25 Oktober, 2018
Von Jens Weber. Der Virtual-Reality(VR)-Markt setzt sich aus den Umsätzen der Bereiche VR-Videos, VR-Games und VR-Apps zusammen. Die Einnahmen aus dem Bereich VR-Videos umfassen Videoinhalte für 360°-Videos und für Videos, die speziell für VR-Headsets entwickelt wurden sowie Abonnements, Streaminggebühren, Electronic Sell-Through (EST) und physische Verkäufe. Die Einnahmen für VR-Games werden aus Free-to-Play/Mikrotransaktionen, Abonnements, digitalen Transaktionen und physischen Verkäufen generiert. VR-App-Einnahmen stammen aus kostenpflichtigen Apps. Darin eingeschlossen sind Dienstprogramme, Kommunikations-Apps und alle übrigen nicht zu Videos oder Games gehörenden Verbraucher-Apps. Die Erlöse aus dem Vertrieb von Hardware werden in dieser Marktübersicht nicht berücksichtigt.
Durch die Erfindung des Polarisationsfilters ging der amerikanische Wissenschaftler Edwin Land bereits 1932 den ersten Schritt in Richtung VR-Technologie. Noch heute werden Polarisationsfilter genutzt, um in 3-D-Filmen zwei aus verschiedenen Blickwinkeln aufgenommene Bilder zusammenzuführen. Diese Technik ist bei VR-Brillen heutzutage im Einsatz und wird stetig weiterentwickelt und optimiert.
Auch im letzten Jahr zeichnete sich die VR-Branche durch sehr hohe Wachstumsraten aus. Der Gesamtumsatz der deutschen VR-Branche in den Kategorien Videos, Games und Apps stieg von 34 Millionen Euro im Jahr 2016 auf 191 Millionen Euro im Jahr 2017. VR etabliert sich immer mehr durch neue Geräte und Software. Der große Durchbruch lässt jedoch weiter auf sich warten, unter anderem aufgrund der hohen Preise der Endgeräte.
Den höchsten VR-Umsatz 2017 beobachten wir in der Kategorie Games. Dieser beläuft sich auf 112 Millionen Euro und macht somit 58,7 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Im Jahr 2017 wurden viele VR-Games-Titel, beispielsweise Fallout 4 VR, auf den Markt gebracht. Deutschlandweit gab es 2017 zudem bereits 749.000 VR-Geräte in den Haushalten. Durch das Zusammenspiel des Anstiegs dieser sogenannten Installed Base und der neuen Spiele wurde der Umsatz weiterhin angetrieben. Interessant ist hierbei, dass auf dem Markt derzeit viele Exklusivtitel für bestimmte Hardware existieren. Wer also überlegt, ein VR-Gerät zum Spielen zu kaufen, sollte hierbei genau schauen, welche Spiele er spielen will und mit welcher Hardware diese kompatibel sind.
Umsatzentwicklung nach einzelnen Segmenten
Den zweitgrößten Bereich bilden die Umsätze aus VR-Videos. Hier wuchs der Umsatz von 12 Millionen Euro im Jahr 2016 auf 68 Millionen Euro im Jahr 2017.
Der VR-App-Umsatz beläuft sich 2017 auf 11 Millionen Euro und macht somit den kleinsten Teil des Gesamtumsatzes aus. Allerdings weist die kleinste Umsatzquelle das höchste jährliche Wachstum auf, da der App-Umsatz 2016 noch bei lediglich 1 Million Euro lag. Unsere Daten beziehen sich hierbei nur auf den Consumer-App-Umsatz und nicht auf VR-App-Anwendungen auf Unternehmensebene. Beispiele für den Einsatz von VR in Unternehmen sind Hausbesichtigungen im Immobiliengeschäft oder die Entwicklung von Prototypen und neuen Designs in virtuellen Welten, wie Boeing und Airbus es schon praktizieren.
Wichtige Trends in der VR-Branche sind die Entwicklung neuer, verbesserter Hardware sowie der Einsatz von VR im Bildungssektor. Neu ist auch die deutschlandweite Eröffnung von Virtual-Reality-Spielhallen.
Die Auswahl an VR-Brillen wird immer größer und die Zahl der Wettbewerber, die bereits mehr oder weniger erfolgreich in den Markt eingestiegen sind, ist ebenfalls groß. Neben der Sony Playstation VR (PSVR), der Oculus Rift und der HTC Vive gibt es noch zahlreiche weitere Modelle. Die drei Marktführer befinden sich im ständigen Kampf um Platz 1. Sony schaffte es vom Launch bis Ende 2017, weltweit 2 Millionen Brillen zu verkaufen. Die beiden PC-Marktführer HTC und Oculus, ein Tochterunternehmen von Facebook, liegen mehr oder weniger gleich auf, von den Verkaufszahlen her allerdings hinter der PSVR. Das Kopf-an-Kopf-Rennen zeigt sich in den Nutzerzahlen von VR auf der Gamingplattform Steam, bei denen die Oculus Rift mit 47,5 Prozent der VR-Nutzer knapp über der HTC Vive mit 45,1 Prozent steht. In Zukunft wird sich zeigen, wer durch Innovationen und die besseren Spiele die Oberhand gewinnen wird. Hierbei werden Modelle wie die schon lang erwartete Oculus Santa Cruz bestimmt eine wichtige Rolle spielen. Diese High-End-Standalone-Brille wird voraussichtlich Anfang 2019 auf den Markt kommen.
Neben den VR-Brillen werden auch andere Hardwarekomponenten kontinuierlich verbessert. Neue und optimierte Controller kommen auf den Markt, die über hochwertigere Sensoren verfügen, und es wird an Lösungen gearbeitet, um durch Wireless-Übertragung auf die Kabel zwischen Brille und Konsole verzichten zu können. Des Weiteren werden neue Konzepte entwickelt, um in der VR-Welt noch mehr Sinne anzusprechen. So bietet beispielsweise ThermoReal eine Möglichkeit, Hitze und Kälte zu fühlen. Auch der Geruchssinn kann in die virtuelle Welt integriert werden, etwa durch die Maske von Nosulus Rift.
Ein neuer Trend in Deutschland sind spezielle VR-Spielhallen bzw. Arcades, von denen 2017 besonders viele neu eröffnet wurden. Deutschlands erste VR-Arcade wurde Ende 2016 in Nürnberg eröffnet; mittlerweile gibt es bundesweit etwa 40 solcher VR-Spielhallen. Hier lassen sich die neuesten VR-Spiele spielen, oftmals im Team. Die Spieler werden dazu mit der neuesten Technik ausgestattet, zu der vielfach nicht nur Brillen und Controller, sondern auch sämtliche Bewegungen erfassende Ganzkörperanzüge gehören. Die Spielhallen zielen darauf ab, innovative und ganzheitliche Spielerlebnisse sowie die größtmögliche Immersion zu schaffen. Dieses umfassende Eintauchen in die virtuelle Welt lässt sich zuhause mit dem eigenen VR-Gerät kaum realisieren.
Mithilfe von VR werden derzeit neue Bildungskonzepte entwickelt, die das Lernen auf innovative Weise unterstützen. Mit 360°-Videos können beispielsweise Medizinstudenten Operationen aus der Sicht des operierenden Arztes nachempfinden und sich auf diese Weise weiterbilden.
An der Harvard-Universität ist es möglich, mittels VR-3-D-Videos Vorlesungen mitzuerleben, ohne physisch präsent zu sein; so gibt es keine Begrenzung der Hörerzahl mehr. Google Expeditions ermöglicht virtuelle Reisen an entfernte Orte, speziell ausgerichtet auf Schulausflüge. Auch in Deutschland gibt es erste VR-Bildungskonzepte an Schulen und Hochschulen, beispielsweise die Open MINT Labs, eine Initiative der Hochschulen Kaiserslautern, Koblenz und Trier, in denen in virtuellen Laboren Versuche vor- und nachbereitet werden können.
Das Wachstum der VR-Branche verläuft in den nächsten Jahren positiv, auch wenn der große Durchbruch mit einer noch festeren Etablierung im Markt erst etwas später kommen wird. Für den Zeitraum von 2018 bis 2022 prognostizieren wir ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 30,4 Prozent auf insgesamt 720 Millionen Euro Gesamtumsatz 2022. Die beiden starken Wachstumstreiber sind weiterhin die VR-Videos und -Games.
VR-Games
Der Bereich VR-Games spielt auch auf längere Sicht die tragende Rolle in der VR-Umsatzentwicklung. So prognostizieren wir für das Jahr 2018 ein Wachstum von 53,3 Prozent auf 172 Millionen Euro. In den Folgejahren sinkt das Wachstum vergleichsweise etwas ab, wobei es sich immer noch auf zweistelligem Niveau befinden wird. Dies hängt damit zusammen, dass noch an einem besseren Zusammenspiel der technischen Leistung und der Spielinhalte bzw. dem Gameplay gearbeitet wird. Von 2018 bis 2022 erwarten wir für dieses Segment ein durchschnittliches Wachstum von 29,6 Prozent. 2022 wird der VR-Gaming-Umsatz damit 410 Millionen Euro betragen und die größte Umsatzquelle im VR-Markt darstellen. Gerade der VR-Bereich ist für den Gamingsektor sehr attraktiv, da hierdurch, anders als bei herkömmlichen Spielen, einzigartige immersive Spielerlebnisse geschaffen werden können.
VR-Videos
Die zweitgrößte Umsatzquelle VR-Videos wird 2018 ein Umsatzvolumen von voraussichtlich 100 Millionen Euro erreichen. Auch hier erwarten wir also ein starkes Wachstum von 47 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bis 2022 weist der VR-Video-Bereich die größten Wachstumsraten von durchschnittlich 33,5 Prozent pro Jahr auf und wir prognostizieren einen Umsatz von 290 Millionen Euro im Jahr 2022. Sollten technische Limitierungen wie eine niedrige Bildqualität behoben werden, können wir in Zukunft auf einen ersten VR-Blockbuster aus Hollywood gespannt sein.
VR-Apps
Für die Umsatzentwicklung der dritten Kategorie VR-Apps prognostizieren wir eine interessante Entwicklung des Umsatzes ab 2019. Vorerst rechnen wir 2018 damit, dass der VR-App-Umsatz auf 20 Millionen Euro ansteigt. Im Jahr 2019 fällt dieser allerdings um 21,4 Prozent auf etwa 16 Millionen Euro. Dieser Umsatzrückgang ergibt sich daraus, dass 2017 und 2018 viele Nutzer die VR-Apps auf dem Smartphone testen und so die Umsätze nach oben treiben. Dieser kurzfristige Boom endet voraussichtlich 2019, sodass die Umsätze sinken werden. In den Folgejahren erwarten wir aufgrund ausgereifterer Anwendungen eine allmähliche Regeneration der Umsätze und der VR-App-Umsatz wird 2022 wieder über dem Niveau von 2018 bei 21 Millionen Euro liegen. Diese Entwicklung wird nach 2019 durch verbesserte Technik in den Smartphones, gerade durch höhere Auflösungen, angetrieben. Aufgrund dieser Entwicklungen weist der Bereich VR-Apps die niedrigsten durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten von 14,1 Prozent für die Jahre 2018 bis 2022 auf.
Umsatzentwicklung von VR-Apps
Die detaillierten Zahlen des German Entertainment & Media Outlook 2018 - 2022 finden Sie hier.