Hockey-Nationalspieler Christopher Rühr ist jedenfalls überzeugt, dass auch in Firmen Führungsstrukturen, wie er sie vom Leistungssport kennt, helfen können, ein besseres „Team-Gefühl“ und damit eine höhere Identifikation mit Job und Arbeitgeber zu schaffen. Und dadurch bessere Ergebnisse zu erzielen.
Auch Sport-Teams können nur erfolgreich sein, wenn wirklich alle an einem Strang ziehen und es Führungskräfte gibt, die sich nicht selbst in den Mittelpunkt stellen.
Der 29 Jahre alte Medizinstudent hat 187 Länderspiele bestritten, er war zweimaliger Olympiateilnehmer (2016, 2021) und wurde Anfang 2023 Weltmeister. Über die Jahre hat er beobachtet, wie sich Teams bilden und wie sie erfolgreich geleitet werden. Führungskräfte sollten seiner Meinung nach wie Trainer eine Unternehmenskultur schaffen, in der Mitarbeiter:innen sich ermutigt fühlen, auch selbst Kritik zu äußern: „Wenn die Leute alles nur in sich reinfressen, geht auch Qualität verloren.“
Wichtig ist ihm, dass Teamplayer – ob auf einem Hockeyplatz oder in einem Großraumbüro – lernen, auch selbstständig initiativ zu werden. Interne Aussprachen ohne Chefs (oder Trainer): Rühr hat „gelernt, dass das Dinge freisetzt, die sonst vielleicht nie freigesetzt worden wären.“
„Führungsspieler ist, wer einen ganzheitlichen Blick hat, alle Facetten einer Mannschaft mit einbezieht, auch neben dem Spielfeld. Und das immer losgelöst von der eigenen Person. Es ist nicht der, der am besten spielt, sondern der die Bereitschaft hat, Verantwortung zu übernehmen.“
Er erinnert sich an solche Sitzungen bei beiden Olympia-Turnieren und daran, wie er und seine Mannschaftskameraden sich 2016 nach dem verlorenen Halbfinale untereinander eingeschworen haben, nun unbedingt Bronze holen zu wollen. Sie haben sich hochgepuscht, haben die Enttäuschung so gemeinsam überwunden und am Ende das Ziel formuliert: Den Niederländern zeigen wir es jetzt erst recht – ein besonderer Moment, selbst für einen erfahrenen Spieler wie ihn. Es hat geklappt, die Medaille war der Lohn. „Das ist Qualitätssicherung und Optimierung, die man in Leistungssportmannschaften braucht, aber in Unternehmen vielleicht sogar noch ein bisschen mehr“, meint Rühr.
Der Weltklassestürmer ist sich aufgrund eigener Erfahrung sicher, dass solche internen „Alles-auf-den-Tisch-Gespräche“ nicht nur dem Team, sondern auch jedem/jeder Einzelnen helfen. Weil man lernt, offen gegenüber anderen zu sein. Kritik anzunehmen, aber auch zu äußern. Das, weiß Rühr, mag zunächst unbequem anmuten und braucht oft Überwindung, ist aber elementar. Die Mitarbeiter:innen als Führungskraft mitzunehmen, Leistungen anzuerkennen statt nur Negatives zu kritisieren, den Blick auf das Große und Ganze zu haben, könnte ein Ausweg aus dem weit verbreiteten Job-Frust sein. Und die Fähigkeit, eine Kultur der Selbstkritik und Eigeninitiative herzustellen – das Personal zu ermutigen, im Team Lösungen für Probleme zu finden. Radikale Transparenz hilft, auch wenn sie zunächst schwerfällt.
In der Hockey-Nationalmannschaft klappt das seit Jahren ziemlich gut – sie ist damit auch ein Vorbild für Unternehmen.