Die Stimme der Experten

19 August, 2019

Zwei E-Sport-Experten im Interview

Jan Dominicus

Stabilität und Nachhaltigkeit im E-Sport schaffen

Interview mit Jan Dominicus, Chief Business Development Officer bei mousesports.

„Unser Headquarter, eine zentrale Anlaufstelle für Spieler, Fans, Partner und Mitarbeiter, ist eine Säule für die Zukunft von E-Sport-Organisationen. Mithilfe eines Kompetenzzentrums wollen wir unseren Spielern zukünftig die Möglichkeit der Ausbildung und der Karrieregestaltung im E-Sport bieten.“

Jan Dominicus,Chief Business Development Officer bei mousesports
Marco Harfmann

E-Sport in Österreich: Gekommen, um zu bleiben

Interview mit Marco Harfmann, Werbeleiter bei A1.

„Der österreichische E-Sport-Markt ist noch lange nicht gesättigt. Durch Investments in den Markt kann die gesamte Community strukturierter und schneller wachsen. Hier würden vor allem direkte Investitionen in die österreichischen Organisationen und Vereine einen großen Beitrag liefern [...].“

Marco Harfmann,Werbeleiter bei A1

Interview mit Jan Dominicus, Chief Business Development Officer bei mousesports

Wir freuen uns, dieses Jahr ein Interview mit mousesports durchzuführen. Mit eurer Gründung im Jahr 2002 seid ihr eine der ältesten E-Sport-Organisationen, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit, und habt Teams in einer Vielzahl unterschiedlicher E-Sport-Titel. Wie viele E-Sportler beschäftigt mousesports zurzeit und welche E-Sport-Titel deckt ihr ab? Und was unterscheidet euch als E-Sport-Organisation von der inzwischen Vielzahl an anderen Teams?

Aktuell sind bei mousesports knapp 30 professionelle Spieler in den verschiedensten E-Sport-Titeln beschäftigt. Counter-Strike ist unsere DNA; mit dem Titel haben wir 2002 begonnen und zählen seitdem zur Weltspitze. Unser League-of-Legends-Team ist zudem vor Kurzem Deutscher Meister geworden.  mousesports ist auf internationalem Topniveau eines der wenigen organisch gewachsenen Teams. Wir sind aus dem Zusammenschluss von fünf ambitionierten Spielern entstanden und mit der Unterstützung unserer Community seit über 17 Jahren gewachsen. Im Vergleich zu anderen E-Sport-Teams, die sich vor allem als Marketinginstrument verstehen, ist mousesports ein Produkt der deutschen E-Sport-Gemeinschaft. Für mousesports zu spielen war schon immer etwas Besonderes für jeden deutschen Gamer.

Das mousesports Counter-Strike-Team in Hamburg an der Elbe im Mai 2019

Das mousesports Counter-Strike-Team in Hamburg an der Elbe im Mai 2019.

In den letzten Jahren hat E-Sport immer mehr Zuschauer gewonnen und Medienaufmerksamkeit bekommen. Für viele ist E-Sport neu, obwohl E-Sport an sich schon seit Jahrzehnten existiert. Wie würdet ihr die Entwicklung der E-Sport-Szene in Deutschland in den letzten Jahren charakterisieren? Wie professionell ist die Szene bereits und wo seht ihr noch Luft nach oben?

Die E-Sport-Szene in Deutschland hat sich extrem professionalisiert. Hier profitiert man von einer großen Anzahl auch international starker Player und großer Expertise. Durch die Electronic Sports League (ESL) auf Veranstalterseite, SK Gaming und mousesports als Teams, aber auch durch Agenturen wie Jung von Matt/Sports haben wir in Deutschland Vorreiter auf ihrem Gebiet, die den E-Sport maßgeblich geprägt haben. Dazu gibt es mit dem E-Sport-Bund Deutschland (ESBD) einen sehr engagierten Verband, der wichtige Themen – auch in der Politik – voranbringt. Darüber hinaus spielt der Wandel in der Berichterstattung eine große Rolle: Immer mehr Mainstreammedien entdecken E-Sport für sich, was wiederum für ein wachsendes Interesse in der Gesellschaft sorgt.

Potenzial ist jedoch in allen Bereichen vorhanden. E-Sport steckt noch immer in den Kinderschuhen und fängt gerade an, erwachsen zu werden. Auf sportlicher Ebene können wir an vielen Stellen für Verbesserungen sorgen. Da setzen wir mit unserem neuen Headquarter an und werden unseren Spielern eine neue, ganzheitliche Betreuung bieten. Wirtschaftlich betrachtet müssen wir parallel neue Wege finden, um unsere Assets noch besser einzusetzen. Aktuell dreht sich alles um die Events, wir wollen aber unsere Spieler 365 Tage im Jahr in den Mittelpunkt stellen und viel mehr Inhalte erstellen, um die Fans noch stärker an mousesports zu binden.

Die E-Sport-Branche wächst rasant und dynamisch. Dies führt dazu, dass Organisationen entsprechend agil reagieren müssen. Was sind zurzeit die größten Herausforderungen für mousesports und wie bewältigt ihr diese?

Wichtig ist für uns eine strukturelle Entwicklung. Unsere Branche wächst wie gesagt in wahnsinnigem Tempo und wir brauchen ständig neue Expertise in verschiedenen Bereichen. Als Unternehmen mit den täglich neuen Herausforderungen zu wachsen ist daher essenziell für uns.

Die Konkurrenz ist für uns in jeder Hinsicht enorm. National wie auch international kommen immer neue Teams hinzu, viele von ihnen werden von großen Investoren unterstützt. Wir haben den Anspruch, in der Weltspitze mitzuhalten und zugleich die Wirtschaftlichkeit nicht aus den Augen zu verlieren.

Sieg auf der ESL One New York im September 2018 mit 125.000 US Dollar Preisgeld für das mousesports Counter-Strike-Team

Sieg auf der ESL One New York im September 2018 mit 125.000 US Dollar Preisgeld für das mousesports Counter-Strike-Team.

Mit welchen Themen, glaubt ihr, werden sich E-Sport-Organisationen in der Zukunft vermehrt beschäftigen?

Wir haben vorhin von unserem zukünftigen Headquarter gesprochen. Wir stellen zunehmend fest, dass viele Teams beabsichtigen, einen Trainingsort, aber auch einen Anlaufpunkt für E-Sport-Fans zu schaffen. Diese E-Sport-Center werden sicherlich ein Teil der Zukunft für Organisationen sein, denn die Szene hat viel Potenzial, E-Sport näher an den Fan zu bringen und für verschiedenste Akteure greifbarer zu machen.

Ein wichtiger Aspekt der Entwicklung von E-Sport wird vermehrt die Nachhaltigkeit sein. Welche langfristigen Karriereperspektiven werden E-Sportlern bei mousesports aufgezeigt?

Unser Headquarter, eine zentrale Anlaufstelle für Spieler, Fans, Partner und Mitarbeiter, ist eine Säule für die Zukunft von E-Sport-Organisationen. Mithilfe eines Kompetenzzentrums wollen wir unseren Spielern zukünftig die Möglichkeit der Ausbildung und der Karrieregestaltung im E-Sport bieten. Aktuell befinden sich viele Spieler noch in der Schulausbildung oder im Studium; hier setzen wir uns stets dafür ein, dass diese auch weitergeführt und abgeschlossen werden.

Es werden immer mehr E-Sport-Titel entwickelt. Wie und wann entscheidet ihr euch, in einen E-Sport-Titel einzusteigen bzw. wie unterscheidet ihr zwischen Popularität eines Spiels und Nachhaltigkeit eines E-Sport-Titels?

Uns geht es definitiv um die Nachhaltigkeit eines E-Sport-Titels und darum, dass gewisse Rahmenbedingungen erfüllt werden. Ein E-Sport-Titel muss interessant für den Zuschauer sein und klare Perspektiven für Ligen zeigen. Weitere Argumente sind eine starke Playerbase, und dass der Game Publisher alle Akteure des Ökosystems versteht und unterstützt.

Ihr seid nicht umsonst eine der der ältesten E-Sport-Organisationen in Deutschland: Nicht nur der spielerische Erfolg hat euch so weit gebracht, sondern auch eure Fans und eure Interaktion mit ihnen. Welche Entwicklung hat eure Fan Base in den letzten Jahren durchlaufen?

Wie schon anfangs erwähnt, ist mousesports durch die Unterstützung der Community entstanden und organisch gewachsen. Unsere Fans fühlen sich wie ein wesentlicher Bestandteil von mousesports. Ein schönes Beispiel dafür ist der mousesports-Fanclub, der in einer selbst organisierten Fanliga spielt. Den Fanclub haben wir offiziell eingeladen, um das Finale gemeinsam mit einem Coach in unseren Räumlichkeiten zu spielen, also genau dort, wo ihre Idole trainieren. 

Mit der wachsenden Zahl an Fans wird die Interaktion tendenziell unpersönlicher. Wie haltet ihr dennoch erfolgreich engen Kontakt bzw. wie erreicht ihr ein echtes Engagement mit den Fans?

Auch wenn das Internet vermeintlich als unpersönlich gilt, pflegen unsere Spieler einen vertrauten und authentischen Kontakt mit unseren Fans. Sie schätzen es, wenn sie in den sozialen Medien direkt Antworten bekommen oder während der Livestreams der Spieler, Fragen zu stellen, die auch in Echtzeit beantwortet werden. Wir wollen trotzdem verstärkt auf Offlineaktivitäten setzen. Aktuell geschieht das etwa bei großen Turnieren im Rahmen von Meet-and-Greets und Signing Sessions. Mit unserem Headquarter schaffen wir neue interaktive Touchpoints für unsere Fans, unter anderen durch Public-Viewing-Events oder den Fanshop. Wir wollen eine Erlebniswelt für die Fans schaffen, denn im E-Sport spielt der Fan die Titel selbst und eine Welt, in der er sich beweisen und wohlfühlen kann, ist ein weiterer Schritt in Richtung nachhaltige E-Sport-Szene.

Signing Session für mousesports-Fans während der ESL One Cologne im Juni 2019.

Signing Session für mousesports-Fans während der ESL One Cologne im Juni 2019.

Herzlichen Dank für deine Zeit, Jan!

Interview mit Marco Harfmann, Werbeleiter bei A1

Ihr seid in erster Linie ein klassisches Unternehmen und Anbieter von Kommunikationslösungen, Unterhaltungsservices und Ähnlichem − wie seid ihr als A1 zum E-Sport gekommen?

Die Digitalisierung in den österreichischen Wohnzimmern schreitet weiter voran. Gaming und E-Sport sind wesentliche Treiber dieser Entwicklung: Nur mit leistungsstarken Internetangeboten, geringen Latenzzeiten und hoher Verfügbarkeit machen Multi-Player-Games wie League of Legends oder andere Titel erst richtig Spaß. Der perfekte Fit für A1 also, weshalb wir das Trendthema E-Sport bereits seit einigen Jahren beobachten. Im Herbst 2017 haben wir uns mit der Gründung der A1 eSports League Austria für den Einstieg in den Markt entschieden und seitdem immer wieder Meilensteine wie beispielsweise die A1 eSports Hubs oder eigens produzierten Content für A1 TV und A1now.tv (unsere Video-on-Demand-Plattform) gesetzt. Auch die A1 eSports League Austria entwickelt sich von Jahr zu Jahr weiter und wächst rasant. 

Im Dezember 2018 wurde in Wien der erste A1 eSports Hub S64 als Trainingszentrum mit modernster Hardware sowie einem eigenen Streaming-Studio eröffnet. © A1eSports – Gela Rachinger

Im Dezember 2018 wurde in Wien der erste A1 eSports Hub S64 als Trainingszentrum mit modernster Hardware sowie einem eigenen Streaming-Studio eröffnet. © A1eSports – Gela Rachinger

Und wie sieht euer E-Sport-Involvement, wie beispielsweise die A1 eSports League Austria, im Detail aus? Welches Ziel verfolgt ihr mit den Gaming-Hubs?

Durch den Start der A1 eSports League Austria im Herbst 2017 hat A1 das Trendthema E-Sport auch in Österreich in den Fokus gerückt. Aktuell geht man von rund 38.000 aktiven E-Sportlern in Österreich aus und rund weiteren 600.000 E-Sport-Enthusiasten, die ihre Teams online, vor Ort oder auch am Fernseher anfeuern bzw. selbst bei LAN-Events zum Gamer werden. 

Unter den aktuell drei vorhandenen nationalen Ligen − A1 eSports League, eBundesliga und Esport League Austria vom E-Sport Verband Österreich (ESVÖ) − ist die A1-Liga aktuell die größte E-Sport-Liga in Österreich mit vier Game-Titeln pro Season und insgesamt mehr als 68.000 Euro Preispool allein im Jahr 2019. Unterstützt wird die A1-Liga dabei von namhaften Partnern aus unterschiedlichen Branchen wie HUAWEI, Red Bull, McDelivery, Mercedes-Benz, BAWAG P.S.K. und der ATV-PULS 4-Gruppe. 

Für die stetig wachsende E-Sport-Community in Österreich haben wir 2018 die A1 eSports -Hubs gelauncht. Diese sollen Gamern und E-Sportlern zuallererst als Community-Treffpunkt dienen: In entspannter Atmosphäre kann an High-End-Gaming-Stationen gemeinsam oder gegeneinander gezockt werden. Der gemütliche Loungebereich steht für das Ansehen oder Analysieren von Streams zur Verfügung, ein voll ausgestatteter Streaming-Booth lädt zur Contentproduktion für Twitch, YouTube und Co. ein. Besonders gut eignet sich der Hub als Veranstaltungsort für E-Sport-Events, Turniere oder Workshops. Zwei Hubs wurden bereits in Wien und Dornbirn eröffnet, der nächste Hub folgt in Kürze in Salzburg, Golling. Damit unterstützen wir die lokale E-Sport-Szene bei der Professionalisierung.

Fulminantes Finale der Season 2 der A1 eSports League Austria vor der beeindruckenden Kulisse des Wiener Rathauses bei der GAME CITY 2018. © A1 eSports – Pascal Riesinger PhotoArt

Etablierte Unternehmen spielen eine immer wichtigere Rolle als Treiber der Entwicklung in der E-Sport-Szene. Welche Möglichkeiten seht ihr, abgesehen von Geldern aus Sponsoring und Investments, das E-Sport-Ökosystem nachhaltig zu unterstützen?

Wir sehen es vor allem als unseren Auftrag, der nationalen E-Sport-Szene mit der A1 eSports League Austria eine professionelle Plattform für den E-Sport zu bieten sowie mit den A1 eSports Hubs und der Unterstützung regionaler Events die E-Sport-Infrastruktur in Österreich weiter auszubauen und die Szene zu professionalisieren. Durch den produzierten Content gewinnen wir darüber hinaus mehr Aufmerksamkeit für das Thema in Österreich und tragen zur „Aufklärung“ und Bewusstseinsbildung rund um E-Sport bei, was für eine nachhaltige Verankerung der Szene sehr wichtig ist.

Welcher Mehrwert ergibt sich für Unternehmen aus der Unterstützung des E-Sport-Ökosystems?

Gerade für endemische Brands ergibt sich oftmals eine gute Möglichkeit, Produkte in der relevanten Zielgruppe zu platzieren. Hier ist jedoch eine authentische Integration essenziell. Außerdem kann man sich mit einer Partnerschaft direkt und authentisch in dem wichtigen Jugendsegment positionieren, um die eigene Marke in diesem Segment attraktiv aufzuladen. Es sollte insgesamt um eine nachhaltige und authentische Positionierung in der Community gehen. 

Immer mehr Gamer entscheiden sich für den Schritt zum Profisportler. Aber nicht nur bei den Sportlern, sondern auch im Bereich der Events und Organisationen bilden sich immer professionellere Strukturen heraus. Welche Erfahrung habt ihr in diesem Bereich gemacht? Wie weit ist die Professionalisierung der Szene eurer Meinung nach bereits fortgeschritten?

Seit Herbst 2017 hat sich die E-Sport-Szene in Österreich stark weiterentwickelt: Neue Events sind entstanden, Organisationen wurden gegründet, die Auftritte, Produktionen und Konzepte der Community werden immer professioneller. Seit 2018 gibt es auch einen eigenen B2B-eSport-Summit, den eSport Summit powered by A1, der auch 2019 wieder bei uns im A1 Headquarter stattfinden wird. Auch hier tut sich in Österreich extrem viel und es werden laufend vielversprechende Zukunftstrends rund um die Themen E-Sport und Gaming diskutiert und evaluiert. 

Bei den Teams sehen wir Professionalisierung durch den Einstieg von Teamsponsoren oder Teampartnern wie beispielsweise Willhaben Österreich mit den Tickling Tentacles Willhaben, Internorm mit Alpaka Esports oder die Agentur LimeSoda mit Austrian Force eSports. Dennoch gibt es auch hier noch großes Potenzial im Vergleich zum internationalen Status quo.

1.350 eSports Enthusiasten fieberten beim Rise of the Legends Finale der A1 eSports League Austria im Juni 2019 im Wiener Gasometer mit. © David Ihl

1.350 E-Sport Enthusiasten fieberten beim Rise of the Legends Finale der A1 eSports League Austria im Juni 2019 im Wiener Gasometer mit. © David Ihl

Was wird seitens der verschiedenen Akteure noch benötigt, zum Beispiel im Hinblick auf die Regierung, die E-Sport-Organisationen etc.? 

Der österreichische E-Sport-Markt ist noch lange nicht gesättigt. Durch Investments in den Markt kann die gesamte Community strukturierter und schneller wachsen. Hier würden vor allem direkte Investitionen in die österreichischen Organisationen und Vereine einen großen Beitrag liefern, damit auch österreichischen Profispieler hierzulande unter Vertrag genommen werden können und eine Abwanderung in andere E-Sport-Märkte hinfällig wird. 

Auch die Wahrnehmung von E-Sport in der Bevölkerung ist noch nicht ausgeprägt und es bedarf der Aufklärung über das Trendphänomen E-Sport. Denn E-Sport ist nach Österreich gekommen, um zu bleiben.

Vielen Dank für das Gespräch, Marco, und einen besonderen Dank an die E-Sport-Experten bei A1, Irina Kuntze, Andreas Berlinger & Peter Schafflechner!

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Werner Ballhaus

Werner Ballhaus

Global Entertainment & Media Sector Leader und Leiter Technologie, Medien, Telekommunikation, PwC Germany

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Niklas  Wilke

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