25 Oktober, 2018
Von Merle Wohlers. Der Zeitschriftenmarkt setzt sich im Wesentlichen aus Publikumszeitschriften und Fachzeitschriften zusammen. Die Umsätze in diesem Segment werden durch Werbe- und Vertriebserlöse aus dem Abonnement- und dem Einzelverkauf erzielt. Die Darbietung der Inhalte erfolgt sowohl im Print- als auch im Digitalformat.
Im Zeitschriftenmarkt entwickelten sich die Auflagen weiterhin negativ. Der Verkauf von Publikums- und Fachzeitschriften in Deutschland sank im vierten Quartal 2017 von 103,5 Millionen auf 98,9 Millionen Exemplare (viertes Quartal 2016), was wiederum einem Rückgang von rund 4,4 Prozent entspricht. Auch bei den Gesamterlösen der Zeitschriftenbranche (Publikums- und Fachzeitschriften) ist der Abwärtstrend unverkennbar. Im Vergleich zum Vorjahr sank 2017 der Gesamterlös von 5,38 Milliarden Euro (2016) um rund 1,8 Prozent auf 5,3 Milliarden Euro. Im Vergleich mit der Entwicklung der Gesamterlöse von 2015/2016 (Rückgang von 1,1 Prozent) fiel der Rückgang stärker aus.
Diese Entwicklung ist bedingt durch eine Schrumpfung des Vertriebsmarktes für Publikumszeitschriften. Obwohl die Zahl der Publikumstitel laut dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist und Ende 2017 einen Höchstwert von 1.607 Magazinen (2001: 1.178 Magazine) erreicht hat, sank die verkaufte Auflage im Publikumssegment laut der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) im Vergleich zum Vorjahr im vierten Quartal 2017 um 4,4 Prozent auf 88,8 Millionen (Vorjahr: 93 Mio.) Exemplare. Für die Gesamterlöse ergab sich bei den Publikumszeitschriften ein Rückgang von 3,5 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro (2016: 3,4 Mrd. Euro). Dieser resultierte zu gleichen Teilen aus dem Rückgang der Werbeerlöse (3,5 Prozent) und dem Rückgang der Vertriebserlöse (3,5 Prozent).
Laut der IVW sank die verkaufte Auflage (Print) im Segment der Fachzeitschriften im vierten Quartal 2017 um 4,4 Prozent auf 10 Millionen Exemplare im Vergleich zum Vorjahresquartal. Nichtsdestotrotz stiegen 2017 die Vertriebserlöse im Bereich der Fachzeitschriften im Vergleich zum Vorjahr um insgesamt 2,7 Prozent auf 958 Millionen Euro. Dabei ist bei den Erlösen aus Printprodukten im Jahr 2017 ein Rückgang von 2,2 Prozent und bei den Digitalerlösen ein Anstieg von 27,1 Prozent zu verzeichnen. Insgesamt ergibt sich im Fachzeitschriftenmarkt trotz stagnierender Werbeerlöse ein Erlösanstieg um 1,3 Prozent auf rund 2 Milliarden Euro.
Die Digitalerlöse zeigen im Vergleich zu den Printerlösen im Fach- und auch Publikumssegment einen Aufwärtstrend. Im Vergleich zum Vorjahr wurde eine Steigerung der Digitalerlöse um 18,1 Prozent auf 684 Millionen Euro (2016: 20,7 Prozent) erzielt. Da die Digitalerlöse insgesamt nur einen Anteil von 13 Prozent (2016: 10,8 Prozent) an den Gesamterlösen im Zeitschriftensegment ausmachen, ist es für die Verlage weiterhin schwierig, den Negativtrend im Printbereich vollständig auszugleichen.
Aus unserer Sicht sind mehrere zentrale Trends im Zeitschriftenmarkt zu verzeichnen: Während Native Advertising eine echte Alternative zu den klassischen Anzeigen darstellt, sorgen die Vorgaben zur E-Privacy für Besorgnis. Große Teile der Branche rechnen infolge dieser Vorgaben mit Umsatzeinbußen. Ferner steigt die Auflage von Special-Interest- oder Nischentiteln, während der Absatz von General-Interest-Titeln sinkt. Dieser Trend spiegelt sich auch in der Produktportfolioerweiterung der Fachzeitschriftentitel wider. Dadurch wird deutlich, dass Fachmedien im B2B-Medien- und Informationsmarkt eine bedeutende Rolle spielen.
Native Advertising, bei dem werbliche Inhalte in ähnlicher Weise aufbereitet werden wie die redaktionellen Beiträge des veröffentlichenden Mediums, spielt bei den Werbetreibenden eine immer größere Rolle und hat sich bereits als relevante Leistungsgröße im digitalen Medienmix etabliert. In einer aktuellen Studie kommt der VDZ zu dem Ergebnis, dass 80 Prozent der Deutschen Native Ads als positiv und nur 20 Prozent diese als irreführend bewerten. Nach Ansicht der Befragten sind Native Ads verständlich, informativ, ansprechend gestaltet und glaubwürdig. Insbesondere Personen mit hohem Themeninteresse beurteilen Native Ads in Bezug auf die Informationsvermittlung deutlich positiver. Native Advertising bietet den Werbetreibenden mehr Raum, um interessante Texte und Geschichten um ihr Produkt herum zu erzählen, als die Bannerwerbung, liefert den Lesern unterhaltsame Inhalte mit Mehrwert und platziert im Gegensatz zu klassischem Display-Advertising Inhalte unaufdringlich. Zudem ist Native Advertising facettenreich, denn die unterschiedlichen Native-Formate überzeugen je nach Zielgruppe und Kampagnenziel mit jeweils eigenen Stärken. Auch entstehen beim Lesen weniger Störeffekte. Laut Alexander von Reibnitz, Geschäftsführer Print und Digitale Medien beim VDZ, versprechen sich nach der aktuellen VDZ-Trendumfrage 35 Prozent der Mitgliedsverlage vom Native Advertising steigende Umsätze. Verständliche und klare Kennzeichnungen seien für die Akzeptanz und Werbewirkung von Native Ads entscheidende Erfolgsfaktoren, um den Eindruck einer bewussten Irreführung (und somit Verärgerung) der Nutzer zu vermeiden.
Ein weiteres Thema, das zurzeit stark diskutiert wird, ist die geplante E-Privacy-Verordnung. Sie soll den Regelungsbereich der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) spezifizieren und Mitte 2019 in Kraft treten. Dabei dürfen nach dem zusammen mit der DSGVO von der EU-Kommission eingeführten Privacy-by-Design-Grundsatz die Cookie-Banner nicht mehr auf jeder Website, sondern müssen direkt in den Browsern erscheinen. Die Einwilligungserklärung der Nutzer zur Datenerhebung würde somit zentral erfolgen. Die Nutzer müssten dann über den Einsatz von Cookies nur noch einmal entscheiden: wenn sie den Browser öffnen. Zudem sollen Cookies von Drittanbietern, die über die Website ausgeliefert werden, vollständig unterbunden werden.
Dem Ergebnis der ersten VDZ-Studie zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der E-Privacy-Verordnung der EU werden für journalistische Medien in Deutschland negative Effekte erwartet. Insbesondere kann die Verordnung dazu führen, dass kaum noch Nutzer dem Datentransfer zustimmen. Die Mehrheit der befragten Vermarktungsspezialisten und der Manager in den Verlagshäusern rechnet mit einem Umsatzverlust von über 30 Prozent im digitalen Werbegeschäft für journalistische Inhalte, da den Verlagshäusern der Zugriff auf wertvolle Nutzerdaten erschwert wird. Auch kleinere und mittelgroße Websites sowie Nischenangebote werden massiv betroffen sein, da sie nicht mehr in der Lage sein werden, sich über ihre Geschäftsmodelle zu finanzieren und bei gleicher journalistischer Qualität kostendeckend zu arbeiten. Das wird wiederum mittelfristig dazu führen, dass die Leser mit einer geringeren Informationsvielfalt oder mit einem qualitativ schlechteren Nutzungserlebnis aufgrund der fehlenden personalisierten Werbung bezahlen müssen. Die Verlage werden kaum Daten zur Analyse erhalten und Inhalte demnach nicht mehr kennzahlenbasiert ausspielen können.
Wie bereits erwähnt, verzeichnen die Printauflagen für Publikumszeitschriften weiterhin einen Abwärtstrend. Insbesondere die Zeitschriften für große Zielgruppen sind rückläufig, dazu zählen auch 14-tägig oder wöchentlich erscheinende Frauenzeitschriften wie Brigitte, Freundin und Für Sie. Wachstumsstarker sind Magazine, die gezielter auf die Bedürfnisse der Leser eingehen und Nischen abdecken, wie das neue Magazin Hygge, das kein klassisches Fashion- oder Beauty-Heft darstellt, sondern sich mit dem Streben nach einem glücklichen Leben nach dänischem Konzept beschäftigt und mit diversen Lifestylethemen Leserinnen und Familien anspricht. Des Weiteren nimmt das Interesse an den Themen Landleben sowie Essen ab und damit sinken die Auflagen entsprechender Zeitschriften wie z.B. Landlust oder LECKER. Im Bereich der Magazine mit kleineren Auflagen wie bspw. Essen & Trinken, Thermomix oder slowly veggie!, zu denen bisher noch keine IVW-Meldezahlen vorliegen, konnten jedoch Nachfragezuwächse verzeichnet werden. Dagegen haben es die Lifestylemagazine, zum Beispiel inTouch und Ok! oder die Teenager- bzw. Kinderzeitschriften wie Bravo, PopCorn oder Mädchen immer schwerer, sich gegen Facebook, Instagram und YouTube zu behaupten, die ihren Lesern die gleichen Informationen kostenfrei und zum Teil auch früher bieten. Eine moderate Entwicklung durchlaufen dagegen Programm- und Kinozeitschriften, da Serientipps und Filmbeschreibungen bei den Lesern weiterhin gut ankommen.
Im Rahmen der Fachpresse-Statistik 2017 des Vereins Deutsche Fachpresse wird wie im Vorjahr deutlich, dass Fachmedien im B2B-Medien- und Informationsmarkt eine bedeutende Rolle spielen. Dies belegen insbesondere die Portfolioerweiterungen und die Zuwächse im digitalen Geschäft. Für 2017 ergab sich eine Zahl von 5.627 Fachzeitschriftentiteln, was im Vergleich zum Vorjahr einem Anstieg von 2,2 Prozent (123 Titel) entspricht. Aufgrund der Kundenorientierung, Qualität und Agilität der Fachmedien können die Verlage ihre Zielmärkte immer differenzierter durchdringen und sich den aktuellen Herausforderungen wirksam stellen.
Drei Viertel der befragten Verlage planen eine Erweiterung ihres Produktportfolios im Fachzeitschriftenmarkt, davon entfallen 65 Prozent auf den digitalen Bereich und 27 Prozent auf den Printbereich. Insbesondere die Produktportfolioerweiterung im digitalen Markt lässt sich mit der gegenwärtigen Dynamik und Struktur der digitalen Produkte im Fachzeitschriftenmarkt begründen. 2017 war bei den Gesamterlösen aus digitalen Fachzeitschriften gegenüber dem Vorjahr ein deutliches Wachstum von rund 24,6 Prozent zu erkennen.
Für die Zukunft erwarten wir, dass der Gesamtmarkt für Zeitschriften (Publikums- und Fachzeitschriften) weiterhin eine rückläufige Entwicklung sowie sinkende Auflagen und Werbeerlöse verzeichnen wird. Bei den Vertriebserlösen prognostizieren wir für die nächsten fünf Jahre, bis 2022, aufgrund leicht steigender Einnahmen im digitalen Bereich und einer gleichmäßigen, moderaten Verringerung der Printerlöse einen durchschnittlichen jährlichen Rückgang von 2,1 Prozent. Bei den Werbeerlösen rechnen wir für die nächsten fünf Jahre mit einem durchschnittlichen jährlichen Rückgang von 0,7 Prozent.
Umsatzentwicklung Zeitschriftenmarkt
Zusätzlich nehmen wir an, dass sich die Erlöse aus Publikumszeitschriften und Fachzeitschriften gegenläufig entwickeln werden. Während der Markt für Publikumszeitschriften in den kommenden fünf Jahren einen Rückgang von durchschnittlich 4 Prozent pro Jahr verzeichnen und 2022 ein Volumen von 2,7 Milliarden Euro erzielen wird, werden die Erlöse aus Fachzeitschriften um durchschnittlich 2,1 Prozent pro Jahr wachsen und bis 2022 ein Volumen von 2,2 Milliarden Euro erreichen.
Erlöse Publikumszeitschrift
Erlöse Fachzeitschriften
Wir gehen davon aus, dass sich der Negativtrend im Bereich Print in den kommenden Jahren weiterhin moderat fortsetzen wird und rechnen für 2022 nur noch mit rund 1,5 Milliarden Euro an Vertriebserlösen aus dem Printgeschäft.
Für die Vertriebserlöse im digitalen Bereich prognostizieren wir bis 2022 eine Erlössteigerung von durchschnittlich 10,4 Prozent pro Jahr auf 226 Millionen Euro.
Trotz der erwarteten Erlössteigerung im digitalen Bereich ergibt sich für die gesamten Vertriebserlöse in den nächsten fünf Jahren ein durchschnittlicher jährlicher Rückgang um 4,3 Prozent.
Diese Prognose beruht auf der Berechnung, dass die Konsumenten im Jahr 2017 durchschnittlich noch 30,4 Euro jährlich für 8,3 Publikumszeitschriften ausgegeben haben, und der Annahme, dass sich dieser Betrag zum Jahr 2022 auf 22,8 Euro für 6,1 Publikumszeitschriften reduziert. Weiterhin wird angenommen, dass der Anteil der Digitalerlöse an den Gesamtvertriebserlösen der Publikumszeitschriften von 6,3 Prozent im Jahr 2017 auf 13 Prozent im Jahr 2022 steigen wird. Zudem rechnen wir damit, dass digitale Magazine zu einem gegenüber dem Printpreis niedrigeren Betrag verkauft werden. In den nächsten fünf Jahren wird bei den digitalen Magazinen ein durchschnittlicher Abschlag von rund 30 Prozent gegenüber den Printmagazinen prognostiziert.
Im Bereich der Fachzeitschriften gehen wir davon aus, dass der Anteil der Digitalerlöse an den Gesamterlösen von 20,8 Prozent im Jahr 2017 auf 39,3 Prozent im Jahr 2022 steigen wird. Die Annahme eines solchen starken Wachstums liegt darin begründet, dass digitale Fachzeitschriften aufgrund ihres hohen Spezialisierungsgrads den Publikumszeitschriften in Hinblick auf den Informationsgehalt überlegen sind.
Bei den digitalen Werbeerlösen erwarten wir eine Abschwächung der Wachstumsrate von 4,7 Prozent im Jahr 2017 auf 4,2 Prozent im Jahr 2022 und somit ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 4,5 Prozent. Hingegen nehmen wir an, dass sich der Anteil der Digitalerlöse an den Gesamtwerbeerlösen im Bereich Publikumszeitschriften von 15,7 Prozent (2017) auf 23,1 Prozent (2022) erhöht.
Die Werbeerlöse im Printbereich sind dagegen im Jahr 2017 gegenüber dem Vorjahr um nahezu 4,9 Prozent auf 965 Millionen Euro gesunken. Für die kommenden fünf Jahre erwarten wir bei den Werbeerlösen im Printbereich weitere Verluste sowie bis 2022 einen durchschnittlichen jährlichen Rückgang von 5,2 Prozent.
Wie bei den Vertriebserlösen kann auch bei den Werbeerlösen der Positivtrend im digitalen Bereich die Verluste im Printbereich nicht kompensieren. Sinkende Auflagenzahlen und die Umschichtung von Werbeetats führen zu der Annahme, dass es in den nächsten fünf Jahren zu einem durchschnittlichen jährlichen Rückgang der gesamten Werbeerlöse von 3,4 Prozent kommen wird. Im Jahr 2022 erwarten wir gesamte Werbeerlöse in Höhe von 961 Millionen Euro.
Die Werbeumsätze der Fachzeitschriften stagnierten im Jahr 2017 und verblieben auf dem Niveau des Vorjahres von 1 Milliarde Euro. Diese Stagnation resultiert vor allem aus der gegenläufigen bzw. kompensierenden Entwicklung der Werbeerlöse im digitalen Bereich. Speziell für die digitalen Werbeerlöse liegt ein Steigerungspotenzial in einer nutzerorientierten Weiterentwicklung des Informationsangebots.
Bei einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 2 Prozent in den nächsten fünf Jahren erwarten wir einen Umsatz von 1,11 Milliarden Euro. Nach unserer Prognose wird der Anteil der digitalen Werbeerlöse bei den Fachzeitschriften von 16,7 Prozent im Jahr 2017 auf 28,7 Prozent im Jahr 2022 steigen.
Die detaillierten Zahlen des German Entertainment & Media Outlook 2018 - 2022 finden Sie hier.