Innovative Tarifmodelle im ÖPNV

PwC-Studie 2023: Vermehrte ÖPNV-Nutzung mit innovativem Tarifmodell „EasyFlex“

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Gabriel Flore
Manager Infrastructure & Mobility bei PwC Deutschland
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Der ÖPNV in Deutschland ist ein schwer durchschaubarer Tarifdschungel

Unübersichtliche Tarifsysteme, die sich je nach Verkehrsverbund auch noch erheblich unterscheiden: Das richtige ÖPNV-Ticket zu kaufen, fällt vor allem Gelegenheitsnutzer:innen schwer. Dies ist ein Problem. Denn um die Mobilität der Zukunft klimaneutral zu gestalten, müssen viel mehr Menschen als bisher vom Auto auf den ÖPNV umsteigen.

Die Studie „Innovative Tarifmodelle im ÖPNV. Die PwC-Tarifinnovation ‚EasyFlex-Tarif‘ als Chance zur Steigerung der ÖPNV-Nachfrage“ zeigt, dass mehr Menschen den ÖPNV nutzen würden, wenn es einfachere Tarifmodelle gäbe. Mit „EasyFlex“ haben unsere Expert:innen ein Tarifmodell entwickelt, das dazu beitragen kann, im Tarifdschungel aufzuräumen.

Die Flexibilität bleibt dabei komplett gewährleistet: Wer zum Beispiel kein Monatsticket braucht, kauft sich einfach ein Einzelticket. Dessen Preis sinkt binnen eines Monats von Fahrt zu Fahrt. Wird eine bestimmte Preisgrenze erreicht, wandelt sich das Ticket automatisch in eine günstigere Zeitkarte (etwa ein 24-Stunden-Ticket) um.

„Die Tarifsysteme sind zu wenig auf die Mobilitätsbedürfnisse einer modernen Gesellschaft zugeschnitten. Sie müssen flexibel, leicht verständlich und bezahlbar werden – auch für Neukunden und Gelegenheitsnutzer“

Gabriel Flore,Experte im Bereich Infrastructure & Mobility bei PwC Deutschland

Die Studie im Überblick

Die Tarife im deutschen ÖPNV sind zu teuer und zu kompliziert – das sind die Kernaussagen einer Umfrage zur Tarifstruktur im öffentlichen Personennahverkehr: So gaben 60 % der Befragten an, für ÖPNV-Erstnutzer:innen sei es schwierig, sich in den Tarifstrukturen zu orientieren. Bei den übrigen Nutzer:innen sieht es kaum besser aus: Mehr als die Hälfte der Befragten (54 %) erklärt, für sie gehe aus der Tarifstruktur nicht unmittelbar hervor, welches Ticket sie benötigten.

Tarifdschungel schreckt vor allem Gelegenheitsfahrer:innen ab

Zwei von drei Befragten (66 %), die keine ÖPNV-Zeitkarte besitzen – also Bus und Bahn allenfalls gelegentlich nutzen – erklären, die Tarifstruktur der Verkehrsverbünde sei nicht übersichtlich. Angesichts eines komplizierten Ticketangebots mit Einzel-, Mehrfach-, Tages- und Monatstickets oder gesonderten Regelungen für die Mitnahme von anderen Personen am Wochenende und abends ist das verständlich – vor allem, weil sich die Strukturen je nach Verkehrsverbund meist auch noch deutlich unterscheiden. Doch wenn der Verkehrssektor seine Klimaziele erreichen will, muss der ÖPNV vor allem die Menschen für sich gewinnen, die ihn bisher noch nicht regelmäßig nutzen

69 % der gelegentlichen Nutzerinnen halten die Tarifstruktur im ÖPNV für unübersichtlich, bei denen mit Zeitkarte sind es nur 31 %

Tarife müssen günstiger und einfacher werden

Um das zu erreichen, gibt es zwei konkrete Ansatzpunkte: 53 % der Befragten erklären, dass sie häufiger in Bus und Bahn steigen würden, wenn die Tickets deutlich günstiger wären. Und für 51 % spielt die Tarifstruktur ebenfalls eine Rolle: Sie würden den ÖPNV häufiger nutzen, wenn das Ticketangebot einfacher wäre.

72 % der gelegentlichen Nutzerinnen finden die ÖPNV-Preise zu hoch

Beispiele für innovative Ansätze gibt es bereits

Praktikable Beispiele, wie solche Tarife aussehen könnten, gibt es bereits: Vergünstigte ÖPNV-Flatrates wie das in Kürze startende Deutschlandticket für monatlich 49 Euro oder das in Wien angebotene 365-Euro-Jahresticket bieten ein einfaches und günstiges Angebot, das Menschen dazu bewegen kann, öffentliche Verkehrsmittel regelmäßig zu nutzen. Einfache Luftlinientarife wie der in Nordrhein-Westfalen gültige Tarif eezy.nrw ersparen es den Nutzer:innen, sich mit komplizierten Tarifzonen oder -waben zu beschäftigen. Ein Homezone-Tarif, wie es in beispielsweise in Karlsruhe gibt, ermöglicht es dagegen, dass Bürger:innen den ÖPNV innerhalb eines bestimmten Umkreises für einen Festpreis nutzen können.

All diese Modelle haben Vor- und Nachteile und kommen für die einzelnen Verkehrsverbünde – je nach Region und Nutzer:innenstruktur – mehr oder weniger in Frage. Sie zeigen jedoch allesamt, dass es möglich ist, praktikable Tarifmodelle zu entwickeln, die sich an den Mobilitätsbedürfnissen einer modernen Gesellschaft orientieren.

Infografik: Was sind die unterschiedlichen Mobilitätsbedürfnisse der ÖPNV-Nutzerinnen

PwC-Tarifinnovation „EasyFlex-Tarif“ zur Steigerung der ÖPNV-Nachfrage

Speziell mit Blick auf Gelegenheitsnutzer:innen haben unsere Expert:innen den „EasyFlex-Tarif“ entwickelt. Der Tarif soll die Kostenvorteile von Zeitkarten mit der Flexibilität von Einzeltickets verbinden – und so den Wunsch nach einem günstigeren und einfacheren Tarifsystem bedienen. Für die Gestaltung solcher Tarife müssen viele Aspekte miteinander verknüpft werden, wofür ein Pricing-Excellence-Ansatz entwickelt wurde, bei dem die Tarife hinsichtlich sechs verschiedener Dimensionen optimiert werden können

Infografik: Die Pricing-Excellence-Dimensionen von PwC

Was der „EasyFlex-Tarif“ sonst noch bietet

Wer häufiger fährt, fährt günstiger

Ausgangspunkt des EasyFlex-Tarifes ist das Einzelticket: Je häufiger eine Person es nutzt, desto günstiger fährt sie. Im Gegensatz zu den heute verbreiteten Mehrfach-Tickets, muss sich niemand im Vorhinein auf eine bestimmte Nutzungsintensität festlegen – und bekommt trotzdem „Mengenrabatt“. So verbindet EasyFlex für Gelegenheitsnutzer:innen die notwendige Flexibilität mit Preisvorteilen für regelmäßige Nutzung – und macht es zudem attraktiver, das eigene Auto stehen zu lassen.

Ende des Tarif-Wirrwarrs

Darüber hinaus lässt sich mit diesem Prinzip der Tarif-Wirrwarr reduzieren: Grundsätzlich braucht es beim EasyFlex-Tarif nur noch Einzeltickets. Denn erreichen die Nutzer:innen bestimmte Preisgrenzen, wandelt sich ihr Ticket in eine dem Preis entsprechende Zeitkarte um, etwa in Tages- oder Monatstickets. Geplant ist auch, dass Monatstickets für Vielfahrer von vorneherein erhalten bleiben.

EasyFlex bedeutet nicht, dass Verkehrsverbünde ihr bisheriges Tarifmodell sofort ersetzen müssen. Denn der Tarif lässt sich schrittweise umsetzen – parallel zur bisherigen Tarifstruktur. 

Spielerische Elemente

Beispiele aus anderen Branchen zeigen, dass sogenannte Gamification-Elemente in Apps erheblich zur Kund:innenbindung beitragen können: Dabei wird die Nutzung eines Produkts oder einer Dienstleistung mit spielerischen Elementen verbunden, etwa einer Rangliste für besonders häufige Nutzer:innen oder Challenges, die Nutzer:innen erfüllen können und für die sie Bonuspunkte bekommen. Solche Elemente ließen sich sehr gut mit den Apps für die EasyFlex-Nutzung verbinden – und damit zusätzliche Anreize setzen, den ÖPNV häufiger zu nutzen.

Auch für nicht digitalaffine Nutzer:innen

Auch Nutzer:innen, die nicht digitalaffin sind, könnten den EasyFlex-Tarif nutzen. Für sie könnte eine Chipkarte, die sie beim Ein- und Aussteigen scannen, die Smartphone-App ersetzen. Damit werden beispielsweise ältere Nutzer:innen, die häufig auf den ÖPNV angewiesen sind, inkludiert. 

„Unser Vorschlag sieht eine Preisgestaltung vor, mit der die Menschen die Kostenvorteile von länger gültigen Zeittickets und Mehrfahrtentickets sowie die Flexibilität von Einzeltickets kombinieren können.“

Maximilian Rohs, Experte im Bereich Infrastructure & Mobility bei PwC Deutschland
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