Berlin und München gelten als deutsche Startup-Hochburgen, aber auch in Stuttgart, Mannheim, Ulm oder Freiburg finden Entrepreneure gute Bedingungen für eine Unternehmensgründung: So bewerten sieben von zehn Startups aus Baden-Württemberg das regionale Ökosystem mit gut oder sehr gut. Das ist etwas mehr als im Bundesschnitt (68 Prozent) und eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu den Vorjahren (2020: 61 Prozent, 2021: 64 Prozent).
Im bundesweiten Vergleich schneidet der Südwesten insbesondere bei den wirtschaftspolitischen Initiativen und der Verfügbarkeit von bezahlbaren Büroimmobilien gut ab. Schwächen zeigen sich in puncto Personal und Kapital.
„Die Neugründungsdynamik in Baden-Württemberg hat in den beiden vergangenen Jahren an Schwung verloren. Jetzt kommt es darauf an, die Neugründungsaktivitäten in der Breite noch stärker zu fördern.“
Baden-Württemberg hat die Startup-Förderung in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut, etwa durch die landesweite Kampagne Startup BW, die verschiedenen Maßnahmen zur Finanzierung und Förderung von Startups bündelt. Und diese Initiativen zeigen Wirkung: Das Bundesland verfügt über ein funktionierendes und breit aufgestelltes Startup-Ökosystem.
Allerdings kamen die Neugründungen in Folge der Corona-Pandemie etwas zum Stottern: Nur 35 Prozent der Startups aus der Region wurden in den Jahren 2021 und 2022 gegründet; bundesweit liegt dieser Anteil bei 42 Prozent.
Eine wichtige Stellschraube für Neugründungen ist die Finanzierung, mit der sich die Startups aus der Region vergleichsweise schwer tun: Nur gut ein Viertel der baden-württembergischen Gründer:innen ist mit dem Zugang zu Kapital und Investitionen zufrieden. Kein Wunder, denn 57 Prozent haben noch keinerlei externes Geld aufnehmen können (bundesweit 43 Prozent) – und wenn sie Geld erhalten haben, dann vergleichsweise niedrige Summen: Die Höhe der externen Finanzierung liegt in Baden-Württemberg mit 1,4 Millionen Euro weit unter dem deutschlandweiten Schnitt von 6,4 Millionen Euro.
„Externes Kapital ist eine zentrale Wachstumsressource für Startups. Insofern sehen wir hier großen Nachholbedarf für das baden-württembergische Ökosystem. Das gilt insbesondere für die Aktivierung erfahrener Unternehmer als Business Angel und die Nutzung von Wagniskapital.“
Schwächen in der Finanzierung zeigen sich in allen Phasen des Finanzierungskreislaufs: So nutzen nur 34 Prozent der baden-württembergischen, aber 47 Prozent der bundesweiten Gründer:innen Frühphasenfinanzierung wie staatliche Fördermittel. Dabei spielen diese für die Gründungsdynamik eine besonders wichtige Rolle.
Potenzial liegt auch in einer stärkeren Aktivierung erfahrener Unternehmer:innen als Business Angel. In Baden-Württemberg nutzen nur 17 Prozent der Gründer:innen diese Ressource, bundesweit sind es 31 Prozent. Ähnlich sieht es beim Thema Wagniskapital aus: Nur sieben Prozent der Gründenden aus der Region setzen auf Venture Capital, deutschlandweit sind es 19 Prozent. Innovative Finanzierungsquellen sind in Baden-Württemberg offenbar seltener erwünscht: Nur jeweils ein Drittel hätte überhaupt gerne Zugang zu Business Angel oder Wagniskapital. Bundesweit ist es fast jedes zweite Startup.
Das Freiburger Startup Carbonfuture hat Anfang des Jahres am PwC Scale-Programm zum Schwerpunkt Sustainability teilgenommen – und konnte im Anschluss daran in einer Seed-Runde über zwei Millionen Euro einsammeln.
Im Gespräch teilen Lisa-Maria Glass von PwC und Dr. Hannes Junginger von Carbonfuture ihre Erfahrungen zum Scale-Programm und den Herausforderungen der Wachstumsphase von Startups.
Um zu wachsen, brauchen die Gründer:innen nicht nur Kapital, sondern auch kluge Köpfe. Allerdings wird der Fachkräftemangel auch im Südwesten Deutschlands immer mehr zum Problem: Der Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal vor Ort geben nur 43 Prozent gute Noten (bundesweit 49 Prozent). Und ein gutes Drittel (36 Prozent) sieht in der Personalplanung und -rekrutierung eine der größten Herausforderungen, vor der sie aktuell stehen (Vorjahr 27 Prozent).
Mit durchschnittlich sieben Mitarbeitenden liegen die Startups im Land weit unter dem Bundesschnitt von 18 Beschäftigten. Immerhin planen 92 Prozent der baden-württembergischen Startups mit Neueinstellungen. Im Schnitt sollen vier Personen dazukommen. Damit wird die Schere allerdings noch größer, denn im bundesweiten Schnitt wollen Startups neun Nachwuchskräfte rekrutieren.
Der Branchenschwerpunkt der Startups liegt in der Informations- und Kommunikationstechnologie – 30 Prozent sind hier aktiv. Im Vergleich zum Vorjahr engagiert sich ein größerer Anteil an Startups im Bereich Lebens- und Konsumgüter (Anstieg von zehn auf 15 Prozent). Regional sticht vor allem Karlsruhe als IKT- und Technologie-Standort heraus – Mannheim und Stuttgart sind insgesamt breiter aufgestellt.
Seit dem Beginn der Corona-Pandemie geht der Anteil der Kooperationen zurück – auch in Baden-Württemberg zeigt sich dieser Trend. So kooperieren nur noch 64 Prozent der Startups aus der Region mir etablierten Unternehmen, im Vorjahr waren es noch 71 Prozent. Noch stärker ist der Rückgang der Kooperationen mit anderen Startups: Nur noch 46 Prozent der baden-württembergischen Startups verfolgen eine solche Zusammenarbeit; im Vorjahr waren es noch 59 Prozent.
Verbesserungsbedarf besteht im Südwesten auch beim Schulterschluss mit der Wissenschaft: Der Anteil der von Hochschulen unterstützten Startups liegt mit 33 Prozent deutlich unter dem Bundesschnitt von 53 Prozent. Somit bleiben gerade in Baden-Württemberg mit seinen vielen forschungsstarken Hochschulen Potenziale für Innovation ungenutzt. Umso wichtiger ist eine fächerübergreifende Stärkung von Entrepreneurship-Angeboten für Studierende, aber auch für Wissenschaftler:innen.
23 Prozent der baden-württembergischen Gründer sind weiblich. Das ist ein steiler Anstieg im Vergleich zum Vorjahr (plus sieben Prozentpunkte). Damit liegt das Land beim Gründerinnenanteil über dem bundesweiten Schnitt von 20 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr hat auch der Anteil der Internationals in den baden-württembergischen Startup-Teams zugenommen und liegt mittlerweile bei 24 Prozent (2021: 21 Prozent).
Gründer:innen, die sich den gewinnbringenden Unternehmensverkauf als Ziel vornehmen, richten ihre Strategie in der Regel auf starkes Wachstum aus. Im Südwesten ist diese Taktik weniger verbreitet: Jedes zweite Startup aus der Region strebt keinen Exit an; im Rest der Republik sagen dies nur 39 Prozent.
„Die Startups in der Region konkurrieren mit zahlreichen Konzernen und Mittelständlern um qualifizierte Fachkräfte. Um hier mithalten zu können, müssen sie attraktive Bedingungen schaffen, etwa großzügige Angebote für Mitarbeiterbeteiligungen oder flexible Arbeitsbedingungen.“
Zu diesen Ergebnissen kommt der 10. Deutsche Startup Monitor. Für die Studie hat PwC gemeinsam mit dem Bundesverband Deutsche Startups e. V. und dem akademischen Partner netSTART rund 2.000 deutsche Startups befragt, davon 220 mit Sitz in Baden-Württemberg.