Mit dem Beschluss des EU-Parlaments vom 01.06.2023 hat nunmehr nach der EU-Kommission (Richtlinienentwurf vom 23.02.2022) und dem Rat der Europäischen Union (Richtlinienentwurf vom 30.11.2022) die letzte am Beschlussverfahren beteiligte europäische Institution ihren Entwurf für eine europäische Lieferkettenrichtlinie – der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) – beschlossen. Damit startet der Trilog zur Entscheidung über die finale Fassung des im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichneten EU-Lieferkettengesetzes.
Der Europäische Binnenmarkt ist der größte einheitliche Markt der Welt und eine Wertegemeinschaft. Mit dem geplanten EU-Lieferkettengesetz wird erstmals länderübergreifend eine einheitliche und verbindliche Regelung geschaffen, mit der Unternehmen, die in der EU tätig sind, verpflichtet werden, den Schutz von Menschenrechten und Umwelt in ihrer Lieferkette aktiv zu verfolgen.
Der Entwurf des EU-Parlaments zum europäischen Lieferkettengesetz reduziert den Schwellenwert, ab dem Unternehmen von den Pflichten umfasst sind, stufenweise über einen Zeitraum von fünf Jahren nach Inkrafttreten auf 250 Mitarbeitenden und einen weltweiten Nettoumsatz von 40 Mio. EUR. Ebenfalls umfasst sind Nicht-EU-Unternehmen, die einen Umsatz von 150 Mio. EUR innerhalb der EU erzielen. Nach dem LkSG fallen seit dem 01.01.2023 derzeit lediglich Unternehmen mit mehr als 3.000 Arbeitnehmer:innen unter den Anwendungsbereich des Gesetzes – ab dem 01.01.2024 Unternehmen mit mehr als 1.000 Arbeitnehmer:innen.
„Die Verabschiedung der europäischen Lieferkettenrichtlinie steht zwar noch aus, jedoch zeichnet sich bereits jetzt ab, dass es zu wesentlichen Verschärfungen im Vergleich zum deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) kommen wird.“
Die auf EU-Ebene vorgesehenen Sorgfaltspflichten weisen offensichtliche konzeptionelle Parallelen zum LkSG auf. Neben der gesetzlichen Systematik, die u. a. mit Verweisungen auf völkerrechtliche Übereinkommen arbeitet, findet sich ein nahezu gleichlautender Katalog an Sorgfaltspflichten mit einem Schwerpunkt auf Risikoprävention und Abhilfemaßnahmen im Fall von Umwelt- oder Menschenrechtsverletzungen.
Hervorzuheben ist, dass die Risikoanalyse keine festen Intervalle vorsieht, sondern vielmehr fortlaufend durchzuführen ist, was dazu führt, dass Unternehmen im erhöhten Aufwand fortlaufend die Umsetzung der Sorgfaltspflichten sicherstellen müssen.
Zu begrüßen ist, dass der Entwurf Situationen behandelt, in denen negative Auswirkungen auf Schutzgüter nicht behoben werden können. In diesen Fällen muss vor der Beendigung der Handelsbeziehung geprüft und im Ergebnis abgewogen werden, welche negativen Folgen die Aussetzung der Handelsbeziehung hat. Die Mitgliedstaaten sollen dabei zivilrechtliche Regelungen einführen, welche auch vertragsrechtlich eine Beendigung der Geschäftsbeziehung ermöglichen.
Im Gegensatz zum LkSG, das einen abgestuften Pflichtenmaßstab vorsieht und zwischen unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern unterscheidet, verlangt die europäische Regelung, dass an alle Glieder der Lieferkette der gleiche Pflichtenmaßstab angelegt wird. Die Überprüfung mittelbarer Zulieferer – auch der Zulieferer, die lediglich Zwischenprodukte für das fertige Produkt entwerfen – erfolgt damit unabhängig davon, ob substantiierte, d. h. begründete Kenntnis über Risiken für Schutzgüter vorliegt oder nicht. In der Betrachtung umfasst die gesamte Wertschöpfungskette, d. h. sowohl Upstream, also vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt, als auch Downstream, also der gesamte Vertrieb bis zum Endverbraucher – und erfasst damit auch die nachgelagerte Wertschöpfungskette. Nach unserer Einschätzung der Richtlinienentwürfe ist derzeit noch offen, ob und in welcher Art und Weise die Endkunden hiervon umfasst sind.
Der Schutz von Menschenrechten in der Lieferkette bleibt auch mit Einführung des EU-Lieferkettengesetzes ein wesentliches Compliancethema. Ein Vorteil: Die Richtlinie weist offensichtliche Parallelen zu den Strukturen des deutschen Lieferkettengesetzes auf. Zwar ist der Vorschlag des europäischen Parlaments, insbesondere in seinem Umfang, sehr detailliert, zusammenfassend bleibt es aber einer vergleichenden Betrachtung vorbehalten, die Regelungslücken des deutschen Gesetzes im Vergleich zur europäischen Regelung zu identifizieren.
Wir verfolgen den laufenden Gesetzgebungsprozess und denken die zukünftigen regulatorischen Anforderungen bereits bei der Umsetzung des LkSG mit. Denn Unternehmen, die ihr Compliance Management System bereits an die Vorgaben des LkSG angepasst haben, können im Hinblick auf die Einführung der CSDDD nachhaltig darauf aufbauen.
Wenn Sie momentan in der Umsetzung des deutschen LkSG sind, kontaktieren Sie unsere Expert:innen, damit Sie die Anforderungen der CSDDD bereits mitdenken können.
„Die CSDDD ist ein Gamechanger, denn mit der EU-Lieferkettenrichtlinie werden erstmalig verbindliche Regeln für alle Unternehmen in Europa eingeführt. Und wer beim LkSG die CSDDD bereits mitdenkt, verschafft sich einen wichtigen Wettbewerbsvorteil.“
Jetzt gilt’s – das EU Parlament hat die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) verabschiedet. Doch welche Unternehmen sind von der CSDDD betroffen und bis wann muss die Umsetzung erfolgen? Welche LkSG-Pflichten müssen erweitert werden und wie? Welche Rolle spielt der Umweltschutz entlang der Lieferkette? Und kann auf die Berichterstattung verzichtet werden, wenn bereits nach CSRD berichtet wird? In unserem dreistündigen Workshop ordnen unsere Expert:innen die Neuerungen der CSDDD ein und diskutieren gemeinsam mit Ihnen Ansätze zur Weiterentwicklung des bestehenden Risikomanagements. Starten Sie heute mit der Umsetzung der Europäischen Lieferkettenrichtlinie und kontaktieren unsere Expert:innen.
Clemens Bauer
Manager, PricewaterhouseCoopers Legal AG Rechtsanwaltsgesellschaft, Germany
Tel.: +49 160 92596002