12 Oktober, 2018
Zurzeit nehmen Themen zur City-Logistik und die damit verbundene letzte Meile in der Paketzustellung einen großen Raum in der öffentlichen Diskussion ein.
Während darüber diskutiert wird, wie Onlinebestellungen im Heimatmarkt Deutschland den Weg zum Kunden finden, schreiten Entwicklungen auf EU und globaler Ebene voran, die das bisherige System noch mehr an dessen Grenzen bringen werden.
Die EU regelt die Transparenz der Preisgestaltung für den Versand der Onlineshops innerhalb der europäischen Grenzen neu. Die am 24.05.2018 in Kraft getretenen Regularien werden ab 2019 uneingeschränkt Anwendung finden und für KEP-Dienstleister ab einer gewissen Größe gelten. Sie ergänzen die zuletzt im Jahr 2008 geänderten Vorschriften für grenzüberschreitende Paketzustelldienste. Bisher konnten Onlineshops auf Basis der IP-Adresse und der damit verbundenen Information über das Herkunftsland des Käufers die Preise für den Transport variabel gestalten oder ganz verhindern (Geoblocking). Hohe, nicht nachvollziehbare Versandkosten sowie die unsichere rechtliche Lage sollen nun mit der von der EU geforderten Transparenz der Vergangenheit angehören. Der Zugang zu Onlineshops soll zukünftig für alle Verbraucher der EU möglich sein.
Kurier-, Express- und Paketdienstleister („KEP-Dienstleister“) müssen in Zukunft Informationen über ihre Preisstruktur bereitstellen. Zudem sollen nationale Regulierungsbehörden dazu ermächtigt werden, Tarife für Paketsendungen einzelner Anbieter zu prüfen und zu bewerten, um unverhältnismäßige Preise auszuschließen. Diese Regelung trifft Paketdienstleister mit mehr als 50 Arbeitnehmern. Sie sind dann verpflichtet, Informationen über den Umsatz, die Anzahl der gelieferten Pakete, die Anzahl und den Beschäftigungsstatus der Mitarbeiter sowie Informationen über Subunternehmer und Verfahren zur Bearbeitung von Beschwerden an die nationalen Behörden weiterzugeben
Mit der nun von der EU angestrebten Transparenz über das Paketporto für den Transport zwischen den Mitgliedsstaaten können alle potenziellen Käufer erkennen, ob der Onlineshop ihr Land beliefert und wie hoch die Kosten sind. „Die Offenlegung der Paketpreise in andere EU-Staaten wird den Wettbewerb im grenzüberschreitenden Pakettransport weiter verstärken“, prognostiziert Dietmar Prümm, Partner im Bereich Transport & Logistik bei PwC Deutschland. Mit den steigenden Erwartungen der Kunden hinsichtlich der Lieferoptionen (Tracking & Tracing, Same Day, Zeitfenster etc.) stehen die Paketdienstleister bereits heute unter großem Druck. Sie müssen die Effizienz steigern, ohne dass die Kosten aus dem Ruder laufen. Die vermeintlich „kostenlose“ Lieferung vieler Onlinehändler erschwerte bisher einen Vergleich der Transportkosten.
„Die Paketbranche steht vor einem gewaltigen Umbruch, denn nicht nur große Versandhändler bringen eigene Lieferdienste in lukrativen Ballungszentren an den Start. Der einheimische Markt ist längst im Visier ausländischer Investoren, die gestiegenen M&A-Aktivitäten im letzten Jahr zeigen das Interesse an lukrativen Segmenten.“
Aber auch der grenzüberschreitende Onlinehandel mit Ländern außerhalb der EU boomt und stellt besonders die Zoll- und Steuerbehörden vor steigende Herausforderungen. Immer mehr deutsche Verbraucher kaufen direkt bei chinesischen Onlineshops. China ist der mit Abstandgrößte E-CommerceMarkt und damit auch größter Paketmarkt der Welt. Dank rasanter Wachstumsraten (52 Prozent Paketwachstum im Vergleich zu 2015) wird das Land den Platz an der Spitze auch die kommenden Jahre nicht abgeben. Im Reich der Mitte bewältigten die Brief- und Paketdienstleister im Jahr 2016 über 32 Milliarden Sendungen. Zum Vergleich: In Deutschland geraten Qualität und Effizienz der Lieferleistung bereits bei einem Volumen von drei Milliarden Paketen unter Druck.
Über Suchmaschinen finden heute Kaufwillige viele Seiten, die chinesische Shops testen und bewerten. Tipps zu Sicherheit und Zoll runden das Angebot ab. Nach einer PwC-Analyse besitzen 73 Prozent der über Suchmaschinen zugänglichen chinesischen Onlineshops ein Angebot in englischer Sprache. Bei ihrem Angebot setzen chinesische Anbieter auf Transparenz. So erhält der potenzielle Käufer in jedem zweiten Shop ohne ein vorheriges Anmelden eindeutige Erstinformationen über den Namen des Versanddienstleisters, die Lieferkosten, die Dauer der Lieferung und die Trackingmöglichkeiten. Laut Benedikt Schmaus, Partner bei PwCs Strategieberatung Strategy&, sinken die Eintrittsbarrieren für die erste Bestellung drastisch, denn „vertrauensbildende Informationen über die Abwicklung von Kauf und Versand steigern die Akzeptanz für einen grenzüberschreitenden Einkauf erheblich“.
Käuferinformation in chinesischen Onlineshops ohne vorherige Anmeldung
Chinesische Onlineshops, die ihr Angebot in englischer Sprache anbieten, versenden fast alle ihre Produkte nach Deutschland. Darüber hinaus bieten 75 Prozent dem Onlinekäufer eine kostenfreie Zusendung an. Dann liegt die Lieferzeit im Durchschnitt bei 10 bis 25 Werktagen. Für kleine Sendungen bieten diese Shops nur den langsamen, kostengünstigen Versandweg über die chinesische Post an.
Die Lieferzeiten und Kosten variieren je nach Shop und Produkt stark. Die frühestmögliche Zustellung liegt bei Buchung einer Expresszustellung (gegen Aufpreis) bei drei bis fünf Werktagen. Ähnlich wie in europäischen Onlineshops verlangen einige chinesische Anbieter einen Mindestbestellwert für eine kostenfreie Zustellung. Und was in Deutschland der Versandhandel sicher gerne als Zukunftsmodell einsetzen würde, funktioniert in chinesischen Onlineshops schon sehr gut: In den meisten Fällen trägt nämlich der Käufer die Kosten einer Rücksendung der Waren.
Bisher sind chinesische Express-Dienstleister kaum als Paketdienstleister in den chinesischen Onlineshops für die Lieferung nach Deutschland präsent. Chinesische Express-Dienstleister haben im stark wachsenden Paketmarkt in China ausreichend Erfahrungen mit der Lieferung an den Konsumenten gesammelt und innerhalb kurzer Zeit ein Logistiknetzwerk aufgebaut, welches Kurs auf Expansion nimmt. „Vor allem die nationalen Postgesellschaften in den europäischen Ländern, die eine Grundversorgung für die Einwohner sicherstellen, stehen in Zukunft vor großen Herausforderungen“, meint Dietmar Prümm.
„Das zu bewältigen wird nicht einfach sein, denn sie müssen sich nicht nur gegen eine starke Konkurrenz aus dem Ausland positionieren. Auch im Heimatland gewinnen Startups und Neueinsteiger aus anderen Branchen zunehmend Marktanteile.“