierens in eine Phase der Konsolidierung übergehen. Viele traditionelle Sportvereine investieren bereits in das Segment und tragen zu seiner weiteren Professionalisierung bei. Das äußert sich unter anderem auch in immer besser organisierten und reichweitenstärkeren Ligabetrieben. Im Zuge der wachsenden Popularität gewinnt auch der Faktor Vielfalt zunehmend für die Esports-Branche an Bedeutung. Viele Initiativen beschäftigen sich mit der Förderung weiblicher und non-binärer Athlet:innen.
„Obwohl es nach wie vor an internationalen Standards und Richtlinien fehlt und ein gewisser Entwicklungsbedarf evident ist, bietet Esports schon jetzt vielen Branchenakteur:innen wertvolle Chancen für die Weiterentwicklung.“
Nachhaltigkeit ist ein nicht mehr wegzudenkender Teil des deutschen Profifußballs geworden und viele Clubs stehen nun vor der Herausforderung, Maßnahmen konsequent umzusetzen und sie langfristig zu ihrem Vorteil zu nutzen.
Durch Compliance-Maßnahmen lassen sich Korruption, Geldwäsche, Sanktionsverstöße und andere Formen der Finanzkriminalität verhindern – Strafzahlungen sowie Reputationsrisiken werden vermieden. Ein integres Verhalten kann sich zudem als strategischer Vorteil gegenüber Wettbewerbern erweisen.
Eine strategische und strukturelle Integration von Frauenteams in die Männer-Bundesligaklubs birgt enorme Potenziale sowohl für den Frauen- als auch für den Männerfußball.
Das Web3 wird neue Plattformen ermöglichen, mit denen sich neue Fangruppen erschließen lassen und neue Engagement-Möglichkeiten sowie neue Governance-Strukturen entstehen – hier hat der Sport allerdings gerade erst Anpfiff.
Die Professionalisierung des Esports schreitet voran, es wird zunehmend in Struktur und strategische Themen investiert. Auch die Überschneidungen mit dem klassischen Sport und die Integration in Sportligen nehmen zu.
„Die aktuellen Entwicklungen in der Sportbranche bieten ideale Rahmenbedingungen für nachhaltiges Wachstum. Vereine, Verbände und Unternehmen müssen dafür aber mit sich schnell ändernden Trends und Entwicklungen Schritt halten. Eine kontinuierliche Analyse und Anpassung der Geschäftsmodelle werden daher immer wichtiger, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“
Die Studie wurde vom globalen PwC Sports Business Advisory Netzwerk zwischen September und November 2022 mittels eines Online-Fragebogens durchgeführt, der weltweit an Entscheider:innen der Sportbranche versendet wurde. Insgesamt konnten 507 bearbeitete Fragebögen aus 43 Ländern ausgewertet werden.
Zum Zeitpunkt der Befragung hatten die Teilnehmenden jeweils eine Führungsposition in ihrer jeweiligen Organisation inne. Basis für die Analyse in diesem Bericht waren die Einschätzungen der Befragten. Ergänzt wurden die Analysen durch Interviews mit Branchenexpert:innen. Nicht zuletzt flossen das Branchen-Know-how sowie die Recherchen und Einschätzungen des gesamten Netzwerks der PwC Sports Business Advisory ein.