Cookieless World: Was die Abkehr von Cookies für die Werbeindustrie bedeutet

14 September, 2021

Von Mathias Elsässer, Constantin Hourmouzis und Natalie Sträter. Die Zeit der Third-Party-Cookies geht zu Ende. Nachdem Safari und Firefox schon früh Cookies für das Werbetracking geblockt haben, stellt Google Ende 2023 die Unterstützung für Third-Party-Cookies in Chrome vollständig ein. Gründe dafür sind das wachsende Bewusstsein der Nutzenden für Privatsphäre und zunehmende staatliche Regulierungen.

Damit steht die Werbeindustrie vor einem fundamentalen Umbruch, der alle Marktteilnehmer betrifft. Die meisten derzeitigen Werbemechanismen der AdTech-Community basieren noch auf Third-Party-Cookies. Die Entwicklung von Alternativen hat längst begonnen. Noch ist jedoch unklar, welche Form das künftige Ökosystem annimmt.

Infrastrukturumbruch in der Werbeindustrie

Third Party Cookies sind aktuell eine wesentliche Säule des Online-Marketings. Sie ermöglichen die Identifizierung von Nutzenden über verschiedene Webseiten hinweg und sind in alle wesentlichen Mechanismen der Online-Werbung eingebunden: die Erstellung von Zielgruppen und die Synchronisation mit Werbeplattformen, die Ausspielung zielgruppenbasierter Werbung sowie die Messung und Optimierung der Performance von Kampagnen.

Mit der Abkehr von Cookies sind Großteile der bestehenden Infrastruktur des digitalen Marketings in der heutigen Form nicht mehr nutzbar. Es entsteht Handlungsbedarf bei allen Marktakteuren. Publisher sorgen sich um ihre Umsätze, Werbetreibende um die Marketingeffizienz, Technologieanbieter um ihre Marktposition in einer Cookie-freien Welt.

Googles Ersatzmechanismus: Kohorten statt einzelner User

Google arbeitet bereits an einem Ersatzmechanismus. Der Ansatz setzt auf Kohorten (sogenannte Federated Learning of Cohorts, FLoC) anstatt auf individuelle Profile. Einzelne Nutzeraffinitäten sind dabei in der Menge verborgen. Der Webverlauf einer Einzelperson im Browser bleibt privat. Ersten Tests zufolge erzielen FLoCs mindestens 95 % der Cookie-basierten Conversions. Das Projekt Chrome Privacy Sandbox enthält zudem Vorschläge, wie Werbetreibende ihre eigenen First-Party-Daten zum Retargeting von Website-Besucher:innen nutzen können, ohne Cookies von Dritten zu verwenden. Auch für die Erfolgsmessung sind neue Mechanismen in Entwicklung.

Für Google selbst sind FLoCs die Werbefunktionsweise der Zukunft. Wie das Ziel-Ökosystem im Detail aussehen wird, bleibt jedoch ungewiss. Auch abseits von Google arbeiten Unternehmen an alternativen datenschutzkonformen Lösungsansätzen. Ein Ansatz ist zum Beispiel kontextbezogene Werbung. Hierbei werden Nutzer:innen Werbeanzeigen ausgespielt, die zum Kontext der Seite passen, auf der sie sich befinden.

Auswirkungen auf die Werbeindustrie

Die Dominanz geschlossener Plattformen wie sozialer Netzwerke nimmt voraussichtlich weiter zu. Sie verfügen in der Regel über die implizite Zustimmung der Verbraucher:innen, innerhalb der eigenen mobilen Apps alle Interaktionen mit Inhalten in ihrem Netzwerk zu verfolgen und zu segmentieren. Dadurch ist eine hocheffiziente Zielgruppensegmentierung möglich, die für Werbetreibende sehr attraktiv ist. Für Unternehmen werden durch den technologischen Umbruch sogenannte First-Party-Daten relevanter – Daten, die ein Unternehmen direkt erheben kann. Ein Grund mehr für die Ausarbeitung einer umfassenden Datenstrategie.

Neben den eigenen First-Party-Cookies gewinnt das Sammeln von E-Mail-Adressen an Relevanz. Sie gelten als gesicherter Kanal, um die Kundschaft zu erreichen und ermöglichen auch ein effektives Retargeting. Eine weitere Kundenidentifikationsmöglichkeit ist der Mobile Advertising Identifier (MAID). Diese IDs ermöglichen es, ähnlich wie ein Cookie, eine einzelne Person hinter einem mobilen Gerät zu identifizieren. Apple bietet Nutzenden jedoch schon jetzt die Möglichkeit, die MAID-Kennung individuell auf App-Ebene zu blockieren.

Customer Data Platforms gewinnen an Bedeutung

Um die immer mehr an Wert gewinnenden Kundendaten aus First-Party-Cookies, MAIDs und E-Mail-Adressen über die Vielzahl der Interaktionen zwischen Unternehmen und Kundschaft hinweg verwalten zu können, ist ein umfassendes Datenmanagement essenziell. Einzelne Marktführer unter den Werbetreibenden investieren bereits in den Aufbau von Customer-Data-Platforms (CDP), um Daten über die verschiedenen Kanäle zu sammeln und zu verknüpfen.

In der aktuellen Umbruchsituation stehen Unternehmen vor einer doppelten Herausforderung. Sie müssen bestehende Prozesse weiter optimieren und sich gleichzeitig auf neue Zukunftstechnologien vorbereiten. Fest steht: Die Zukunft der digitalen Werbung liegt in datenschutzfreundlichen Technologien und Prozessen.

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Werner Ballhaus

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