25 Oktober, 2018
Von Eva von Haebler. Einnahmequellen im Hörfunkmarkt sind im Wesentlichen die Rundfunkbeiträge der öffentlich-rechtlichen Radiosender und Werbeerlöse der privaten Hörfunkbetreiber. Bisher dominiert die Übertragungstechnik UKW, doch gewinnen der digitale Rundfunk und die mobile Internetanbindung an Bedeutung.
„Radio hat das Vertrauen der Hörer“, sagt Lutz Kuckuck, Geschäftsführer der Radiozentrale. So wundert es nicht, dass das Radio 2017 das mit Abstand wachstumsstärkste Massenmedium war. Die Studie ma 2018 Radio I der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e.V. zur Reichweite von Radio ermittelte, dass 77,6 Prozent aller deutschsprachigen Personen ab 14 Jahre täglich Radio hören. Außerdem fand sie heraus, dass die tägliche Verweildauer der Hörer über vier Stunden (247 Minuten) beträgt und konstant auf hohem Niveau ist. Gerade die Verweildauer macht das Medium Radio interessant für die Werbebranche.
2017 war ein erfolgreiches Jahr für den deutschen Hörfunkmarkt. Insgesamt sind die Einnahmen gegenüber dem Vorjahr um 1 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro gestiegen. Eine anhaltend positive Entwicklung zeigten dabei die Werbeeinnahmen. Ihr Anteil an den Gesamteinnahmen der Radiobranche erhöhte sich um 0,5 Prozent auf 23,1 Prozent. Insgesamt stiegen sie um 3,2 Prozent und lagen 2017 bei 813 Millionen Euro. Auch die Einnahmen aus der traditionellen Radiowerbung konnten noch einmal gegenüber dem Vorjahr um 2,2 Prozent gesteigert werden.
Wie auch der Trend im Vorjahr schon zeigte, entwickelten sich die Onlinewerbeeinnahmen weiterhin positiv und stiegen um 38,1 Prozent auf 29 Millionen Euro. Ihr Anteil an den Gesamtwerbeeinnahmen ist zwar immer noch relativ gering, entwickelt sich aber stetig positiv. Er stieg von 2,7 Prozent im Jahr 2016 auf nunmehr 3,7 Prozent 2017 an.
Mit mehr als 75 Prozent machen weiterhin die Einnahmen aus den Rundfunkgebühren den bedeutendsten Anteil der Radioeinnahmen aus.
Waren sie 2016 noch leicht rückläufig (Minus 1,9 Prozent), so entwickelten sie sich 2017 positiv und lagen um 0,1 Prozent (Plus 4 Millionen Euro) mit 2,7 Milliarden Euro leicht über denen des Vorjahres.
Auch die Podcast-Werbeeinnahmen entwickelten sich im Jahr 2017 positiv und stiegen gegenüber 2016 um 81,6 Prozent auf 15 Millionen Euro.
Wichtige Trends zeichnen sich bei der DAB+-Technologie sowie dem Webradio und weiteren Onlineaudioangeboten ab. Auch bei den Podcasts sehen wir Entwicklungspotenzial.
Der Jahresbericht 2017 des Verbandes Privater Medien e.V. (VAUNET) zeigt, dass die Ultrakurzwelle (UKW) unverändert der wichtigste Übertragungsweg für Radio in Deutschland ist. 92,9 Prozent der Haushalte nutzen die analoge Terrestrik für ihren Radioempfang. Obwohl das Digital Audio Broadcasting (DAB+) eine bessere Klangqualität, bessere Empfangssicherheit, multimediale Zusatzinformationen und eine kostengünstigere Verbreitung bei geringem Energieverbrauch verspricht, wird es bisher nur von 15,7 Prozent der Haushalte genutzt. Die Auswertungen haben ergeben, dass für über zwei Drittel der Radio hörenden Personen (48,5 Millionen) in Deutschland UKW immer noch die meistgenutzte Radioempfangsart bildet. Von den rund 11 Millionen Personen, die Zugang zu DAB+-Geräten haben, ist nur für weniger als ein Drittel (3,5 Millionen Personen) DAB+ die bevorzugte Empfangsart. Zwar stieg die DAB+-Nutzung gegenüber dem Vorjahr leicht an, jedoch nicht in dem Maße wie erwartet.
Verteilung der Radioübertragungswege
Ohne staatlichen Eingriff bleibt noch jahrelang alles beim Alten
Zwar haben sich bereits einige Anbieter im Digitalradio etabliert und werden auch von den Besitzern digitaler Empfangsgeräte gehört, doch ohne staatlichen Eingriff in den Markt wird die Dominanz der UKW-Sendermarken vorläufig bestehen bleiben. Viele Anbieter halten sich daher bei der Umstellung auf Digitalradio eher zurück. Da die Reichweiten von UKW weiterhin hoch sind, besteht keine Notwendigkeit, das Programm auch digital-terrestrisch zur Verfügung zu stellen. Für die Zukunft wird ein entscheidender Faktor die Stärke der Sendermarke sein, die dann über Erfolg und Misserfolg entscheidet.
Ein Ausschuss des EU-Parlaments votierte unlängst dafür, eine DAB/DAB+-Pflicht in Neuwagen einzuführen. So soll jedes in der EU verkaufte Fahrzeug zukünftig ab Werk Zugang zu DAB/DAB+ haben. Ursprünglich sollte die DAB+-Pflicht für alle Radiogeräte gelten, nun soll die Richtlinie nur auf Autoradios Anwendung finden. Im Handel werden weiterhin auch analoge UKW-Empfänger angeboten. Sollte diese Richtlinie vom EU-Parlament abgesegnet werden, wäre dies dennoch ein wichtiger Schritt für die Durchsetzung des Digitalradios.
Abschaltung von UKW ist vor erst vom Tisch
Im Rahmen des Verkaufs des UKW-Antennennetzes durch die Media Broadcast kam es zu Unstimmigkeiten, die jedoch ausgeräumt werden konnten, nachdem Politik und Bundesnetzagentur sich eingeschaltet hatten, um eine Abschaltung des UKW-Netzes zu verhindern.
Am 19. Juni 2018 gab die Bundesnetzagentur bekannt, dass sich die Vertragsparteien bezüglich der Kosten von UKW auf Eckpunkte für eine vertragliche Lösung geeinigt hätten. Sendenetzbetreiber und Antennenbesitzer unterzeichneten eine entsprechende Einigung. Alle Beteiligten (Antenneneigner, Sendenetzbetreiber und Programmveranstalter, das heißt private und öffentlich-rechtliche Radioanbieter) bewegten sich folglich aufeinander zu, um langfristig ein UKW-Betreibermodell sicherzustellen. So müssen die Hörer vorerst keine Abschaltung befürchten.
Laut VAUNET-Jahresbericht 2017 wird der Radio- und Musikkonsum der Onlineaudionutzer in Deutschland weiterhin wachsen und immer häufiger mobil stattfinden. Zwar liegen im Nutzungsspektrum die klassischen Sendermarken vorn, aber die reinen Webradio- und Onlineaudioangebote werden ebenfalls beliebter. On-demand-Angebote wie Podcasts erschließen zusätzliche Nutzungssituationen. Sprachgesteuerte Audioplattformen könnten zukünftig die Auffindbarkeit und den Zugang zu Audioinhalten verändern.
So wird auch zukünftig die Radiobranche als eine der klassischen Mediengattungen von der Digitalisierung nachhaltig profitieren. Denn das Radio ist heutzutage so vielseitig wie nie zuvor. „Die zunehmende Digitalisierung liefert neue werberelevante Touchpoints, auch und vor allem für junge Zielgruppen. Der Markt hat dieses Potenzial erkannt und investiert folgerichtig verstärkt in Audiowerbung“, so der Geschäftsführer der Radiozentrale Lutz Kuckuck.
Podcasts
Podcasts werden auch in Deutschland immer beliebter und das Angebot immer vielfältiger und attraktiver. Die Hörer profitieren von der Bündelung und Strukturierung der Audioinhalte nach speziellen Themen; den Zugang erleichtern die Vielfalt der empfangsfähigen Endgeräte und die schnelle Marktdurchdringung neuer Devices. Auch der weitere Ausbau der Distributions- und Zugangswege, wie zum Beispiel von Mediatheken, Apps und Streamingdiensten und die wachsende mobile Nutzung wirken sich positiv aus.
Podcasts dürften zukünftig auch für den Werbemarkt interessanter werden, denn es handelt sich um Formate, die unabhängig von traditionellen Radioanbietern auf dem Markt Verwendung finden. So können zum Beispiel Verlage mit Podcasts neue und jüngere Zielgruppen erreichen. Bisher steckt die Podcastvermarktung im deutschen Werbemarkt noch in den Anfängen, die Entwicklung in den USA zeigt allerdings, dass in diesem Geschäftsfeld ein großes Potenzial schlummert.
Für 2018 erwarten wir eine positive Entwicklung der Radio- und Podcasteinnahmen, für die Jahre 2018 bis 2022 insgesamt ein durchschnittliches Marktwachstum von 2,1 Prozent, das die Gesamtumsätze auf dem Radiomarkt von 3,6 Milliarden Euro im Jahr 2018 auf 3,9 Milliarden Euro 2022 ansteigen lässt.
Umsatzentwicklung des Radiomarktes
Werbung
Die Werbeeinnahmen werden 2018 voraussichtlich um insgesamt 3,2 Prozent wachsen, sodass 2018 839 Millionen Euro mit Radiowerbung umgesetzt werden. Im traditionellen Werbemarkt erwarten wir ein Wachstum von 2 Prozent, im Onlinebereich 34,5 Prozent.
Bis 2022 werden die Einnahmen aus der traditionellen Radiowerbung auf 862 Millionen Euro steigen.
Dies entspricht einem durchschnittlichen Wachstum von 1,9 Prozent. Die Onlinewerbeeinnahmen werden durchschnittlich um 22,3 Prozent auf 79 Millionen Euro im Jahr 2022 anwachsen.
Rundfunkbeiträge
Aufgrund des erwarteten leichten Anstiegs der Anzahl der Haushalte (Plus 0,2 Millionen) rechnen wir für die Jahre 2018 bis 2020 mit einem geringfügigen Anstieg der Einnahmen aus Rundfunkbeiträgen von 0,1 Prozent pro Jahr (Plus 4 Millionen Euro). Nach unseren Einschätzungen wird der Rundfunkbeitrag, den das Bundesverfassungsgericht jüngst als verfassungskonform bestätigt hat, ab dem Jahr 2021 um 1,30 Euro pro Monat erhöht werden, sodass unter der Annahme einer nahezu gleichbleibenden Anzahl der Haushalte die Einnahmen aus den Rundfunkgebühren im Jahr 2021 auf 2,9 Milliarden Euro steigen werden.
Podcast
Obwohl die Werbeeinnahmen im Podcastbereich mit 0,4 Prozent den geringsten Anteil an den Gesamteinnahmen im Hörfunkbereich haben, prognostizieren wir für 2018 ein Wachstum von 62,1 Prozent auf 25 Millionen Euro. Im Jahr 2022 erwarten wir Werbeeinnahmen in Höhe von 67 Millionen Euro, was einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 34,5 Prozent für die Jahre 2018 bis 2022 entspricht.
Die detaillierten Zahlen des German Entertainment & Media Outlook 2018 - 2022 finden Sie hier.