05 Juli, 2016
Hoffnung und Herausforderung zugleich für die unter Fachkräftemangel leidende Logistikbranche: Im Zuge der Automatisierung und Digitalisierung wird sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt entspannen, zeigt eine umfangreiche Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC und des WifOR-Instituts in Darmstadt. So könnte aus dem für 2015 diagnostizierten Engpass von 110.000 fehlenden Arbeitskräften bis 2030 sogar ein Überschuss von rund 200.000 Beschäftigen werden, kalkulieren die WifOR-Experten.
„Das bedeutet allerdings nicht, dass die Unternehmen auf eine unmittelbare Verbesserung der Lage hoffen sollten“, relativiert Dietmar Prümm, Partner und Leiter des Bereichs Transport und Logistik bei PwC: „In den kommenden fünf bis zehn Jahren wird das Arbeitskräfteangebot in jedem Fall knapp bleiben. Erst danach dürfte sich die Situation allmählich entspannen. Gleichzeitig wird das Anforderungsniveau steigen: Robotik in der Logistik, die engere Vernetzung im Zuge der Industrie 4.0 und der zunehmende Einsatz von Data Analytics erfordern von den Mitarbeitern ganz neue Kompetenzen. Logistiker müssen diesen Entwicklungen gerecht werden und ihr Personalmanagement grundlegend weiterentwickeln.“
Das Fehlen von Arbeitskräften gilt seit Jahren als eines der drängendsten Probleme in der deutschen Logistikindustrie. Die Gründe dafür sind vielfältig, wie bereits 2012 die PwC-Studie „Winning the talent race“ aus der Reihe „Transportation & Logistics 2030“ aufzeigte. So gilt die Branche gerade bei gut ausgebildeten Kandidaten häufig als wenig attraktiv – auch wenn dieses Urteil nicht immer berechtigt ist. Hinzu kommt, dass die Branche es versäumt hat, rechtzeitig einen Generationenwechsel vorzubereiten. Unter allen untersuchten Branchen ist die Logistik am stärksten von Überalterung betroffen. „Das sind strukturelle Probleme, die sich nicht von heute auf morgen beheben lassen. Lkw-Fahrer beispielsweise sind dringend gesucht – und das wird sich so rasch nicht ändern“, erklärt Prümm.
Dass sich die Situation auf mittlere Sicht trotzdem entspannen dürfte, liegt in erster Linie an der zunehmenden Automatisierung und Digitalisierung vieler Tätigkeiten, die momentan noch von Menschen ausgeführt werden. Ein Beispiel sind die Warenlager: „Es gibt bereits heute fast vollständig automatisierte Läger. Aus meiner Sicht ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich solche Systeme flächendeckend durchsetzen. Hinzu kommt der zunehmende Einsatz von Robotern. Die Zahl der Aufgaben, die in den Warenlagern von Hand ausgeführt werden, dürfte darum in nicht allzu ferner Zukunft merklich sinken. Menschen werden dann nur noch für einige sehr gezielte Arbeiten benötigt, etwa für die Wartung“, sagt Prümm.
Ein anderes Beispiel sind autonom fahrende Lastkraftwagen – wobei eine genaue Prognose hier aus jetziger Sicht noch schwierig ist. „Technisch wird der selbstfahrende Lkw in absehbarer Zeit Realität sein. Ob bereits 2030 sämtliche Transportfahrzeuge vollautonom unterwegs sein werden, bleibt jedoch abzuwarten. Schließlich hängt das nicht nur von der technischen Machbarkeit, sondern auch von regulatorischen und juristischen Fragestellungen ab, so zum Beispiel von der Haftungs- und Versicherungsfrage“, sagt Prümm. Gleichwohl hält er es für möglich, dass sich der Arbeitskräftemangel auch in diesem Bereich im Laufe des kommenden Jahrzehnts deutlich reduziert. „Schließlich gibt es ja auch teilautonome Lösungsansätze, so zum Beispiel das Platooning, bei dem mehrere, vernetzte Lkw von nur einem Fahrer gesteuert werden.“
Weitere Ergebnisse der Studie im Überblick: