Interview: „Die M&A-Aktivitäten werden wieder deutlich anziehen“

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  • 4 Minuten Lesezeit
  • 09 Feb 2024

Ein Interview mit Erik Hummitzsch, Deal-Advisory Leader bei PwC Deutschland: Der PwC-Experte ist überzeugt, dass wir 2024 einen Aufschwung bei Fusionen und Übernahmen erleben werden. Im Interview nennt er drei Gründe für seinen Optimismus und gibt Tipps, wie Unternehmen die aktuellen Chancen nutzen können.

Erik Hummitzsch ist Mitglied der Geschäftsführung, Leiter Deal-Advisory und Co-Leiter Consulting Solutions bei PwC Deutschland. Er begann seine Karriere vor mehr als 25 Jahren bei PwC in London und wechselte später nach Deutschland. Seitdem hat er auf über 350 Deals-Projekten Private-Equity- und Corporate-Kunden beraten.

Erik Hummitzsch ist Deal-Advisory Leader bei PwC Deutschland

2023 hat sich der Wert der weltweiten Fusionen im Vergleich zum Höchststand aus dem Jahr 2021 halbiert. Wie geht es 2024 mit dem globalen M&A-Markt weiter?

Erik Hummitzsch: Ich bin überzeugt, dass wir die Talsohle im vergangenen Jahr erreicht haben und die M&A-Aktivitäten im Verlauf des Jahres 2024 wieder deutlich anziehen werden. In einigen, wenn auch nicht in allen Branchen, lässt sich bereits ein Anstieg der Transaktionen beobachten. Das belegt unsere aktuelle Studie „Global M&A Industry Trends“.

So zeigte das Transaktionsvolumen in den Bereichen Luft- und Raumfahrt, Metall- und Technologieindustrie bereits Ende 2023 klar nach oben, aber auch im Energiesektor, der Pharmabranche, der industriellen Fertigung und der Automobilindustrie fanden wieder mehr M&A statt. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen.

Warum sind Sie optimistisch, dass wir 2024 einen Aufschwung bei den Mergers & Acquisitions sehen werden?

Hummitzsch: Drei Gründe stimmen mich zuversichtlich: Erstens hat sich die Lage auf den Finanzmärkten verbessert. Die Zinsen steigen nicht weiter, in Sachen Inflation haben wir den Höhepunkt aktuell ebenfalls überschritten und auch die Aktienmärkte konnten zuletzt wieder zulegen. 

Der zweite Faktor ist, dass die niedrigen M&A-Aktivitäten im vergangenen Jahr zu einem Rückstau sowohl auf Käufer- als auch auf Verkäuferseite geführt haben. Bei den Käufern sind die finanziellen Mittel vorhanden, um gezielt zu investieren. Das zeigt sich auch daran, dass für 2024 bereits mehrere Megadeals – also Fusionen oder Übernahmen mit einem Wert über einer Milliarde US-Dollar – angekündigt wurden. 

Und was ist der dritte Faktor?

Hummitzsch: Der Druck auf Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle anzupassen, wächst – und wird das Transaktionsgeschehen beleben. Zu diesem Ergebnis kommt auch der 27. Annual Global CEO-Survey, für den wir rund 4.700 Vorstandschefs weltweit befragt haben. Mit 45 Prozent ist fast die Hälfte der CEOs davon überzeugt, dass ihr Unternehmen in zehn Jahren nicht mehr lebensfähig sein wird, wenn es unbeirrt am derzeitigen Kurs festhält. Die globalen Megatrends zwingen Unternehmen dazu, ihre Geschäftsmodelle neu zu erfinden.

Viele Organisationen haben verstanden, dass gezielte Transaktionen eine Chance sind, sich schneller neu auszurichten und zu verändern, als dies ohne M&A möglich wäre.

Wie hoch ist der Anteil der CEOs, die in den kommenden Jahren Fusionen & Übernahmen planen? 

Hummitzsch: Im CEO-Survey geben fast zwei Drittel der CEOs an, dass ihr Unternehmen in den nächsten drei Jahren Übernahmen plant. Besonders Firmen aus den Bereichen Metall- und Bergbau sowie Chemie wollen in den kommenden drei Jahren Akquisitionen tätigen. Aber auch im Energie- und Technologiesektor dürften wir in den nächsten zwei, drei Jahren wieder deutlich mehr Fusionen und Übernahmen sehen.

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Wie hoch ist der Anteil der CEOs, die in den kommenden Jahren Fusionen & Übernahmen planen? 

Hummitzsch: Im CEO-Survey geben fast zwei Drittel der CEOs an, dass ihr Unternehmen in den nächsten drei Jahren Übernahmen plant. Besonders Firmen aus den Bereichen Metall- und Bergbau sowie Chemie wollen in den kommenden drei Jahren Akquisitionen tätigen. Aber auch im Energie- und Technologiesektor dürften wir in den nächsten zwei, drei Jahren wieder deutlich mehr Fusionen und Übernahmen sehen.

Was wird die Deals im Jahr 2024 prägen?

Hummitzsch: Fusionen und Übernahmen werden sich im Jahr 2024 erheblich von Transaktionen unterschieden, die wir vor und während der Corona-Pandemie gesehen haben. 

Grundsätzlich wird der Fokus der M&A-Aktivitäten auf Wertschöpfung und Weiterentwicklung- bzw. Anpassung von Geschäftsmodellen liegen.

Wir beobachten, dass Unternehmen aktuell verstärkt strategische Portfolioprüfungen durchführen und gezielt auf Käufe und Verkäufe setzen, um ihr Portfolio zu schärfen, sich Zugang zu Technologien und Talenten zu verschaffen, ihr Wachstum zu beschleunigen oder ihr Geschäft zu skalieren. 

Dazu kommt, dass „private credit“, also Fremdfinanzierungen, die nicht über die traditionellen Kreditgeber wie z. B. Banken, gewährt werden im M&A-Kontext eine immer größere Rolle spielen. Zwischen 2024 und 2026 werden fremdfinanzierte Kredite im Wert von rund 300 Milliarden US-Dollar fällig. Wir gehen davon aus, dass dies im aktuellen Zinsumfeld zu Umstrukturierungen und Möglichkeiten für Distressed M&A führen wird.

Was empfehlen Sie Unternehmen, um die aktuellen Chancen zu nutzen?

Hummitzsch: Unternehmen sollten sich vom anstehenden M&A-Aufschwung nicht überraschen lassen. Er wird kommen – und er wird anders verlaufen als wir es aus der Vergangenheit gewohnt sind. Die Renditen werden unter größerem Druck stehen.

Jetzt kommt es darauf an, schnell und mutig zu sein.

Wenn attraktive Vermögenswerte auf den Markt kommen, wird der Wettbewerb intensiv sein. Um der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein, ist es wichtig, gut vorbereitet und schnell handlungsfähig zu sein, wenn sich die richtige Gelegenheit bietet. Das Thema Talente sollten Unternehmen dabei ganz oben auf ihre Prioritätenliste setzen, denn künftig wird es mehr denn je darauf ankommen, die richtigen Leute an Bord zu haben.

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