Transfer Pricing Perspectives DACH – Ausgabe 62

Global: Amount B aus Praktikersicht – Was ist jetzt zu tun?

Woman tracking and trading stocks
  • Newsletter
  • 4 Minuten Lesezeit
  • 06 Jun 2024

Von Julia Nägele und Cheyenne Herr. Am 19. Februar 2024 veröffentlichte die OECD einen Bericht zu Amount B, dessen Regelungen als Anhang zu Kapitel IV in die OECD-Verrechnungspreisleitlinien aufgenommen werden sollen.

Eine ausführliche Darstellung der Inhalte kann dem Artikel „Global: Veröffentlichung des finalen Berichts zu Amount B“ in der Ausgabe 61 unseres Transfer Pricing Perspectives DACH-Newsletters entnommen werden.

Eine Darstellung der verrechnungspreispraktischen Implikationen von Amount B finden Sie in diesem Artikel.

Ermittlung von Amount B

Die Ermittlung der fremdüblichen Vergütung im Rahmen der zweidimensionalen Preismatrix von Amount B basiert neben der Industriegruppe auf der Faktorintensität, welche sich aus dem Verhältnis der operativen Vermögenswerte zum Umsatz (Net Operating Asset Intensity (OAS)) und dem Verhältnis der operativen Aufwendungen zum Umsatz (Operating Expense Intensity (OES)) bestimmt.

Insbesondere die Ermittlung der OAS kann Unternehmen vor Herausforderungen stellen, falls die Routineeinheit nicht nur Vertriebsaktivitäten ausübt, sondern z. B. auch produziert. Während bislang in diesem Fall für die Ermittlung der Verrechnungspreise für Vertriebsaktivitäten die Erstellung einer segmentierten Gewinn- und Verlustrechnung ausreichend war, wäre im Rahmen von Amount B zukünftig zur Bestimmung der OAS eine Segmentierung der Bilanz notwendig.

Dies kann Unternehmen insbesondere zu Beginn der Anwendung von Amount B aufgrund mangelnder Datenverfügbarkeit vor Probleme stellen. Neben der systemseitigen Implementierung werden sich Unternehmen mit Fragestellungen hinsichtlich der Umsetzung der Segmentierung auseinandersetzen müssen. Die segmentierten Daten müssen zudem für die drei vorangegangenen Geschäftsjahre ermittelt werden, da die OAS und OES als gewichteter Dreijahresdurchschnitt zu berechnen sind.

Aussteuerung der Vertriebsgesellschaften

Eine weitere Herausforderung stellt die Aussteuerung der Vertriebsgesellschaften auf die im Rahmen der Preismatrix definierte angemessene Gewinnmarge dar. Typischerweise werden Routinevertriebsgesellschaften nach den allgemeinen OECD-Verrechnungspreisleitlinien derzeit basierend auf einer aus Datenbankstudien ermittelten Interquartilsbandbreite ausgesteuert. Diese Interquartilsbandbreiten liegen häufig um einige Prozentpunkte auseinander, während sich die Bandbreite der Preismatrix von Amount B mit Hilfe von Zu- und Abschlägen von lediglich 0,5 Prozent auf den in der Matrix genannten Wert errechnet. Dies erfordert entweder eine präzise unterjährige Aussteuerung der Gesellschaften oder eine Korrektur der erzielten Gewinnmargen im Rahmen von Jahresendanpassungen. In Bezug auf Jahresendanpassungen sind neben zollrechtlichen und umsatzsteuerlichen Implikationen außerdem die allgemeine Zulässigkeit von Jahresendanpassungen in den betroffenen Ländern zu prüfen. 

Transfer Pricing Webinare von PwC

In zahlreichen Webinaren berichten wir verständlich und praxisnah über neueste Entwicklungen rund um das Thema Verrechnungspreise.

Mehr erfahren

Erhöhung der Komplexität

Grundsätzlich steht es den Ländern frei, die Regelungen von Amount B als verpflichtende Verrechnungspreisvorschrift oder als Safe-Harbour-Regelung einzuführen. Gleichzeitig zeichnet sich bereits ab, dass einzelne Länder, wie beispielsweise Australien, eine Einführung der Regelungen nicht in Betracht ziehen. Neuseeland signalisiert sogar, dass unter Amount B ermittelte Verrechnungspreise nicht anerkannt werden sollen, sofern keine umfassende Angemessenheitsanalyse vorgelegt wird. Die Unterschiede in der Anwendung von Amount B führen zu einer erhöhten Komplexität, da die Anwendung eines global einheitlichen Verrechnungspreismodells somit fast unmöglich wird. Der Compliance-Aufwand für Steuerpflichtige wird sich außerdem erhöhen, da die Erstellung von Datenbankstudien trotz der Einführung von Amount B wahrscheinlich nicht vermieden werden kann.

Wendet ein Steuerpflichtiger die Regelungen des Amount B an, um die Verrechnungspreise einer Vertriebsgesellschaft in einem Land zu bestimmen, das Amount B als verpflichtende Verrechnungspreisvorschrift eingeführt hat, während sich das Land des Transaktionspartners gegen eine Anwendung entschieden hat, kann dies in einer Doppelbesteuerung resultieren. Die OECD macht deutlich, dass in solchen Fällen, wenn die Fremdüblichkeit basierend auf den allgemeinen OECD-Verrechnungspreisleitlinien nachgewiesen werden kann, eine entsprechende Anpassung von dem Land vorgenommen werden soll, das Amount B eingeführt hat, um die Doppelbesteuerung zu vermeiden. Stellt ein Steuerpflichtiger in Doppelbesteuerungsfällen einen Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens, sollen nach Auffassung der OECD weder die Länder noch der Steuerpflichtige ihre Argumentation auf den Regelungen des Amount B stützen. In diesen Fällen sind weiterhin die allgemeinen OECD-Verrechnungspreisleitlinien heranzuziehen. Amount B beinhaltet Potenzial für neue Besteuerungskonflikte und es ist davon auszugehen, dass die Zahl von Verständigungsverfahren zunehmen wird.

Die OECD möchte zusätzlich zu den quantitativen Scoping-Kriterien ein optionales qualitatives Scoping-Kriterium aufnehmen. Da ein solches Kriterium sehr subjektiv ausgelegt werden kann, wird dies die Komplexität und den Compliance-Aufwand von Amount B zusätzlich erhöhen.

Fazit und Ausblick

Grundsätzlich zielt die Einführung von Amount B darauf ab, die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes für bestimmte Routinevertriebsaktivitäten zu vereinfachen und zu vereinheitlichen, um damit verbundene Besteuerungskonflikte zu vermeiden. Dieses Ziel ist grundsätzlich zu begrüßen, wird jedoch unter den derzeitigen Voraussetzungen nur erreicht werden, wenn Amount B zur Ermittlung von Verrechnungspreisen zwischen Transaktionspartnern genutzt wird, die in Ländern ansässig sind, in denen Amount B verpflichtend Anwendung findet. 

Da die Regelungen bei Einführung für Geschäftsjahre ab dem 1. Januar 2025 zur Anwendung kommen, ist Unternehmen mit Vertriebsgesellschaften im Anwendungsbereich dringend zu empfehlen, sich mit Amount B auseinanderzusetzen, notwendige Vorbereitungen zu treffen und mögliche Effekte auf die Ergebnisse im Vergleich zum bisherigen Verrechnungspreisansatz zu analysieren.

Jetzt zum Newsletter anmelden

In unserem vierteljährlich erscheinenden Newsletter informiert Sie unser internationales Expertenteam über aktuelle Entwicklungen zum Thema Verrechnungspreise.

Zurück zur Artikelübersicht

Newsletter Transfer Pricing Perspectives DACH – Ausgabe 62

Follow us