Transfer Pricing Perspectives DACH – Ausgabe 63

Aus unserer Praxis: Handlungsbedarf für die Steuerfunktion aus der Nutzung von generativer KI im Konzern

Wissenschaftler mit Roboter
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  • 30 Aug 2024

Von Sebastian Gottschalk und Dr. Alexander Totzek. Künstliche Intelligenz (KI) ist kein Hype. KI ist bereits elementarer Baustein in vielen Prozessen und Arbeitsabläufen und die Investitionen in KI steigen kontinuierlich. Aus der Nutzung von KI im Konzern ergeben sich eine Reihe von steuerlichen Fragestellungen, die weit über die rechtliche und steuerliche Compliance hinaus gehen. Die Steuerfunktion kann durch frühzeitiges Handeln z. B. die effektiven Implementierungskosten senken und durch frühzeitiges Design zukünftige heterogene IP-Landschaften und komplexe Lizensierungskonstrukte vermeiden.

In diesem Beitrag beleuchten wir aus steuerlicher Perspektive die wesentlichen Stellschrauben der Nutzung von KI im operativen Bereich in den jeweiligen Projektphasen.

Für die Anwendungsbereiche von KI im Verrechnungspreisumfeld verweisen wir auf unsere letzte Ausgabe der Transfer Pricing Perspectives DACH 62/2024.

Design und Implementierung

In der Design- und Implementierungsphase werden die grundlegenden Technologien angeschafft und/oder entwickelt. In dieser Phase gilt es zu entschieden, welche Konzerneinheit die Verträge mit externen Partnern abschließt und in welcher Form, beispielsweise als Lizenz- oder als Dienst- bzw. Werkvertrag. Es muss geklärt werden, ob zentrale oder dezentrale Kontrahierung steuerlich vorteilhafter ist und wie wesentliche Kostenblöcke steuerlich behandelt werden, z. B. Betriebsausgabenabzug oder Aktivierung. Zudem ist zu prüfen, ob eine Weiterbelastung im Konzern sachgerecht ist, an welche Einheiten verrechnet wird und welche Schlüssel bei indirekter Verrechnung angemessen sind. Aus steuerlicher Sicht stellen sich folgende Fragen:

  • Welche Konzerneinheit(en) und in welcher Vertragsform (Lizenz, Dienst- vs. Werkvertrag etc.) kontrahiert mit den externen Partnern?
  • Ist eine zentrale oder eine (partiell) dezentrale (lokale) Kontrahierung aus steuerlicher Sicht vorteilhafter?
  • Sind die Kosten als Betriebsausgaben abzugsfähig oder als immaterielle Wirtschaftsgüter zu aktivieren?
  • Ist eine Verrechnung nach dem Fremdvergleichsgrundsatz dem Grunde und der Höhe nach erforderlich?

Nutzungsphase

Nachdem die grundlegenden Technologien angeschafft oder entwickelt sind, beginnt die Nutzungsphase. Ergebnisse können neue Modelle, Use Cases, Prompts oder Datenbanken sein.

Zunächst muss die steuerliche Einordnung dieser Ergebnisse erarbeitet werden, z. B. als immaterielle Wirtschaftsgüter wie Software oder Know-how und wie diese unter lokalen Gesichtspunkten zu bewerten sind. Zudem ist zu klären, welcher Konzerneinheit die KI-Ergebnisse zuzuordnen sind, was Fragen der rechtlichen und wirtschaftlichen Eigentümerstellung sowie der sog. Development, Enhancement, Maintenance, Protection, Exploitation (DEMPE)-Funktionen aufwirft. Eine besondere Herausforderung besteht darin, dass nach deutschem Urheberrecht der KI-Nutzer bzw. dessen Anstellungsunternehmen keine rechtliche Eigentümerstellung an den KI-Ergebnissen erlangt.

Aus unserer Sicht besteht für diese Themen akuter Handlungsbedarf für die Steuerfunktion. Dies ist notwendig, bevor überall im Konzern KI-Ergebnisse produziert, adaptiert und genutzt werden. Andernfalls muss ggf. ein komplexes Lizenzschema eingeführt werden. Zur Vermeidung solcher Strukturen müssen kleinteilige Bewertungen, Portfoliobewertungen und Übertragungen erfolgen. Aus steuerlicher Sicht stellen sich folgende Fragen:

  • Sind die KI-Ergebnisse als immaterielle Wirtschaftsgüter, immaterielle Werte oder sonstige Vorteile aus (i) rechtlicher und (ii) steuerlicher Sicht zu qualifizieren?
  • Welcher Konzerneinheit sind die KI-Ergebnisse nach dem DEMPE-Konzept zuzuordnen?
  • Wie sind die Wertbeiträge der beteiligten Konzerngesellschaften im Hinblick auf die erzielten KI-Ergebnisse zu identifizieren und kann eine fremdübliche Entlohnung sichergestellt werden?

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Verwertungsphase

In der Verwertungsphase können KI-Ergebnisse im Konzern oder extern verwertet werden, z. B. durch Lizenzverträge, Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen, oder zur Verbesserung eigener Geschäftsprozesse. Diese Verwertung kann interne oder externe Einkünfte generieren. Dem DEMPE-Konzept folgend gilt es, diese Vorteile sachgerecht zu verteilen.

Aus steuerlicher Sicht stellen sich folgende Fragen:

  • In welcher Form erfolgt die Verwertung?
  • Welcher Konzerneinheit sind die Einkünfte aus der Verwertung zuzurechnen?
  • Wie ist die fremdübliche Vergütung für die Verwertung zu bestimmen?

Transformation

In der Transformationsphase können KI-Ergebnisse und Verwertungsvorgänge wesentliche Geschäftsprozesse oder das Geschäftsmodell verändern, z. B. durch Effizienzsteigerungen, Prozessanpassungen oder Verschiebungen in Wertschöpfungsketten und Wertbeiträgen der Konzerngesellschaften. Diese Veränderungen können auch die Profilanforderungen der Mitarbeitenden beeinflussen.

Aus steuerlicher Sicht stellen sich folgende Fragen:

  • Welche operativen Geschäftsfelder und Geschäftsvorfälle sind betroffen?
  • Welche neuen oder veränderten Geschäftsvorfälle zwischen Konzernunternehmen ergeben sich, insbesondere grenzüberschreitend, z. B. hinsichtlich Datenbereitstellung, Leistungsverrechnung oder Kostenweiterbelastung?
  • Ist das Verrechnungspreissystem aufgrund der Veränderungen zu überprüfen, z. B. hinsichtlich Funktions- und Risikoanalyse, Verrechnungspreismethoden oder -dokumentation?
  • Wie ist der Handlungsbedarf, um Risiken durch Einkommenskorrektur- oder Entstrickungsnormen zu vermeiden, z. B. hinsichtlich der Übertragung von immateriellen Werten oder anderen Vorteilen zwischen Konzerngesellschaften oder der Änderung des Funktions- und Risikoprofils?

Fazit und Ausblick

Da generative KI in allen operativen Bereichen stetig an Bedeutung zunimmt, ist es insbesondere für multinationale Konzerne wichtig, bereits jetzt eine ganzheitliche Steuerstrategie über sämtliche Phasen der KI-Generierung und -Nutzung zu entwickeln, um rechtliche und steuerliche Compliance-Risiken sowie komplexe Vergütungsstrukturen zu vermeiden.

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