Die erste Revolution in der deutschen Musikindustrie ist vollendet, denn in diesem Jahr werden die digitalen Umsätze erstmals über den physischen liegen. Folgt nun direkt die zweite Revolution in der Branche? Dieses Szenario ist zumindest nicht unwahrscheinlich, wie die PwC-Studie zum Potenzial der Blockchain in der Musikindustrie zeigt. Demnach könnte die Blockchain – also jene hochgewettete neue Technologie, die den Aufbau dezentraler Datenbanken ermöglicht – die Wertschöpfungskette in der Branche grundlegend verändern.
Davon betroffen wäre zum Beispiel das Thema Rechteverwertung. Wenn die Blockchain-Technologie in einigen Jahren ausgereift ist, lassen sich mit ihrer Hilfe theoretisch sämtliche Musiklizenzen weltweit sicher festschreiben. Dadurch könnten die bislang komplexen Abrechnungsprozesse weitgehend automatisiert werden.
Experten gehen davon aus, dass die Blockchain-Technologie für die Unterhaltungs- und Medienindustrie – und speziell für die Musikbranche – großes Wachstumspotenzial bietet. Das gilt umso mehr, weil die Branche nicht mehr schrumpft, sondern sich auch hierzulande längst wieder im Expansionsmodus befindet. So prognostiziert der „PwC German Entertainment & Media Outlook 2018-2022“ der deutschen Musikindustrie in den nächsten Jahren eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 1,8 Prozent.
Umsätze im deutschen Musikmarkt
Wichtigen Anteil an diesem Wachstum hat das Musikstreaming. Jeder zweite Konsument nutzt inzwischen mindestens einen kostenpflichtigen Musikstreamingdienst, wie eine aktuelle PwC-Befragung von mehr als 2.000 Verbrauchern zeigt. Die Folge: Bis 2022 könnten die Streaminganbieter laut „German Entertainment & Media Outlook“ hierzulande bereits 1,1 Milliarden Euro Umsatz erzielen. Das entspricht einem Wachstum von 15,8 Prozent jährlich.
Umsätze in den Segmenten Download und Streaming
Unangefochten auf Platz eins der meistgenutzten kostenpflichtigen Streamingdienste ist wenig überraschend Spotify. Rund jeder fünfte deutsche Verbraucher nutzt diesen Dienst. Darauf folgen Amazon Music (Prime und Unlimited) mit 14 Prozent und YouTube Music mit rund 9 Prozent. Auf den Plätzen vier, fünf und sechs befinden sich Apple Music, Google Play Music und Deezer.
Auch zu den Nutzungsgewohnheiten von kostenfreien Streamingdiensten gibt die PwC-Befragung Auskunft: Rund 44 Prozent der befragten Konsumenten nutzen YouTube mehrmals pro Woche. An zweiter Stelle steht Spotify Free, das etwa 15 Prozent der Konsumenten mehrmals die Woche nutzen. Darauf folgen unter anderem Google Play Music Free, SoundCloud und Deezer Free, alle mit weniger als 7 Prozent.
Die Musikbranche scheint geradezu prädestiniert für die Blockchain zu sein. Ein Beispiel: Bislang sind alle Anläufe zum Aufbau einer einheitlichen, globalen Datenbank für Urheber- und Leistungsschutzrechte gescheitert. Dadurch ist es schwer festzustellen, wem welche Tantiemen zustehen. Audiostreamingdienste sind daher häufig Klagen von Musikverlagen ausgesetzt, die gegen eine unrechtmäßige Verwendung der Rechte ihrer Künstler vorgehen. Solche Probleme könnten mit der Blockchain-Technologie der Vergangenheit angehören.
Wie funktioniert die Blockchain?
Die Blockchain bietet der Branche ganz neue Möglichkeiten der Monetarisierung. Für etablierte Unternehmen birgt die Entwicklung neben Chancen aber möglicherweise auch Risiken. Denn einige Blockchain-Startups versuchen jetzt schon, klassische Dienstleistungen in der Musikindustrie neu abzubilden. Ob sich solche Ansätze wirklich durchsetzen, hängt davon ab, inwiefern es gelingt, eine kritische Masse zu erreichen. Kooperationen mit großen Playern der Branche, aber auch aus anderen Industrien, könnten diesen Prozess in jedem Fall deutlich beschleunigen.
„Die große Chance für die Musikindustrie besteht darin, die Zuwächse beim Streaming mit jenen Effizienzgewinnen zu verknüpfen, die sich in den nächsten Jahren durch die Blockchain ergeben dürften.“