25 Oktober, 2018
Von Patricia Römeth. Die Zeitungsverlage erzielen ihren Umsatz einerseits im klassischen Zeitungsgeschäft und andererseits im digitalen Bereich. Die Umsätze im klassischen Zeitungsgeschäft umfassen die Werbeerlöse von Zeitungen und deren Beilagen sowie Vertriebserlöse aus dem Zeitungsverkauf und aus elektronischen Geschäftsfeldern. Digitale Erlöse erzielen die Verlage mit dem elektronischen Vertrieb von Zeitungen und durch einzelne Artikel, die über das Internet vertrieben werden. Darüber hinaus generieren sie die Erlöse aus der Werbeplatzvermarktung in ihren Internetportalen.
Der deutsche Zeitungsmarkt ist nach wie vor der größte Zeitungsmarkt Europas. Im weltweiten Vergleich rangierte er im Jahr 2017 – wie auch schon 2016 – auf Platz fünf. Den größten Zeitungsmarkt hat die Volksrepublik China, gefolgt von Indien, Japan und den USA. Hinsichtlich der Händlerdichte ist Deutschland im weltweiten Vergleich weiterhin führend. Im Jahr 2017 kamen auf 1.000 Einwohner 1,3 Einzelhändler, die Tageszeitungen verkaufen, wie der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) meldete.
Der deutsche Zeitungsmarkt zeichnet sich durch seine große Vielfalt und das breite Angebot an lokalen und regionalen Zeitungen aus. 2017 umfasste er 327 Tageszeitungen mit einer Gesamtauflage von 14,7 Millionen. Laut BDZV konnten die Leser zwischen 312 lokalen und regionalen Abonnementzeitungen, 7 überregionalen Zeitungen und 8 Straßenverkaufszeitungen wählen. Darüber hinaus gab es insgesamt 21 Wochenzeitungen mit einer Auflage von 1,7 Millionen sowie 6 Sonntagszeitungen mit einer Auflage von 1,9 Millionen. Verglichen mit dem Jahr 2016 ging das Angebot an Tageszeitungen 2017 leicht zurück. 2016 wurden 333 Tageszeitungstitel mit einer Auflage von 15,3 Millionen produziert, somit sank im Vergleich zu 2017 die Auflage um 0,6 Millionen. Die Anzahl der Wochenzeitungen belief sich 2016 auf 22, mit einer Auflage von 1,7 Millionen. Die Leser konnten 2016 im Vergleich zu 2017 unverändert zwischen 6 Sonntagszeitungen wählen. 2016 belief sich die Auflage noch auf 2,1 Millionen.
Der Umsatz aus dem Vertrieb sowie aus Anzeigen und Beilagen belief sich 2016 auf 7,6 Milliarden Euro. Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen den Umsatzerlösen aus dem Vertrieb einerseits und dem Anzeigengeschäft andererseits stellt der BDZV fest, dass sich das Verhältnis der Umsätze infolge der starken Wirtschafts- und Werbekrise zu Beginn des 21. Jahrhunderts in den Jahren 2001 bis 2003 grundlegend geändert hat. Zuvor machten die Anzeigenerlöse zwei Drittel der Umsatzerlöse aus und ein Drittel wurde durch den Verkauf der Zeitungen erwirtschaftet. Dieses Verhältnis hat sich in den letzten Jahren umgekehrt. Grund hierfür sind die tief greifenden strukturellen Veränderungen in der Zeitungsbranche.
Das Onlineangebot der Zeitungen in Deutschland ist 2017 auf 698 Titel gestiegen. 2016 hatte das Onlineangebot deutscher Zeitungen 692 Titel betragen. Der Onlinebereich gewann damit weiter an Bedeutung. 2017 boten zwei Drittel der deutschen Zeitungen ihre Ausgabe auch als E-Paper an. Die verkaufte Auflage von Zeitungen im E-Paper-Format hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Die bei der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern gemeldeten Titel zeigen eine deutliche Steigerung der Quartalsauflagen: Im zweiten Quartal 2016 betrug die Auflage 977.156 und im zweiten Quartal 2017 bereits 1.207.122. Zudem besteht ein breites Angebot an Apps, über die sich die Leser mit Neuigkeiten versorgen können. 2017 beziffert der BDZV die Zahl der Zeitungs-Apps auf 600.
Die Verschiebung von der klassischen gedruckten Zeitung hin zu den digitalen Angeboten setzt sich fort. Während die Printmedien stark rückläufig sind, gewinnen die Internet- und App-Angebote an Reichweite. Rund 38,7 Millionen sogenannte Unique User über 14 Jahren rufen mittlerweile Zeitungsinhalte im Internet auf. Das sind 3,2 Millionen mehr als im Jahr 2016. Bei den Apps sind es weitere 11,5 Millionen Nutzer, die von unterwegs aus mindestens einmal pro Woche via Smartphone- oder Tablet-App bzw. über eine mobile Webseite auf die Inhalte der Verlage zugreifen. Zum Vergleich: 2016 gab es laut BDZV erst 10 Millionen mobile Nutzer.
Im Unterschied zu den Werbeerlösen blieben die Vertriebserlöse 2017 nahezu konstant: Sie betrugen wie im Vorjahr 4,9 Milliarden Euro (Print: 4,6 Milliarden Euro in 2016, digital: 249 Millionen Euro in 2016), während die Werbeerlöse der Tages- und Wochenzeitungen weiter von fast 3 Milliarden Euro (Print: 2,7 Millionen Euro, digital: 288 Millionen Euro) auf 2,8 Milliarden Euro (Print: 2,5 Milliarden Euro, digital: 307 Millionen Euro) sanken. Insgesamt verzeichnete der Zeitungsmarkt damit einen leichten Rückgang von 0,9 Prozent.
Für das Jahr 2018 sind in der Zeitungsbranche insbesondere die folgenden drei Trends wichtig: zukunftsorientierte Organisation, Paid-Content-Angebote und 360-Grad-Marketing. Der Megatrend Digitalisierung bewirkt eine grundlegende Veränderung der Organisationsstrukturen der Zeitungsverlage. Zudem setzten diese weiterhin auf Paid Content und wollen dieses Angebot in Zukunft ausbauen. Darüber hinaus wandeln sich die Verlage zunehmend zu Werbeagenturen ähnlichen Anbietern eines umfassenden 360-Grad-Marketings.
Die Zeitungsverlage stehen im Jahr 2018 vor strukturellen Veränderungen. Insgesamt gaben 69 Prozent von ihnen in einer Trendumfrage des BDZV an, strukturelle Veränderungen geplant zu haben. Die Integration der Bereiche Print und Digital spielt dabei eine zentrale Rolle. So sind etwa bei knapp der Hälfte der Verlage diese beiden Bereiche in den Redaktionen integriert. Derartige strukturelle Veränderungen werden vom Innovationsmanagement vorgegeben, das in 75 Prozent der Verlage organisatorisch als eigener Stabsbereich unmittelbar an die Geschäftsführung angegliedert ist.
Die Südwestdeutsche Medienholding, die Herausgeberin der Süddeutschen Zeitung sowie der Stuttgarter Zeitung beschäftigt seit 2015 für die Themen Strategie und Innovation ein eigenes Team von Mitarbeitern. Darüber hinaus sehen die Verlage wichtige organisatorische Themen im War for Talents, im Diversity-Management und in der Kooperation mit Startups. Hinsichtlich der Findung qualifizierter Mitarbeiter für den Digitalbereich gaben laut BDZV 94 Prozent der Verlage an, dies sei eine große Herausforderung für sie. Das Diversity-Management bewerten 55 Prozent der Verlage als Schlüssel zu besseren Ergebnissen aufgrund einer heterogenen Teamstruktur. Darüber hinaus betrachten 44 Prozent Kooperationen mit Startups als wichtigen Baustein einer auf die Zukunft ausgerichteten Organisation. Ein Beispiel hierfür ist die Kooperation zwischen der Süddeutschen Zeitung und dem Münchener Startup Bohème Digital für Location-based Media. Das Unternehmen Bohème Digital betreibt die Bohème-App, mit der die Nutzer bestimmte Zeitungen und Zeitschriften digital nur dann lesen können, wenn sie sich in teilnehmenden Lokalitäten aufhalten. Das Konzept ähnelt dem des klassischen Lesezirkels, mit dem Unterschied, dass die Nutzer die Zeitungs- und Zeitschriftenseiten digital auf einem mobilen Endgerät aufrufen.
Das Paid-Content-Angebot spielt für die Verlage ebenfalls eine wichtige Rolle. Beim Paid Content handelt es sich um ein Modell, bei dem der Leser für den Zugriff auf Onlineangebote generell oder teilweise bezahlt. Laut einer BDZV-Analyse umfasste im Jahr 2017 das Paid-Content-Angebot der Zeitungen in Deutschland 205 Portale. Im Jahr 2017 konnten mit Paid Content im Zeitungsmarkt laut Pv Digest bereits über 220 Millionen Euro Erlöse generiert werden. Bei den Bezahlmodellen für Paid Content werden vier Modelle unterschieden: Die „harte Bezahlschranke“ gewährt ausschließlich zahlenden Abonnenten Zugriff auf das Onlineangebot einer Zeitung. Dies ist das restriktivste Bezahlmodell; es wird von 9 Prozent der Verlage genutzt, darunter zum Beispiel die Braunschweiger Zeitung sowie die Funke Medien Gruppe. Letztere gab im September 2018 bekannt, für alle Regionalzeitungen eine Bezahlschranke errichten zu wollen.
Mit einem Anteil von 68 Prozent nutzt der Großteil der Zeitungen das Freemium-Bezahlmodell, das darauf beruht, dass für relevanten Content bezahlt werden muss, während andere Inhalte kostenlos zur Verfügung stehen.
Die Annahme hierbei ist, dass die Nutzer bereit sind, für exklusive Inhalte zu bezahlen. Beispiele für Zeitungen, die das Freemium-Modell nutzen, sind Bild, Frankfurter Allgemeine Zeitung und Handelsblatt. Das Metered-Bezahlmodell verwenden 22 Prozent der Zeitungen. Hier kann der Nutzer eine bestimmte Zahl von Artikeln kostenlos lesen, die weitere Nutzung setzt dann aber ein kostenpflichtiges Abonnement voraus. Das Metered-Bezahlmodell wird zum Beispiel von der Münsterschen Zeitung verwendet. Am seltensten ist das Spendenmodell, das es dem Leser freistellt, ob überhaupt und wenn ja, in welcher Höhe er für das Onlineangebot der Zeitung bezahlen will. Dieses Modell nutzt etwa die taz.
Fast alle Zeitungsverlage, nämlich 99 Prozent, wollen ihr Bezahlmodell beibehalten, verändern oder aufbauen. Lediglich 1 Prozent ist nicht vom eigenen Bezahlmodell überzeugt und will es abbauen. Zudem messen die Zeitungsverlage dem Ausbau weiterer Paid-Content-Angebote eine hohe bis existenzielle Bedeutung zu. Für 2018 streben sie deshalb eine Optimierung ihrer Paid-Content-Angebote an. Knapp die Hälfte der Zeitungsverlage setzt auf eine Verbesserung mittels Verschärfung der Regeln für das Bezahlmodell. In der Ausweitung des Paid-Content-Angebots sehen 45 Prozent Verbesserungspotenzial. 43 Prozent der Zeitungsverlage meinen, eine Optimierung sei durch die Differenzierung der Preise nach Zielgruppen zu erreichen. Insgesamt gesehen setzen die Zeitungsverlage auf Paid Content. Was wird den Erfolg von Paid-Content-Angeboten in Zukunft ausmachen? Diese Frage stellten die Medienberatung Schickler und der BDZV im Rahmen einer Trendumfrage den Geschäftsführern der Zeitungsverlage. Die häufigsten Antworten lauteten: exklusive Inhalte, gefolgt von Regionalisierung und Aktualität.
68 Prozent der Geschäftsführer sehen den Haupttreiber in der Exklusivität der Paid-Content-Angebote. Ein wichtiger Punkt dabei ist die lokale Berichterstattung.
Darüber hinaus sind 63 Prozent der Geschäftsführer von der Wichtigkeit einer Regionalisierung für den Erfolg von Paid Content überzeugt, vor allem etwa durch die Einbettung überregionaler Neuigkeiten in den regionalen Kontext. Knapp über die Hälfte der Befragten sieht in der Aktualität der Paid-Content-Beiträge einen Erfolgsfaktor. Die Zeitungsverlage setzen auf eine zeitnahe Aktualisierung der Paid-Content-Artikel. Darüber hinaus werden Liveticker eingerichtet sowie Vorabkurzmeldungen an die Abonnenten versendet. Die Leser werden somit stets auf dem Laufenden gehalten.
Die Digitalisierung eröffnete in den letzten Jahren neue Kommunikationskanäle wie Social Media und Newsletter. Die klassischen Printanzeigen sind für die Werbetreibenden längst nicht mehr die einzige Möglichkeit, über das Medium Zeitung mit ihren Kunden zu kommunizieren. Die Zeitungsverlage haben ihre Angebote für Werbetreibende in den letzten Jahren beständig ausgebaut. Laut der Trendumfrage des BDZV schätzen 63 Prozent der Zeitungsverlage die Diversifikation des Marketings als wichtig bis existenznotwendig ein. Als noch wichtiger wird das 360-Grad-Marketing bewertet. Dieses hat für
76 Prozent der Zeitungsverlage eine hohe bis existenzielle Bedeutung. Der Trend geht also erkennbar hin zu dieser Form der Vermarktung: Die Zeitungsverlage bieten eine breite Palette an Angeboten für Werbetreibende und eröffnen Unternehmen zahlreiche Möglichkeiten, Werbung auf den verschiedenen Zeitungskanälen zu schalten.
Ein Teil der Vermarktung entfällt weiterhin auf klassische Printanzeigen, Direktmarketing und Messen. Darüber hinaus bedienen die Zeitungsverlage aber auch den Social-Media-Kanal und bieten die Erstellung von Apps sowie Corporate Publishing an.
Angesichts der Tatsache, dass der Übergang hin zu digitalen Angeboten langsamer verläuft als erwartet, wird das nach wie vor deutlich geringere Volumen des Digitalgeschäfts die Erlösrückgänge im Printgeschäft auch in den nächsten Jahren nicht ausgleichen können. Vor diesem Hintergrund prognostizieren wir bis 2022 eine weiterhin leicht rückläufige Entwicklung des gesamten Zeitungsmarktes um durchschnittlich 1,1 Prozent pro Jahr. Wir erwarten, dass sich der Gesamtmarkt für Zeitungen nach rückläufigen Entwicklungen in den vergangenen Jahren und im Prognosezeitraum bis 2022 bei 7,4 Milliarden Euro belaufen wird.
Umsatzentwicklung des Zeitungsmarktes
Die verkauften Stückzahlen der Printauflagen der Zeitungen in Deutschland waren in den letzten Jahren, einschließlich 2017, über alle Zeitungsarten hinweg rückläufig. Dieser Trend wird in den nächsten Jahren – gleichwohl abgeschwächt bei den Tageszeitungen – weiter anhalten. Die Vertriebserlöse im Printbereich werden bis 2022 mit einem durchschnittlichen jährlichen Rückgang von 0,9 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro sinken. Die digitalen Vertriebserlöse hingegen werden bis 2022 voraussichtlich um 7,4 Prozent auf 466 Millionen Euro steigen.
Vertriebserlöse von 2013 bis 2022
Dabei verläuft der Übergang von den Print- zu den Digitalprodukten im Vergleich zur Prognose des letztjährigen German Entertainment and Media Outlook langsamer als bislang erwartet. Das dennoch starke Wachstum der digitalen Vertriebserlöse lässt sich zum einen auf die steigende Dynamik der Paid-Content-Angebote infolge der Implementierung verschiedener Bezahlmodelle zurückführen. Zum anderen steigt aufgrund der zunehmenden Verbreitung kostenpflichtiger Inhalte die Akzeptanz für solche Bezahlmodelle aufseiten der Kunden. Dennoch gaben in einer Studie zur Digitalisierung der Medien des Branchenverbands Bitkom fast drei Viertel der Befragten an, dass ihre fehlende Zahlungsbereitschaft im vergangenen Jahr hauptsächlich auf die ausreichend vorhandenen kostenfreien Alternativen im Internet zurückzuführen sei.
Die Verlagerung von Werbebudgets ins Internet hat auch im Jahr 2018 positive Effekte, auf die Werbeerlöse und für die nächsten vier Jahre werden hier jährliche Wachstumsraten von durchschnittlich 4,4 Prozent prognostiziert. Dabei erwarten wir, dass sich der Rückgang der Printwerbeerlöse insgesamt etwas verlangsamt und diese bis 2022 auf 2,1 Milliarden Euro sinken. Die Erlöse aus Onlinewerbung werden im Zeitraum von 2018 bis 2022 mit einem Anstieg von 325 Millionen Euro auf 380 Millionen Euro den Schwund bei den Anzeigenerlösen im Printgeschäft jedoch nur teilweise kompensieren können.
Werbeerlöse von 2013 bis 2022
Die digitalen Werbeerlöse werden eine zunehmend wichtige Erlösquelle darstellen, auch wenn sie die sinkenden Printwerbeerlöse noch nicht ausgleichen. Insgesamt gesehen konnte 2017 im Zeitungsmarkt noch immer keine Erfolgsformel für den Umgang mit der voranschreitenden Digitalisierung gefunden werden.
Die detaillierten Zahlen des German Entertainment & Media Outlook 2018 - 2022 finden Sie hier.