Bevor wir Ihnen einen Einblick in die Ergebnisse der Befragungen zum Ausschließlichkeitsvertrieb geben, wollen wir noch ein paar Worte zum Aufbau unserer PwC Studie „Versicherungsvertrieb in Zeiten der Pandemie – Eisberg oder Rückenwind?“ verlieren. Gemeinsam mit den Versicherungsforen Leipzig führen wir eine Studie in mehreren Schritten durch, die die Perspektiven der Kundenkommunikation im Versicherungsvertrieb während und nach Corona beleuchtet. Die Befragungen zum Ausschließlichkeitsvertrieb sind hierbei ein Bestandteil der Ergebnisse der Gesamtstudie.
In unserer Studie betrachten wir die fünf dominanten Vertriebswege: den Banken-, den Ausschließlichkeits-, den Direkt-, den Struktur- und den Maklervertrieb. Aufbauend auf den Erkenntnissen einer Endkundenbefragung, reichern wir diese Ergebnisse mit qualitativen Experteninterviews an. Dadurch werden wir Sie hier regelmäßig in kleinen und gut verdaulichen Happen mit interessanten Erkenntnissen aus unserer laufenden Studie versorgen. Wir sind gespannt auf die weiteren Resultate und freuen uns, Ihnen nun einen weiteren kurzen Einblick in die Sicht der Ausschließlichkeitsvertriebe geben zu können.
„Durch die Neuausrichtung ihrer Vertriebsmodelle konnten Versicherungsunternehmen ihren Kunden eine Sicherheit vermitteln, die gerade in unsicheren Zeiten wie der Covid-19-Pandemie wichtiger denn je ist und auf die Kundenbedürfnisse einzahlt.“
Die Corona-Pandemie beschleunigt die digitale Transformation des Ausschließlichkeitsvertriebs (AO) von Versicherungen. Wie die gemeinsame Studie von PwC und den Versicherungsforen Leipzig ergab, konnte insbesondere der Exklusivvertrieb zeitnah an die besonderen Herausforderungen der Pandemie wie die Kontaktbeschränkungen angepasst werden. Demnach wurden für Ausschließlichkeitsvermittler verstärkt hybride Agenturmodelle aufgebaut.
Über digitale Anwendungen wie Videoberatung, Online-Kundenportale, Apps und Chats organisierten die Vermittler ihre Beratungsprozesse neu und hielten den Kontakt zu den Kunden. Klassische Kanäle wie Telefon, Mail oder Briefpost verloren dabei nicht an Bedeutung. Im Gegenteil: Sie legten während der Pandemie kräftig zu, sodass Agenturen mit engem Kundenkontakt ihre Cross-Selling-Quoten steigern konnten.
Die Versicherer förderten den Exklusivvertrieb durch zahlreiche Bestandskampagnen, technologische Investitionen und Schulungen der Vermittler – um über eine bedarfsgerechte und passgenaue Beratung ihre Kundenbindung zu stärken und sich selbst zukunftsorientierter und krisenfester aufzustellen.
Infolge der Lockdowns und Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Pandemie konnten Endkunden im Exklusivvertrieb zeitweise nicht persönlich vor Ort beraten werden. Zudem war die persönliche Betreuung der Vertriebspartner durch den Versicherer stark eingeschränkt.
Um den Kontakt zum Kunden nicht zu verlieren, setzten knapp 90 Prozent der Versicherer während der Pandemie stärker auf die Betreuung. Gut 80 Prozent führten Kundenbindungsmaßnahmen durch. Weitere knapp 70 Prozent erklärten, sie hätten ihre Kundenbeziehung durch eine gute Kommunikation gestärkt.
Weitere knapp 90 Prozent der Versicherer investierten in innovative Lösungen für die Kommunikation und Beratung und digitalisierten ihre Vertriebsprozesse. Die technologischen Voraussetzungen für eine Remote-Kunden- und Vertriebspartnerbetreuung waren häufig bereits vorhanden, die Nutzungsquoten mobiler Konferenztools wie Skype, MS-Teams oder Zoom legten in der Pandemie sukzessive zu.
Zahlreiche Versicherer etablierten einfach zu handhabende, praktikable Lösungen für digitale, medienbruchfreie Beratungs- und Antragsstrecken – für Vertragsänderungen bis hin zu E-Signaturen. Knapp die Hälfte der Befragten führte eine Videoberatung mit Abschlussmöglichkeit neu ein.
Rund 20 Prozent bauten während der Pandemie eine Telefon- oder Videoberatung auf, bei der die Vertragsunterlagen per Post oder Mail zugestellt werden. Lediglich acht Prozent der Versicherer schufen die Möglichkeit für Direktabschlüsse über ihre Webseite.
Knapp 60 Prozent der befragten Vorstände aus Versicherungsunternehmen mit dem Schwerpunkt auf Ausschließlichkeit wollen bei der Beratung künftig auf Videoberatung setzen. Rund 20 Prozent führten in der Pandemie einen persönlichen Chat ein.
Um die Beratungs- und Abschlussprozesse zügig in die digitale Welt zu verlagern, stellten die Versicherer ihren Agenturisten die erforderlichen technischen Mittel bereit und boten ihnen praktische Hilfestellungen oder Schulungen an.
„Das eine ist, die Tools technisch zur Verfügung zu stellen und die Prozesse zu modellieren. Das andere ist, den Vertrieb dahin zu entwickeln, diese Tools dann auch zu nutzen. Und da hat es im Zuge von Corona noch einen großen Schub gegeben.“
Dabei können digitale Beratungstools, schlanke Antragsstrecken, Data Analytics für zielgerichtete Kampagnen und neue Customer-Relationship-Management-Systeme (CRM) für eine 360-Grad-Sicht auf den Kunden wesentlich dazu beitragen, die Vertriebszeit der Vermittler zu optimieren. Sie bieten zudem die Chance, möglichen Lücken bei der Bestandsbetreuung entgegenzuwirken und Kunden bedarfsgerechter zu betreuen.
Die Versicherer werden die digitale Transformation des Exklusivvertriebs auch in Zukunft vorantreiben und weiter an technologischen Lösungen für die Beratung und Abschlüsse arbeiten. Neben dem Ausbau der Omnikanalfähigkeit dürfte dabei insbesondere die Nutzung moderner Datenanalysen (Big Data) für den Vertrieb im Vordergrund stehen, um veränderte Kundenwünsche nach individuellen, bedarfsgerechten Produkten und Services zu erfüllen. Infolge der fortschreitenden Digitalisierung dürfte der Exklusivvertrieb auch näher an die Direktvertriebe des Versicherers rücken.
Der Aufbau innovativer Agenturmodelle setzt außerdem neue Skills bei den Vermittlern voraus, die von der Branche durch Qualifizierungsmaßnahmen gefördert sowie bei der Ausbildung und Auswahl neuer Talente berücksichtigt werden sollten.
„Am Anfang der Krise habe ich gedacht, dass es einen Geschäftseinbruch geben wird. Den hat es aber nicht gegeben, ganz im Gegenteil, wir haben unser Geschäft eher gesteigert.“
Der Versicherungsvertrieb in Deutschland ist nach wie vor ein Geschäft von Angesicht zu Angesicht, doch genau das war und ist nicht oder nur in eingeschränkter Form möglich. Die Frage, wie ein erfolgreicher Versicherungsvertrieb künftig aussehen muss, hat durch die Krise noch einmal an Brisanz gewonnen. Welche Vertriebswege haben sich als besonders krisenfest erwiesen? Sind die Portale und Online-Vertriebe die Gewinner der Krise? Was erwarten Kunden von ihrer Versicherung und deren Vertriebspartnern? Diese und weitere Fragen sollen innerhalb der Studie beleuchtet werden.
„Die Befürchtungen, dass die Pandemie zu einem Einbruch des Versicherungsvertriebs führen wird, haben sich nicht bestätigt. Die Branche zählt vielmehr zu den Gewinnern der Krise.“
Die Bearbeitung der Fragestellung erfolgte in fünf Stufen. Zunächst wurden in einer umfassenden Recherche Erkenntnisse zu aktuellen Trends, Themen und Kundenanforderungen bezogen auf den Versicherungsvertrieb zusammengetragen. Anschließend haben wir eine Online-Umfrage unter 1.000 Endkunden durchgeführt und Erwartungen an und Erfahrungen mit dem Vertriebsprozess erhoben. Besonderer Fokus lag auf Veränderungen, die sich im Zuge der Corona-Pandemie in der Interaktion mit dem Versicherer ergeben haben. Die Ergebnisse haben wir dann in einer weiteren Online-Umfrage den Einschätzungen von Vertriebsexperten aus Versicherungsunternehmen gegenübergestellt. In einem vierten Schritt diskutieren wir zentrale Themen und Fragestellungen in leitfadengestützten Tiefeninterviews noch einmal detailliert mit Vorständen und leitenden Vertriebsexperten aus Versicherungsunternehmen. Die Erkenntnisse werden für die verschiedenen Vertriebswege aufbereitet, Handlungsfelder formuliert und aufeinander aufbauend veröffentlicht.