Von Sebastian Gottschalk und Dr. Alexander Totzek. Künstliche Intelligenz (KI) ist kein Hype. KI ist bereits elementarer Baustein in vielen Prozessen und Arbeitsabläufen und die Investitionen in KI steigen kontinuierlich. Aus der Nutzung von KI im Konzern ergeben sich eine Reihe von steuerlichen Fragestellungen, die weit über die rechtliche und steuerliche Compliance hinaus gehen. Die Steuerfunktion kann durch frühzeitiges Handeln z. B. die effektiven Implementierungskosten senken und durch frühzeitiges Design zukünftige heterogene IP-Landschaften und komplexe Lizensierungskonstrukte vermeiden.
In diesem Beitrag beleuchten wir aus steuerlicher Perspektive die wesentlichen Stellschrauben der Nutzung von KI im operativen Bereich in den jeweiligen Projektphasen.
Für die Anwendungsbereiche von KI im Verrechnungspreisumfeld verweisen wir auf unsere letzte Ausgabe der Transfer Pricing Perspectives DACH 62/2024.
In der Design- und Implementierungsphase werden die grundlegenden Technologien angeschafft und/oder entwickelt. In dieser Phase gilt es zu entschieden, welche Konzerneinheit die Verträge mit externen Partnern abschließt und in welcher Form, beispielsweise als Lizenz- oder als Dienst- bzw. Werkvertrag. Es muss geklärt werden, ob zentrale oder dezentrale Kontrahierung steuerlich vorteilhafter ist und wie wesentliche Kostenblöcke steuerlich behandelt werden, z. B. Betriebsausgabenabzug oder Aktivierung. Zudem ist zu prüfen, ob eine Weiterbelastung im Konzern sachgerecht ist, an welche Einheiten verrechnet wird und welche Schlüssel bei indirekter Verrechnung angemessen sind. Aus steuerlicher Sicht stellen sich folgende Fragen:
Nachdem die grundlegenden Technologien angeschafft oder entwickelt sind, beginnt die Nutzungsphase. Ergebnisse können neue Modelle, Use Cases, Prompts oder Datenbanken sein.
Zunächst muss die steuerliche Einordnung dieser Ergebnisse erarbeitet werden, z. B. als immaterielle Wirtschaftsgüter wie Software oder Know-how und wie diese unter lokalen Gesichtspunkten zu bewerten sind. Zudem ist zu klären, welcher Konzerneinheit die KI-Ergebnisse zuzuordnen sind, was Fragen der rechtlichen und wirtschaftlichen Eigentümerstellung sowie der sog. Development, Enhancement, Maintenance, Protection, Exploitation (DEMPE)-Funktionen aufwirft. Eine besondere Herausforderung besteht darin, dass nach deutschem Urheberrecht der KI-Nutzer bzw. dessen Anstellungsunternehmen keine rechtliche Eigentümerstellung an den KI-Ergebnissen erlangt.
Aus unserer Sicht besteht für diese Themen akuter Handlungsbedarf für die Steuerfunktion. Dies ist notwendig, bevor überall im Konzern KI-Ergebnisse produziert, adaptiert und genutzt werden. Andernfalls muss ggf. ein komplexes Lizenzschema eingeführt werden. Zur Vermeidung solcher Strukturen müssen kleinteilige Bewertungen, Portfoliobewertungen und Übertragungen erfolgen. Aus steuerlicher Sicht stellen sich folgende Fragen:
In der Verwertungsphase können KI-Ergebnisse im Konzern oder extern verwertet werden, z. B. durch Lizenzverträge, Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen, oder zur Verbesserung eigener Geschäftsprozesse. Diese Verwertung kann interne oder externe Einkünfte generieren. Dem DEMPE-Konzept folgend gilt es, diese Vorteile sachgerecht zu verteilen.
Aus steuerlicher Sicht stellen sich folgende Fragen:
In der Transformationsphase können KI-Ergebnisse und Verwertungsvorgänge wesentliche Geschäftsprozesse oder das Geschäftsmodell verändern, z. B. durch Effizienzsteigerungen, Prozessanpassungen oder Verschiebungen in Wertschöpfungsketten und Wertbeiträgen der Konzerngesellschaften. Diese Veränderungen können auch die Profilanforderungen der Mitarbeitenden beeinflussen.
Aus steuerlicher Sicht stellen sich folgende Fragen:
Da generative KI in allen operativen Bereichen stetig an Bedeutung zunimmt, ist es insbesondere für multinationale Konzerne wichtig, bereits jetzt eine ganzheitliche Steuerstrategie über sämtliche Phasen der KI-Generierung und -Nutzung zu entwickeln, um rechtliche und steuerliche Compliance-Risiken sowie komplexe Vergütungsstrukturen zu vermeiden.
In unserem vierteljährlich erscheinenden Newsletter informiert Sie unser internationales Expertenteam über aktuelle Entwicklungen zum Thema Verrechnungspreise.
Newsletter Transfer Pricing Perspectives DACH – Ausgabe 63