Das neue China-Geschäft deutscher Unternehmen: Realistisch. Pragmatisch. Risikobewusst.

PwC-Studie 2023: Große Mehrheit will Engagement vor Ort fortsetzen und stärkt Risikomanagement

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Thomas Heck
PwC USA Business Group Leader & China Business Group, PwC Deutschland
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Ingo Bauer
Leader Transport and Logistics bei PwC Deutschland
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China bleibt wichtiger Baustein der Unternehmensstrategie

Für Deutschland ist China der wichtigste Handelspartner weltweit. Die Covid-Pandemie und geopolitische Ereignisse haben jedoch zeitweise zu gestörten Lieferketten geführt und die Abhängigkeit von der chinesischen Wirtschaft verdeutlicht. Wie reagieren deutsche Unternehmen, die in China aktiv sind, auf die aktuelle Lage? Investieren sie weiter in den chinesischen Markt, oder planen sie eine Verlagerung ihrer Aktivitäten? Welche Themen machen den Firmen bei ihren Auslandsaktivitäten besonders zu schaffen, und wie schätzen sie die Zukunft ein? Hierzu haben wir 180 deutsche Unternehmen aus sechs Branchen befragt und die Ergebnisse in einer umfassenden Studie analysiert und eingeordnet.

Ein Kernergebnis: Es steht kein Exodus deutscher Unternehmen bevor. Fast alle Befragten wollen ihr Engagement auf dem chinesischen Markt auch in Zukunft fortführen. Nur eine kleine Minderheit (sechs Prozent) plant Teilabzüge, um Risiken zu minimieren, und lediglich ein Prozent zieht sich komplett zurück. 88 Prozent sehen in China zudem auch in Zukunft einen unerlässlichen Rohstofflieferanten und Handelspartner.

„Die deutschen Unternehmen fahren einen realistischen und pragmatischen Kurs mit dem Post-Covid-China. Sie stehen grundsätzlich zu ihren Aktivitäten vor Ort, ein Exodus ist nicht geplant. Teilweise Abzüge oder Verlagerungen ziehen die Unternehmen aber durchaus in Betracht, um geopolitische Risiken abzufedern.“

Ingo Bauer,Leader Transport and Logistics bei PwC Deutschland

Die Studie im Überblick

Von Regulierung über Geopolitik: Die Liste der Stolpersteine ist lang

Die Studie belegt, dass die Unternehmen vor Ort eine ganze Reihe von Hürden überwinden müssen: Zwei Drittel der Befragten (65 Prozent) nehmen die Regulierungen der Bundesregierung als Einschränkung wahr. Fast ebenso viele (63 Prozent) sind der Meinung, dass geopolitische Konflikte Projekte wie die „Belt and Road Initiative (BRI)“ in Frage stellen. Unter diesem auch als „Neue Seidenstraße“ bezeichneten Konzept forciert Beijing zahlreiche Projekte zum Auf- und Ausbau interkontinentaler Handels- und Infrastrukturnetze, um sich stärker mit über 60 Ländern Afrikas, Asiens und Europas zu vernetzen.

Die europäische Global Gateway Initiative, mit der die EU die Infrastruktur in Schwellen- und Entwicklungsländern weltweit stärken will, um ein Gegengewicht zu China aufzubauen, betrachtet nur ein Drittel der befragten Firmen als attraktives Angebot. Ein weiteres Hindernis sieht die Mehrheit der Befragten (56 Prozent) in der Anwendung der Standards für Umwelt, Soziales und Governance (ESG).

Nur 29 Prozent haben eine ausformulierte China-Strategie

Mit Blick auf die Vielzahl der mit einem China-Engagement verbundenen Stolpersteine ist es erstaunlich, dass nur 29 Prozent der deutschen Firmen mit einer dezidierten China-Strategie agieren. Knapp die Hälfte der Unternehmen (44 Prozent) verfügt über keine ausformulierte China-Strategie und hat auch nicht vor, eine solche zu erarbeiten.

Die Mehrheit der international tätigen Firmen hat aber längst damit begonnen, ihr Risikomanagement zu stärken, um sich vor den geopolitischen und pandemischen Herausforderungen zu schützen und die eigenen Aktivitäten in China zukunftssicher zu gestalten.

Zum Download der vollständigen Studie

Das neue China-Geschäft deutscher Unternehmen: Realistisch. Pragmatisch. Risikobewusst.

Unternehmen nehmen Risiken stärker ins Visier

Das gilt insbesondere für das Thema Cyber-Abwehr: So hat jedes zweite Unternehmen seine Cybersicherheits-Aktivitäten erhöht. Der Grund: Rund sechs von zehn Unternehmen (59 Prozent) beklagen eine starke Zunahme von Cyber-Angriffen. Das Risikomanagement umfasst aber auch zahlreiche weitere Aspekte: So haben immerhin 37 Prozent der Firmen konkrete Ausfallstrategien erarbeitet, um sich für Krisenfälle zu wappnen – etwa weitere Pandemien oder geopolitische Ereignisse.

Unkalkulierbare geopolitische Entwicklungen als größte Hürde

Die größte Herausforderung sehen 84 Prozent der Befragten in den unkalkulierbaren geopolitischen Entwicklungen; 77 Prozent halten Standortoptionen in anderen Ländern als Risikovorsorge für unabdingbar. Auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist es durchaus sinnvoll, bei Investitionen weitere Länder in Betracht zu ziehen: Denn fast sechs von zehn Unternehmen (58 Prozent) geben an, dass steigende Kosten die Vorteile eines China-Engagements reduzieren.

China bleibt wichtig – als Absatz-, Beschaffungs- und Produktionsmarkt

In puncto Beschaffung in China scheint der Zenit zwar überschritten: In mehr als jedem zweiten Unternehmen (57 Prozent) findet mittlerweile unter dem Stichwort der „Glokalisierung“ ein Umdenken statt. Nichtsdestotrotz sind die Unternehmen der Meinung, dass China langfristig ein wichtiger Teilbaustein der globalen Wirtschaft bleibt – und zwar als Absatz-, Beschaffungs- und Produktionsmarkt sowie als Rohstofflieferant. Zwei Drittel (67 Prozent) sehen kurzfristig keine Umsatzanteile in andere Länder abwandern. Gut die Hälfte der Befragten (53 Prozent) ist sogar der Meinung, dass China als Absatzmarkt für ihre Branche auch in schwierigen Zeiten weiter an Bedeutung gewinnen wird.

Weitere Ergebnisse der Studie im Überblick

Welche Regionen sind für deutsche Unternehmen besonders attraktiv?

Die östliche Küstenregion rund um Shanghai sowie der Nordosten Chinas sind nach wie vor die Hauptregionen für die Ansiedlung deutscher Unternehmen. An dritter Stelle steht die südliche Küstenregion. Die östliche Küstenregion wird stark von Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau geprägt, hat im Vergleich zu 2018 aber deutlich an Attraktivität verloren. Unternehmen aus der Konsumgüterindustrie siedeln besonders häufig im Nordosten Chinas an.

Betrachtungen unserer Branchen-Experten

Transport und Logistik

„Problemlose Zollabwicklung, Cybersicherheit sowie attraktive Preiskonditionen sind unverändert die ausschlaggebenden Kriterien für die Beauftragung von Logistikdienstleistern in China. Nur wer hier exzellent aufgestellt ist, erarbeitet sich zufriedene Kunden und eine zukunftsfähige Position im Wettbewerb.“

Ingo Bauer,Leader Transport and Logistics bei PwC Deutschland

Deutsche Unternehmen vergeben Logistikdienstleistungen vermehrt extern
Die Importe aus China werden in Deutschland hauptsächlich über den Seeweg abgewickelt. Im Vergleich zum Jahr 2018 haben sich diese für den Schiff- und Lufttransport nahezu verdoppelt. Im Gegenzug sind deutsche Exporte auf dem Schiffsweg gesunken, und nur die Luftfracht ist geringfügig gestiegen. Der Boom des Containertransports aus China ist weiterhin ungebrochen. Chinesische Logistiker investieren mittlerweile weltweit auch in Infrastrukturprojekte. In den letzten Jahren ist die Anzahl chinesischer Terminalbetreiber entlang der Maritimen Seidenstraße stark gestiegen. Mit diesen Beteiligungen können chinesische Logistiker ihren Kunden attraktive Konditionen im Wettbewerb rund um den Transport und andere logistische Mehrwertdienstleistungen anbieten. Unsere aktuelle Studie „Das neue China-Geschäft deutscher Unternehmen: Realistisch. Pragmatisch. Risikobewusst.“ zeigt, dass nur noch 37 Prozent der befragten deutschen Unternehmen ihre Transport- und Logistikprozesse in China im eigenen Unternehmen angesiedelt haben. Vor fünf Jahren hatte noch die Mehrheit in den produktionsabhängigen Industrien logistische Prozesse intern organisiert. Dank moderner Digitalisierung- und Kommunikationstechniken lassen sich Frachtabläufe heute jedoch viel effizienter steuern und überwachen als noch vor einigen Jahren, sodass die Auslagerung der Abläufe erfolgreich möglich ist.

Der Preis bleibt wichtig – Pünktlichkeit ist wie immer die Nummer Eins
Bei der Auswahl eines Logistikdienstleisters kommt es den deutschen Unternehmen wie in den Vorjahren besonders auf Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit an. Auf Rang zwei der Auswahlkriterien folgt die problemlose Zollabwicklung. Die Angst vor Maschinenstillständen durch Verzögerungen aufgrund von Hindernissen bei der Verzollung ist nach wie vor groß, ebenso wie der Wunsch nach Cybersicherheit, die auf Platz drei der wichtigsten Auswahlkriterien für Logistikdienstleister steht. Besonders für den Maschinen- und Anlagenbau ist die Datensicherheit bei Logistikabläufen von elementarer Bedeutung. Bei der Vergabe von Aufträgen an die Logistiker spielt aber auch für alle Branchen noch immer der Preis eine zentrale Rolle.

Mit steigendem Preisdruck werden die weiteren Auswahlkriterien weiter aufweichen. Der günstige Transport von und nach China war in den vergangenen Jahren neben den Löhnen ein klarer Wettbewerbsvorteil für den Standort in der Volksrepublik, von dem deutsche Unternehmen lange Zeit profitiert haben. Die Lohnkosten steigen seit Jahren; die Frachtraten sind zwar nach dem Corona-Höhenflug wieder auf Vor-Pandemie-Niveau, steigende Energiekosten und strengere Umweltanforderungen werden den Transport künftig aber verteuern. Um die Risiken aus Abhängigkeiten zu minimieren, arbeiten viele Unternehmen an Backup-Strategien, deren Bestandteil auch die Logistikdienstleister sind, um die Lieferketten nachhaltig zu stabilisieren.

Es fehlt an Alternativen zu China
In der Studie haben nahezu alle befragten Unternehmen ihr Engagement als alternativlos dargestellt; Standorte in anderen Ländern kommen nur in sehr geringem Umfang oder als Backup im Krisenfall in Frage. Die China-Strategie der Bundesregierung setzt auf eine Reduzierung der Abhängigkeiten. Unsere Studie zeigt: Die Hoffnungen der letzten Jahre – auf eine neue, effiziente Transportroute nach China über die „neue Seidenstraße“ – haben sich zerschlagen. Die Zukunft wird zeigen, ob die Global-Gateway-Initiative der EU eine attraktive Alternative gestalten kann.

Eins dürfte klar sein: Die Erfolgsaussichten zukünftiger globaler Handelsbeziehungen werden nur mit einem sicheren, nachhaltigen Transport möglich sein, bei dem viele Faktoren eine Rolle spielen werden.

„Die Mehrheit der international tätigen Unternehmen hat damit begonnen, ihr Risikomanagement zu stärken, um mit den geopolitischen Spannungen besser umgehen zu können. Beispielsweise werden Lieferketten resilienter ausgebaut, um damit auch die eigenen Aktivitäten in China zukunftssicher zu gestalten.“

Thomas Heck,Leiter der China Business Group von PwC Deutschland

Zum Download der vollständigen Studie

Das neue China-Geschäft deutscher Unternehmen: Realistisch. Pragmatisch. Risikobewusst.

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Die Methodik

Für die Studie hat PwC Deutschland zwischen April und Juli 2023 180 Unternehmen mit China-Engagement aus sechs verschiedenen Branchen befragt: Automobilindustrie, Chemiebranche, Handel und Konsumgüterindustrie, Maschinen- und Anlagenbau, Pharma sowie Transport und Logistik.

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Ingo Bauer

Leiter des Bereichs Transport, Logistik und Tourismus, PwC Germany

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Partner, PwC USA Business Group Leader & China Business Group, PwC United States