Das Marktumfeld vieler Branchen und Unternehmen ist von zunehmender Komplexität und Unsicherheit geprägt. Dafür sind unterschiedliche Faktoren verantwortlich: regulatorische Vorgaben, politische Konflikte, Umwelteinflüsse und ein verändertes Konsumentenverhalten, aber auch technologische Umbrüche wie die Digitalisierung. Kurzfristige Krisen wie derzeit die Coronavirus-Pandemie erhöhen die Komplexität zusätzlich.
Gerade in einer zunehmend unsicheren Marktumgebung können Unternehmen mit der Ausgliederung bestimmter Unternehmenseinheiten unterschiedliche strategische Ziele erreichen. Dazu gehören insbesondere die Fokussierung auf das Kerngeschäft und die Erhöhung der Liquidität. Aber auch neue regulatorische Anforderungen oder technologische Veränderungen in den jeweiligen Branchen können Carve-outs sinnvoll erscheinen lassen.
Die exklusive PwC Deals Studie, welche in Kooperation mit dem Marktforschungsunternehmen Kantar und der Technischen Universität Darmstadt erstellt wurde, gibt Antworten auf Fragen wie diese: Wie lässt sich der Erfolg von Carve-outs bewerten? Welche Faktoren sind dabei entscheidend? Und welche Rolle spielt es, rechtzeitig eigenständig Strukturen und Funktionen bei den ausgegliederten Einheiten zu schaffen?
„Investitionen in die Reduzierung der Komplexität zahlen sich aus. Frühzeitig eigenständig funktionierende Unternehmenseinheiten zu schaffen kann hierbei den Erfolg von Ausgliederungen nachhaltig steigern.“
Der erste Teil der Studie, „Optimism on uncertain grounds“, hatte herausgefunden, dass Unternehmensentscheider in Deutschland, Österreich und der Schweiz die derzeitige volatile Marktsituation überraschend optimistisch beurteilen.
Im zweiten Studienteil „Mastering uncertainty and volatility“ ging es darum, wie groß der Reife- und Professionalisierungsgrad bei den befragten Entscheidern ist, und zwar im Hinblick auf ihr strategisches Portfolio-Management sowie ihr Operational Footprint Management.
In „Unlocking value through carve-outs“, dem dritten und abschließenden Teil dieser Reihe, geht es darum, welche Rolle Carve-outs als strategisches Instrument spielen – und wie Entscheider ihren Erfolg bei Unternehmensausgliederungen deutlich steigern können.
Der dritte Teil der Studie analysiert im Zusammenhang mit Carve-outs drei wesentliche Aspekte:
Diese Aspekte sind maßgeblich für den Erfolg von Carve-outs. Um diesen aus Sicht des verkaufenden Unternehmens zu bewerten, berücksichtigen wir in der Studie
Lesen Sie im Folgenden, wie die befragten Unternehmensentscheider geantwortet haben.
Ein Faktor, der über den Erfolg von Carve-outs mitentscheidet, ist die Komplexität der betrieblichen Verflechtungen zwischen der zum Verkauf stehenden Unternehmenseinheit auf der einen und der nicht-verkauften Unternehmenseinheiten auf der anderen Seite. Zu diesen Verflechtungen können etwa integrierte Wertschöpfungsketten oder zentralisierte Back-Office-Services gehören.
Je geringer der Grad der Verflechtungen, desto höher ist in aller Regel der erzielbare Verkaufspreis. Ein Ansatz, um die Komplexität dieser Verflechtungen zu verringern und damit den erzielbaren Verkaufspreis zu erhöhen, ist es, die zum Verkauf stehende Unternehmenseinheit als Standalone-Business zu organisieren – also als komplett eigenständig funktionierende Einheit.
Um dies zu erreichen, ist es wichtig, die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Unternehmenseinheiten regelmäßig und strukturiert zu bewerten. Hier gaben lediglich 27 Prozent der befragten Entscheider an, dass sie dies vollumfänglich tun; 46 Prozent sagten, dass sie solche eine Komplexitätsbewertung lediglich teilweise vornehmen, und sogar 24 Prozent verneinten dies.
Die Studie zeigt allerdings: Wer solche operativen Verflechtungen nicht rechtzeitig erkennt, beeinflusst damit negativ den erzielten Verkaufspreis, die Geschwindigkeit und die Kosten des Carve-out-Prozesses – und damit dessen Erfolg insgesamt.
„Operative Verflechtung - insbesondere in der Value Chain - beeinflussen Geschwindigkeit und Kosten eines Carve-outs ganz erheblich. Wer sich hierüber nicht frühzeitig Klarheit verschafft, bringt sich in aller Regel um erzielbaren Mehrwert beim Carve-out.“
Ein weiterer Erfolgsfaktor bei Carve-outs ist die Dauer der Transitional Service Agreements (TSAs), zum Beispiel für das Personalwesen, die Buchhaltung oder die IT-Infrastruktur. Solche Vereinbarungen tragen dazu bei, den Geschäftsbetrieb nahtlos zu gewährleisten.
31,1 Prozent der befragten Entscheider nannten eine TSA-Dauer von 6 bis 12 Monaten, 20 Prozent antworteten mit 3 bis 6 Monaten und 23,3 Prozent gaben keine spezifische Dauer an.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich zu lange oder zu kurze TSA-Dauern negativ auf den Verkaufspreis auswirken. Konkret: TSAs zwischen 6 und 12 bzw. länger als 18 Monate reduzierten Carve-out-Erfolg. Interessanterweise haben die TSA-Dauern jedoch keinen Einfluss auf die Geschwindigkeit und die Kosten des Carve-out-Prozesses.
„Käufer lassen sich die Business Continuity durch den Einsatz von TSAs mit einer Dauer von 12 bis 18 Monaten durchaus etwas kosten. Das bedeutet allerdings, dass Verkäufer noch länger als ein Jahr nach dem Verkauf stark in die verkaufte Einheit involviert sind – was sie möglicherweise daran hindert, andere strategische Maßnahmen umzusetzen.“
Welche Rolle spielen eigenständige operative Strukturen, sogenannte Standalone-Strukturen, für den Erfolg eines Carve-outs? Um dies zu beantworten, haben wir die Entscheider gefragt, ob, und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt sie Standalone-Funktionen der verkauften Einheiten eingerichtet haben.
46 Prozent der Entscheider sagten, sie hätten dies vor „Day 1“, also dem Zeitpunkt der Übergabe, getan. 39 Prozent hingegen gaben an, sie hätten erst danach Standalone-Funktionen eingerichtet. Als Hauptgründe dafür nannten sie den Verkaufspreis (32 Prozent), die Geschwindigkeit (32 Prozent) und die Transaktionskosten (22 Prozent).
Aber welche Funktionen genau waren eigenständig zum „Day 1“? Am häufigsten nannten die befragten Entscheider Marketing und Vertrieb (75,6 Prozent), das Management von Lieferketten sowie Finanzen und Controlling (jeweils 48,8 Prozent) und den Einkauf (46,3 Prozent).
Die IT hingegen nannten die Entscheider mit 43,9 Prozent etwas seltener. Die IT-Funktion aber ist im Zuge einer Transaktion besonders wertvoll, weil sie wesentlich dazu beitragen kann, Komplexität während des Carve-outs zu reduzieren – und damit den Prozess insgesamt zu erleichtern oder gar zu beschleunigen.
„Große Konzerne verfügen häufig über teure, komplexe IT-Infrastrukturen. Wer diese Komplexitäten nicht auf die ausgegliederte Einheit überträgt, steigert damit deren Verkaufswert. Dies gilt besonders für Verkäufer mit mehr als einer Milliarde Euro Umsatz und mehr als 5000 Mitarbeitern.“
PwC hat die dreiteilige Studie in Kooperation mit dem führenden Marktforschungsinstitut Kantar und der Technischen Universität Darmstadt erstellt. Befragt wurden im Juli 2020 Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz mit einem Jahresumsatz über 300 Millionen Euro. An der Umfrage beteiligt haben sich 157 Entscheider aus der Vorstandsebene, dem Bereich M&A und Strategie.